Mensch, ein armer Edelmann, ein Officier, auf seine Gage angewiesen, von Gläubigern gedrängt, gewis¬ sermaßen von den Umständen zum Aventurier gestem¬ pelt, gezwungen, sein Alles auf eine Karte zu setzen. Lieber Gott, er ist darum kein Bösewicht, daß er alle Rollen spielt, den brüsken, den sentimentalen, sogar den idealen Liebhaber, um eine reiche Frau zu kapern."
"Sind Sie bei Trost? Ich bin ja verheirathet!"
"Daran denkt ein solcher Aventurier nicht. Er hält Alles für erlaubt, und in der Noth kein Band zu fest. Ich kenne solche Menschen."
"Jetzt schweigen Sie. Sie mögen viele Men¬ schen kennen, aber den Rittmeister Stier von Doh¬ leneck kennen Sie nicht. Ich könnte Ihnen sehr böse werden, spinnefeind, wenn Sie nicht ein so guter Mensch wären. Darum bitte ich Sie, thun Sie mir den Gefallen und -- sein Sie still. Kein Wort mehr davon!"
Er verneigte sich respectvoll: "Ich gehorche dem Befehl, wo ein leiser Wunsch genügt hätte; aber eine Bitte spreche ich im Scheiden aus. Wenn das Traum¬ bild Ihres Glaubens zusammensinkt, wenn Sie sich schwach fühlen, wenn mit Ihrem Vertrauen das Glück des Lebens vor Ihnen zusammenbricht, dann denken Sie, dann rufen Sie mich. Ich werde Ihre Stimme hören, auch wenn hunderttausend Meilen uns trennen, kein Brief mich trifft, keine Taube durch die eisigen Lüfte dringt. Wenn Auguste von Eitel¬
Menſch, ein armer Edelmann, ein Officier, auf ſeine Gage angewieſen, von Gläubigern gedrängt, gewiſ¬ ſermaßen von den Umſtänden zum Aventurier geſtem¬ pelt, gezwungen, ſein Alles auf eine Karte zu ſetzen. Lieber Gott, er iſt darum kein Böſewicht, daß er alle Rollen ſpielt, den brüsken, den ſentimentalen, ſogar den idealen Liebhaber, um eine reiche Frau zu kapern.“
„Sind Sie bei Troſt? Ich bin ja verheirathet!“
„Daran denkt ein ſolcher Aventurier nicht. Er hält Alles für erlaubt, und in der Noth kein Band zu feſt. Ich kenne ſolche Menſchen.“
„Jetzt ſchweigen Sie. Sie mögen viele Men¬ ſchen kennen, aber den Rittmeiſter Stier von Doh¬ leneck kennen Sie nicht. Ich könnte Ihnen ſehr böſe werden, ſpinnefeind, wenn Sie nicht ein ſo guter Menſch wären. Darum bitte ich Sie, thun Sie mir den Gefallen und — ſein Sie ſtill. Kein Wort mehr davon!“
Er verneigte ſich reſpectvoll: „Ich gehorche dem Befehl, wo ein leiſer Wunſch genügt hätte; aber eine Bitte ſpreche ich im Scheiden aus. Wenn das Traum¬ bild Ihres Glaubens zuſammenſinkt, wenn Sie ſich ſchwach fühlen, wenn mit Ihrem Vertrauen das Glück des Lebens vor Ihnen zuſammenbricht, dann denken Sie, dann rufen Sie mich. Ich werde Ihre Stimme hören, auch wenn hunderttauſend Meilen uns trennen, kein Brief mich trifft, keine Taube durch die eiſigen Lüfte dringt. Wenn Auguſte von Eitel¬
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Menſch, ein armer Edelmann, ein Officier, auf ſeine
Gage angewieſen, von Gläubigern gedrängt, gewiſ¬
ſermaßen von den Umſtänden zum Aventurier geſtem¬
pelt, gezwungen, ſein Alles auf eine Karte zu ſetzen.
Lieber Gott, er iſt darum kein Böſewicht, daß er
alle Rollen ſpielt, den brüsken, den ſentimentalen,
ſogar den idealen Liebhaber, um eine reiche Frau zu
kapern.“
„Sind Sie bei Troſt? Ich bin ja verheirathet!“
„Daran denkt ein ſolcher Aventurier nicht. Er
hält Alles für erlaubt, und in der Noth kein Band
zu feſt. Ich kenne ſolche Menſchen.“
„Jetzt ſchweigen Sie. Sie mögen viele Men¬
ſchen kennen, aber den Rittmeiſter Stier von Doh¬
leneck kennen Sie nicht. Ich könnte Ihnen ſehr böſe
werden, ſpinnefeind, wenn Sie nicht ein ſo guter
Menſch wären. Darum bitte ich Sie, thun Sie mir
den Gefallen und — ſein Sie ſtill. Kein Wort
mehr davon!“
Er verneigte ſich reſpectvoll: „Ich gehorche dem
Befehl, wo ein leiſer Wunſch genügt hätte; aber eine
Bitte ſpreche ich im Scheiden aus. Wenn das Traum¬
bild Ihres Glaubens zuſammenſinkt, wenn Sie ſich
ſchwach fühlen, wenn mit Ihrem Vertrauen das
Glück des Lebens vor Ihnen zuſammenbricht, dann
denken Sie, dann rufen Sie mich. Ich werde Ihre
Stimme hören, auch wenn hunderttauſend Meilen
uns trennen, kein Brief mich trifft, keine Taube durch
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/52>, abgerufen am 21.11.2024.
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