Aber, Wandel, erklären Sie mir's, es ist etwas Niederdrückendes, Entmuthigendes, daß grade dieser Einzige in der großen Misere, diese Feuerseele unter den Nachtvögeln, wie ein losgerissener Stern aus dem Firmament in einen Sumpf stürzen muß!"
"Sie sprachen es aus, Gnädigste, weil Alles versumpft ist."
"Und Sie sprachen etwas aus, was Sie nicht verstehen, nicht verstehen wollen. -- Ich fühlte mich so andächtig gestimmt. Der arme Prinz! Seit die Abberufung des englischen Gesandten bekannt ist, soll er sich in einem erschütternden Zustand befinden."
"Es befinden sich auch Andere, die nicht Prinzen sind, in unangenehmer Lage. Mehr als hundert Preußische Schiffe sind bereits von den Engländern gekapert. Dem Handel wird dieser theure Frieden theuer zu stehen kommen."
"Diese Krämerseelen verdienen es, rief die Fürstin. Es war ja ihr stiller Wunsch. Wenn Krämer, Kinder und Narren über ein Land regieren, wehe ihm!"
Es war ein neues Changement in der Fürstin eingetreten; sie fühlte sich zum politischen Disput gestimmt. Wandel kannte die Lineamente in ihrem Gesicht, welche den Wechsel und welche Stimmung sie ausdrückten. Er lehnte sich über einen Stuhl, um ihr zu correspondiren. Vielleicht empfand er auch mehr Neigung zu einer politischen Disputation als zu
Aber, Wandel, erklären Sie mir's, es iſt etwas Niederdrückendes, Entmuthigendes, daß grade dieſer Einzige in der großen Miſere, dieſe Feuerſeele unter den Nachtvögeln, wie ein losgeriſſener Stern aus dem Firmament in einen Sumpf ſtürzen muß!“
„Sie ſprachen es aus, Gnädigſte, weil Alles verſumpft iſt.“
„Und Sie ſprachen etwas aus, was Sie nicht verſtehen, nicht verſtehen wollen. — Ich fühlte mich ſo andächtig geſtimmt. Der arme Prinz! Seit die Abberufung des engliſchen Geſandten bekannt iſt, ſoll er ſich in einem erſchütternden Zuſtand befinden.“
„Es befinden ſich auch Andere, die nicht Prinzen ſind, in unangenehmer Lage. Mehr als hundert Preußiſche Schiffe ſind bereits von den Engländern gekapert. Dem Handel wird dieſer theure Frieden theuer zu ſtehen kommen.“
„Dieſe Krämerſeelen verdienen es, rief die Fürſtin. Es war ja ihr ſtiller Wunſch. Wenn Krämer, Kinder und Narren über ein Land regieren, wehe ihm!“
Es war ein neues Changement in der Fürſtin eingetreten; ſie fühlte ſich zum politiſchen Disput geſtimmt. Wandel kannte die Lineamente in ihrem Geſicht, welche den Wechſel und welche Stimmung ſie ausdrückten. Er lehnte ſich über einen Stuhl, um ihr zu correſpondiren. Vielleicht empfand er auch mehr Neigung zu einer politiſchen Disputation als zu
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Aber, Wandel, erklären Sie mir's, es iſt etwas
Niederdrückendes, Entmuthigendes, daß grade dieſer
Einzige in der großen Miſere, dieſe Feuerſeele unter
den Nachtvögeln, wie ein losgeriſſener Stern aus
dem Firmament in einen Sumpf ſtürzen muß!“
„Sie ſprachen es aus, Gnädigſte, weil Alles
verſumpft iſt.“
„Und Sie ſprachen etwas aus, was Sie nicht
verſtehen, nicht verſtehen wollen. — Ich fühlte mich
ſo andächtig geſtimmt. Der arme Prinz! Seit
die Abberufung des engliſchen Geſandten bekannt
iſt, ſoll er ſich in einem erſchütternden Zuſtand
befinden.“
„Es befinden ſich auch Andere, die nicht Prinzen
ſind, in unangenehmer Lage. Mehr als hundert
Preußiſche Schiffe ſind bereits von den Engländern
gekapert. Dem Handel wird dieſer theure Frieden
theuer zu ſtehen kommen.“
„Dieſe Krämerſeelen verdienen es, rief die
Fürſtin. Es war ja ihr ſtiller Wunſch. Wenn
Krämer, Kinder und Narren über ein Land regieren,
wehe ihm!“
Es war ein neues Changement in der Fürſtin
eingetreten; ſie fühlte ſich zum politiſchen Disput
geſtimmt. Wandel kannte die Lineamente in ihrem
Geſicht, welche den Wechſel und welche Stimmung
ſie ausdrückten. Er lehnte ſich über einen Stuhl, um
ihr zu correſpondiren. Vielleicht empfand er auch mehr
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/36>, abgerufen am 03.12.2024.
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