ein Weltgericht ist im Anzug und das neue Evan¬ gelium in Blut und Brand getauft."
Adelheid erschrak nicht, es zückte ein Freuden¬ strahl in ihrem Auge. Das war ja das Schütteln eines Fiebers. Louis zitterte, indem er den Rock vor der Morgenluft sich zuknöpfte; aber ein hitziges Fieber bringt eine Krisis hervor, das schleichende nur ist ohne Hoffnung. Stahl war noch in dieser Seele.
"Du bist für ihn begeistert?" sprach sie rasch.
"Du bist ein freier Mann, fuhr sie fort, als er schwieg. Senke nicht den Blick, ich erschrecke nicht darüber, ich freue mich, daß Du begeistert bist. Louis Bovillard, ist das französische Blut in Dir erwacht? Du begehst dann kein Verbrechen, wenn Du das erworbene Land Deiner Väter abstreifst, wo Dich nichts mehr fesselt. Du kehrst zurück in das Land Deiner Vorfahren. Siehst Du da nur Leben, Rettung, für einen großen Gedanken, für Dich, o so zaudere nicht, aber offen, ehrlich, kehre dahin zurück, zu ihm, den Du für einen Heros und Heiland hältst, schlürfe den Feuerathem ein aus seiner mächtigen Brust, diene ihm, wie Du willst, Du wirst in jeder Gestalt willkommen sein, und lebe auf als Mann. --" Er schwieg noch immer. -- "Dein Vater hat es Dir ja leicht gemacht. Er hat seine französischen Erinnerungen wieder an's Licht gezogen, so etwas gefällt jetzt an Napoleons Hofe"
Er schwieg noch immer, dann brach es heraus: "Ich kann ihn aber nicht lieben."
ein Weltgericht iſt im Anzug und das neue Evan¬ gelium in Blut und Brand getauft.“
Adelheid erſchrak nicht, es zückte ein Freuden¬ ſtrahl in ihrem Auge. Das war ja das Schütteln eines Fiebers. Louis zitterte, indem er den Rock vor der Morgenluft ſich zuknöpfte; aber ein hitziges Fieber bringt eine Kriſis hervor, das ſchleichende nur iſt ohne Hoffnung. Stahl war noch in dieſer Seele.
„Du biſt für ihn begeiſtert?“ ſprach ſie raſch.
„Du biſt ein freier Mann, fuhr ſie fort, als er ſchwieg. Senke nicht den Blick, ich erſchrecke nicht darüber, ich freue mich, daß Du begeiſtert biſt. Louis Bovillard, iſt das franzöſiſche Blut in Dir erwacht? Du begehſt dann kein Verbrechen, wenn Du das erworbene Land Deiner Väter abſtreifſt, wo Dich nichts mehr feſſelt. Du kehrſt zurück in das Land Deiner Vorfahren. Siehſt Du da nur Leben, Rettung, für einen großen Gedanken, für Dich, o ſo zaudere nicht, aber offen, ehrlich, kehre dahin zurück, zu ihm, den Du für einen Heros und Heiland hältſt, ſchlürfe den Feuerathem ein aus ſeiner mächtigen Bruſt, diene ihm, wie Du willſt, Du wirſt in jeder Geſtalt willkommen ſein, und lebe auf als Mann. —“ Er ſchwieg noch immer. — „Dein Vater hat es Dir ja leicht gemacht. Er hat ſeine franzöſiſchen Erinnerungen wieder an's Licht gezogen, ſo etwas gefällt jetzt an Napoleons Hofe“
Er ſchwieg noch immer, dann brach es heraus: „Ich kann ihn aber nicht lieben.“
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ein Weltgericht iſt im Anzug und das neue Evan¬
gelium in Blut und Brand getauft.“
Adelheid erſchrak nicht, es zückte ein Freuden¬
ſtrahl in ihrem Auge. Das war ja das Schütteln
eines Fiebers. Louis zitterte, indem er den Rock
vor der Morgenluft ſich zuknöpfte; aber ein hitziges
Fieber bringt eine Kriſis hervor, das ſchleichende
nur iſt ohne Hoffnung. Stahl war noch in dieſer Seele.
„Du biſt für ihn begeiſtert?“ ſprach ſie raſch.
„Du biſt ein freier Mann, fuhr ſie fort, als
er ſchwieg. Senke nicht den Blick, ich erſchrecke nicht
darüber, ich freue mich, daß Du begeiſtert biſt.
Louis Bovillard, iſt das franzöſiſche Blut in Dir
erwacht? Du begehſt dann kein Verbrechen, wenn
Du das erworbene Land Deiner Väter abſtreifſt,
wo Dich nichts mehr feſſelt. Du kehrſt zurück in
das Land Deiner Vorfahren. Siehſt Du da nur Leben,
Rettung, für einen großen Gedanken, für Dich, o ſo
zaudere nicht, aber offen, ehrlich, kehre dahin zurück,
zu ihm, den Du für einen Heros und Heiland hältſt,
ſchlürfe den Feuerathem ein aus ſeiner mächtigen
Bruſt, diene ihm, wie Du willſt, Du wirſt in jeder
Geſtalt willkommen ſein, und lebe auf als Mann. —“
Er ſchwieg noch immer. — „Dein Vater hat es Dir ja
leicht gemacht. Er hat ſeine franzöſiſchen Erinnerungen
wieder an's Licht gezogen, ſo etwas gefällt jetzt an
Napoleons Hofe“
Er ſchwieg noch immer, dann brach es heraus:
„Ich kann ihn aber nicht lieben.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/302>, abgerufen am 24.11.2024.
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