und ein röthlicher Streifen färbte den östlichen Ho¬ rizont. Im Himmel und in den Büschen war noch Poesie. Die gefiederten Sänger brauchen nicht für morgen zu sorgen. Der himmlische Vater speist sie, aber von denen, welchen er Verstand gab, fordert er, daß sie selbst ihre Speisung suchen. Es galt, für Louis einen Wirkungskreis zu suchen, und auf die Poesie folgte ein langes prosaisches Gespräch. Es geht nun einmal nicht anders im Leben.
"Du glaubst nicht, wie mich der Gedanke an¬ widert, für diesen Staat zu arbeiten, mich hineinzu¬ werfen in einen Topf, wo der Zufall die Loose zieht, zum Werkzeug herzugeben, wo Keiner weiß, was er will, und Niemand, wessen Wille gilt. Ja, wär's in Oestreich, im kleinsten Lande, wo sie den Muth haben sich zu gestehen, was sie wollen. Und wär's das absolut Schlechte, die Gewißheit ist ein Trost."
Sie war beredt, sie hatte Trost auch dafür. Oestreich lag auf den Tod verwundet, wo war das deutsche Land, wie er es wünschte! Preußen konnte in diesem Augenblick Alles wieder gut machen, es stand da wie berufen, einzutreten in die große Ge¬ schichte. Durfte da Einer seiner Söhne sich losrei¬ ßen, in der Fremde kämpfen wollen? Sie hatte Schillers dreißigjährigen Krieg eben gelesen. Sie erinnerte daran, wie die letzten Ritter für die gei¬ stige Freiheit von einem Fürsten und einem Heer, wenn diese geschlagen, zu dem andern übergingen, und mit dem letzten Häuflein, das noch im Felde
und ein röthlicher Streifen färbte den öſtlichen Ho¬ rizont. Im Himmel und in den Büſchen war noch Poeſie. Die gefiederten Sänger brauchen nicht für morgen zu ſorgen. Der himmliſche Vater ſpeiſt ſie, aber von denen, welchen er Verſtand gab, fordert er, daß ſie ſelbſt ihre Speiſung ſuchen. Es galt, für Louis einen Wirkungskreis zu ſuchen, und auf die Poeſie folgte ein langes proſaiſches Geſpräch. Es geht nun einmal nicht anders im Leben.
„Du glaubſt nicht, wie mich der Gedanke an¬ widert, für dieſen Staat zu arbeiten, mich hineinzu¬ werfen in einen Topf, wo der Zufall die Looſe zieht, zum Werkzeug herzugeben, wo Keiner weiß, was er will, und Niemand, weſſen Wille gilt. Ja, wär's in Oeſtreich, im kleinſten Lande, wo ſie den Muth haben ſich zu geſtehen, was ſie wollen. Und wär's das abſolut Schlechte, die Gewißheit iſt ein Troſt.“
Sie war beredt, ſie hatte Troſt auch dafür. Oeſtreich lag auf den Tod verwundet, wo war das deutſche Land, wie er es wünſchte! Preußen konnte in dieſem Augenblick Alles wieder gut machen, es ſtand da wie berufen, einzutreten in die große Ge¬ ſchichte. Durfte da Einer ſeiner Söhne ſich losrei¬ ßen, in der Fremde kämpfen wollen? Sie hatte Schillers dreißigjährigen Krieg eben geleſen. Sie erinnerte daran, wie die letzten Ritter für die gei¬ ſtige Freiheit von einem Fürſten und einem Heer, wenn dieſe geſchlagen, zu dem andern übergingen, und mit dem letzten Häuflein, das noch im Felde
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und ein röthlicher Streifen färbte den öſtlichen Ho¬
rizont. Im Himmel und in den Büſchen war noch
Poeſie. Die gefiederten Sänger brauchen nicht für
morgen zu ſorgen. Der himmliſche Vater ſpeiſt ſie,
aber von denen, welchen er Verſtand gab, fordert
er, daß ſie ſelbſt ihre Speiſung ſuchen. Es galt,
für Louis einen Wirkungskreis zu ſuchen, und auf
die Poeſie folgte ein langes proſaiſches Geſpräch.
Es geht nun einmal nicht anders im Leben.
„Du glaubſt nicht, wie mich der Gedanke an¬
widert, für dieſen Staat zu arbeiten, mich hineinzu¬
werfen in einen Topf, wo der Zufall die Looſe zieht,
zum Werkzeug herzugeben, wo Keiner weiß, was er
will, und Niemand, weſſen Wille gilt. Ja, wär's
in Oeſtreich, im kleinſten Lande, wo ſie den Muth
haben ſich zu geſtehen, was ſie wollen. Und wär's
das abſolut Schlechte, die Gewißheit iſt ein Troſt.“
Sie war beredt, ſie hatte Troſt auch dafür.
Oeſtreich lag auf den Tod verwundet, wo war das
deutſche Land, wie er es wünſchte! Preußen konnte
in dieſem Augenblick Alles wieder gut machen, es
ſtand da wie berufen, einzutreten in die große Ge¬
ſchichte. Durfte da Einer ſeiner Söhne ſich losrei¬
ßen, in der Fremde kämpfen wollen? Sie hatte
Schillers dreißigjährigen Krieg eben geleſen. Sie
erinnerte daran, wie die letzten Ritter für die gei¬
ſtige Freiheit von einem Fürſten und einem Heer,
wenn dieſe geſchlagen, zu dem andern übergingen,
und mit dem letzten Häuflein, das noch im Felde
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/304>, abgerufen am 24.11.2024.
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