Das Haus der Fürstin schien ein offenes. Man kam und ging, zu jeder Tageszeit; man war will¬ kommen und empfangen, ohne angemeldet zu sein, und konnte verschwinden, ohne daß es bemerkt ward. Englischer Comfort schien mit französischer Anmuth und Leichtigkeit gepaart. Aehnliches hatte man in Berlin noch nicht gesehen; man beredete es, aber ge¬ fiel sich darin. Keine Thür war verschlossen, die Wände schienen von Krystall; es ist aber damit nicht gesagt, daß nicht doch manche Thür unter der Tapete versteckt, und der Krystallspiegel eine Wand verdeckte, hinter die zu blicken nicht erlaubt war.
Die Fürstin hatte sich neuerdings zu einem längern Aufenthalt eingerichtet. Alle Welttheile hatten ihre Producte, Kunstfertigkeit und Erinnerungen bei¬ gesteuert, um die Zimmer auszuschmücken. Das He¬ trurische und Pompejanische, vor Kurzem die Mode¬ puppe, ward hier paralysirt durch das Chinesische und Hindostanische. Porzellanfigürchen, Pagoden und
Zweites Kapitel. Wandel muß Politik treiben.
Das Haus der Fürſtin ſchien ein offenes. Man kam und ging, zu jeder Tageszeit; man war will¬ kommen und empfangen, ohne angemeldet zu ſein, und konnte verſchwinden, ohne daß es bemerkt ward. Engliſcher Comfort ſchien mit franzöſiſcher Anmuth und Leichtigkeit gepaart. Aehnliches hatte man in Berlin noch nicht geſehen; man beredete es, aber ge¬ fiel ſich darin. Keine Thür war verſchloſſen, die Wände ſchienen von Kryſtall; es iſt aber damit nicht geſagt, daß nicht doch manche Thür unter der Tapete verſteckt, und der Kryſtallſpiegel eine Wand verdeckte, hinter die zu blicken nicht erlaubt war.
Die Fürſtin hatte ſich neuerdings zu einem längern Aufenthalt eingerichtet. Alle Welttheile hatten ihre Producte, Kunſtfertigkeit und Erinnerungen bei¬ geſteuert, um die Zimmer auszuſchmücken. Das He¬ truriſche und Pompejaniſche, vor Kurzem die Mode¬ puppe, ward hier paralyſirt durch das Chineſiſche und Hindoſtaniſche. Porzellanfigürchen, Pagoden und
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Zweites Kapitel.
Wandel muß Politik treiben.
Das Haus der Fürſtin ſchien ein offenes. Man
kam und ging, zu jeder Tageszeit; man war will¬
kommen und empfangen, ohne angemeldet zu ſein, und
konnte verſchwinden, ohne daß es bemerkt ward.
Engliſcher Comfort ſchien mit franzöſiſcher Anmuth
und Leichtigkeit gepaart. Aehnliches hatte man in
Berlin noch nicht geſehen; man beredete es, aber ge¬
fiel ſich darin. Keine Thür war verſchloſſen, die
Wände ſchienen von Kryſtall; es iſt aber damit nicht
geſagt, daß nicht doch manche Thür unter der Tapete
verſteckt, und der Kryſtallſpiegel eine Wand verdeckte,
hinter die zu blicken nicht erlaubt war.
Die Fürſtin hatte ſich neuerdings zu einem
längern Aufenthalt eingerichtet. Alle Welttheile hatten
ihre Producte, Kunſtfertigkeit und Erinnerungen bei¬
geſteuert, um die Zimmer auszuſchmücken. Das He¬
truriſche und Pompejaniſche, vor Kurzem die Mode¬
puppe, ward hier paralyſirt durch das Chineſiſche und
Hindoſtaniſche. Porzellanfigürchen, Pagoden und
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. [21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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