drucks, was der Athemzug sagt, was die Locke spricht, die sich auf die Schulter senkt, wofür der Hauch aus der tiefen Brust keine Worte findet. Der Mond kennt alle Sprachen der Welt von Anbeginn, und weiß, daß keine ausreicht, um den Gefühlen der Liebenden Worte zu geben, nachdem sie Alles gesungen und gesagt, was sich singen und sagen läßt.
Es waren keine Mondscheinsgedanken, die durch die verschlungenen Hände und Arme von Herz zu Herzen vibrirten. Es waren aber auch nicht Stürme, nicht Blitze, die aus Vulkanen zücken. Die Lieben¬ den schwebten auf den geglätteten Wegen, wie abend¬ lich ein Nachen über den spiegelglatten Fluß zum Ufer schwebt. Aber vorher, als die Sonne noch hoch stand am Himmel, hat der Kahn, unter Gesang und Rudergeplätscher, mit Wind, Sonnenbrand und der bewegten Fluth gekämpft. Davon ruhen sie jetzt aus, schweigend, es ist eine Stille, dem Verständniß, der Erinnerung geweiht. In den einsamen Gängen des Thiergartens erst hatte Louis erfahren, wem er sein Schönstes geraubt. Es war eine Gewitterwolke am klaren Horizonte; aber der dunkle Schatten, der auf seine Stirn fiel, zeigte die Gegend ringsum nur um so lachender. Welche Bekenntnisse entlockte er der Gelieb¬ ten! Darum ihre Kälte, Scheu; und nun hatte ein Wort sie freigegeben, Alles gelöst, sie wollte ihm Alles geben, was sie so lange ihm vorenthalten. Und was hatte er denn dem Freunde geraubt? Sein Schönstes, ja, aber nicht sein Alles. Hatte nicht
drucks, was der Athemzug ſagt, was die Locke ſpricht, die ſich auf die Schulter ſenkt, wofür der Hauch aus der tiefen Bruſt keine Worte findet. Der Mond kennt alle Sprachen der Welt von Anbeginn, und weiß, daß keine ausreicht, um den Gefühlen der Liebenden Worte zu geben, nachdem ſie Alles geſungen und geſagt, was ſich ſingen und ſagen läßt.
Es waren keine Mondſcheinsgedanken, die durch die verſchlungenen Hände und Arme von Herz zu Herzen vibrirten. Es waren aber auch nicht Stürme, nicht Blitze, die aus Vulkanen zücken. Die Lieben¬ den ſchwebten auf den geglätteten Wegen, wie abend¬ lich ein Nachen über den ſpiegelglatten Fluß zum Ufer ſchwebt. Aber vorher, als die Sonne noch hoch ſtand am Himmel, hat der Kahn, unter Geſang und Rudergeplätſcher, mit Wind, Sonnenbrand und der bewegten Fluth gekämpft. Davon ruhen ſie jetzt aus, ſchweigend, es iſt eine Stille, dem Verſtändniß, der Erinnerung geweiht. In den einſamen Gängen des Thiergartens erſt hatte Louis erfahren, wem er ſein Schönſtes geraubt. Es war eine Gewitterwolke am klaren Horizonte; aber der dunkle Schatten, der auf ſeine Stirn fiel, zeigte die Gegend ringsum nur um ſo lachender. Welche Bekenntniſſe entlockte er der Gelieb¬ ten! Darum ihre Kälte, Scheu; und nun hatte ein Wort ſie freigegeben, Alles gelöſt, ſie wollte ihm Alles geben, was ſie ſo lange ihm vorenthalten. Und was hatte er denn dem Freunde geraubt? Sein Schönſtes, ja, aber nicht ſein Alles. Hatte nicht
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drucks, was der Athemzug ſagt, was die Locke ſpricht,
die ſich auf die Schulter ſenkt, wofür der Hauch aus
der tiefen Bruſt keine Worte findet. Der Mond kennt
alle Sprachen der Welt von Anbeginn, und weiß,
daß keine ausreicht, um den Gefühlen der Liebenden
Worte zu geben, nachdem ſie Alles geſungen und
geſagt, was ſich ſingen und ſagen läßt.
Es waren keine Mondſcheinsgedanken, die durch
die verſchlungenen Hände und Arme von Herz zu
Herzen vibrirten. Es waren aber auch nicht Stürme,
nicht Blitze, die aus Vulkanen zücken. Die Lieben¬
den ſchwebten auf den geglätteten Wegen, wie abend¬
lich ein Nachen über den ſpiegelglatten Fluß zum
Ufer ſchwebt. Aber vorher, als die Sonne noch hoch
ſtand am Himmel, hat der Kahn, unter Geſang und
Rudergeplätſcher, mit Wind, Sonnenbrand und der
bewegten Fluth gekämpft. Davon ruhen ſie jetzt aus,
ſchweigend, es iſt eine Stille, dem Verſtändniß, der
Erinnerung geweiht. In den einſamen Gängen des
Thiergartens erſt hatte Louis erfahren, wem er ſein
Schönſtes geraubt. Es war eine Gewitterwolke am
klaren Horizonte; aber der dunkle Schatten, der auf
ſeine Stirn fiel, zeigte die Gegend ringsum nur um ſo
lachender. Welche Bekenntniſſe entlockte er der Gelieb¬
ten! Darum ihre Kälte, Scheu; und nun hatte
ein Wort ſie freigegeben, Alles gelöſt, ſie wollte ihm
Alles geben, was ſie ſo lange ihm vorenthalten. Und
was hatte er denn dem Freunde geraubt? Sein
Schönſtes, ja, aber nicht ſein Alles. Hatte nicht
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/282>, abgerufen am 24.11.2024.
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