"Und eben floß Palm's Blut dafür. Es raucht zum Himmel."
"Und ist übermorgen vergessen."
"Ueberall knirscht die verhaltene Entrüstung, Greise, Knaben, schwache Frauen, kannst Du ihre Stimmen verleugnen, die Thränen der Wuth, die am stillen Heerde geweint werden!"
"Ich hörte sie, ich sah mehr als Du; sie schnitten Pfeifen aus dem Rohr, mit den Trompeten sollten sie's aufnehmen, sie sprangen auf die Bänke, Einige, und ihre Fäuste zerdrückten in der Luft den Eroberer; die Andern brüllten dazu und stampften das Seidel auf das Brett. Wenn man uns nur ruft! Pamphlete über Pamphlete, von den Kanzeln donnerte es, Schmähworte, Verwünschungen -- heute! -- Ueber¬ morgen sah ich sie wieder, er war als Sieger ein¬ gezogen. Sie hatten die Dächer ausgehoben, ihn zu sehen. In den Schänken war auch nur eine Stimme -- der Bewunderung: die herrlichen Bärenmützen, die Bärte der Sappeurs, nein, das war ganz anders als bei uns. Die Einquartierung so liebenswürdig, sie hatte nicht den Teller zum Fenster hinaus ge¬ worfen, sie hatte ein Kind auf den Armen gewiegt; o es waren prächtige Menschen, verleumdet, sie hielten Mannszucht. Die Jungen, die die Pfeifen geschnitten, machten ihre Exercitien nach. Wo gab es bei den Deutschen einen Tambour-Major!"
"Das ist ein Pasquill auf den Pöbel überall."
"Der in Frankreich war ein anderer. O, die
„Und eben floß Palm's Blut dafür. Es raucht zum Himmel.“
„Und iſt übermorgen vergeſſen.“
„Ueberall knirſcht die verhaltene Entrüſtung, Greiſe, Knaben, ſchwache Frauen, kannſt Du ihre Stimmen verleugnen, die Thränen der Wuth, die am ſtillen Heerde geweint werden!“
„Ich hörte ſie, ich ſah mehr als Du; ſie ſchnitten Pfeifen aus dem Rohr, mit den Trompeten ſollten ſie's aufnehmen, ſie ſprangen auf die Bänke, Einige, und ihre Fäuſte zerdrückten in der Luft den Eroberer; die Andern brüllten dazu und ſtampften das Seidel auf das Brett. Wenn man uns nur ruft! Pamphlete über Pamphlete, von den Kanzeln donnerte es, Schmähworte, Verwünſchungen — heute! — Ueber¬ morgen ſah ich ſie wieder, er war als Sieger ein¬ gezogen. Sie hatten die Dächer ausgehoben, ihn zu ſehen. In den Schänken war auch nur eine Stimme — der Bewunderung: die herrlichen Bärenmützen, die Bärte der Sappeurs, nein, das war ganz anders als bei uns. Die Einquartierung ſo liebenswürdig, ſie hatte nicht den Teller zum Fenſter hinaus ge¬ worfen, ſie hatte ein Kind auf den Armen gewiegt; o es waren prächtige Menſchen, verleumdet, ſie hielten Mannszucht. Die Jungen, die die Pfeifen geſchnitten, machten ihre Exercitien nach. Wo gab es bei den Deutſchen einen Tambour-Major!“
„Das iſt ein Pasquill auf den Pöbel überall.“
„Der in Frankreich war ein anderer. O, die
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„Und eben floß Palm's Blut dafür. Es raucht
zum Himmel.“
„Und iſt übermorgen vergeſſen.“
„Ueberall knirſcht die verhaltene Entrüſtung,
Greiſe, Knaben, ſchwache Frauen, kannſt Du ihre
Stimmen verleugnen, die Thränen der Wuth, die
am ſtillen Heerde geweint werden!“
„Ich hörte ſie, ich ſah mehr als Du; ſie ſchnitten
Pfeifen aus dem Rohr, mit den Trompeten ſollten
ſie's aufnehmen, ſie ſprangen auf die Bänke, Einige,
und ihre Fäuſte zerdrückten in der Luft den Eroberer;
die Andern brüllten dazu und ſtampften das Seidel
auf das Brett. Wenn man uns nur ruft! Pamphlete
über Pamphlete, von den Kanzeln donnerte es,
Schmähworte, Verwünſchungen — heute! — Ueber¬
morgen ſah ich ſie wieder, er war als Sieger ein¬
gezogen. Sie hatten die Dächer ausgehoben, ihn zu
ſehen. In den Schänken war auch nur eine Stimme
— der Bewunderung: die herrlichen Bärenmützen,
die Bärte der Sappeurs, nein, das war ganz anders
als bei uns. Die Einquartierung ſo liebenswürdig,
ſie hatte nicht den Teller zum Fenſter hinaus ge¬
worfen, ſie hatte ein Kind auf den Armen gewiegt;
o es waren prächtige Menſchen, verleumdet, ſie
hielten Mannszucht. Die Jungen, die die Pfeifen
geſchnitten, machten ihre Exercitien nach. Wo gab
es bei den Deutſchen einen Tambour-Major!“
„Das iſt ein Pasquill auf den Pöbel überall.“
„Der in Frankreich war ein anderer. O, die
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/298>, abgerufen am 24.11.2024.
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