lichkeit, den Schalk in mir zu wittern, von dem es dort heißt, daß unter allen Geistern, die verneinen, er dem Herrn der Schöpfung am wenigsten verhaßt sei. Doch das laß ich auf sich beruhen, es ist Ge¬ schmackssache, wie Alles in der Welt, Antipathieen und Sympathieen. Was sich anzieht, was sich ab¬ stößt, es ist Alles ein Spiel der Laune, die wir nicht ergründen, der Kern des Kernes, die Ursach der Ursach, nach der die schöne Königin Charlotte selbst einen Leibnitz umsonst fragte und quälte. Nein, da¬ nach müssen wir nicht suchen, nicht grübeln, um Gotteswillen; wir Alle sind ja nach Ihrem Glau¬ ben -- Erwählte oder Verstoßene, denen die Gnade leuchtet, oder es blieb in ihnen finster. Haben Sie doch Erbarmen mit solchem Finstergebliebenen, er kann ja nicht für seine Maulwurfsaugen, noch daß sein Blut so kalt blieb als das arctische Meer. Wenn Sie da weiter fragen wollten, hohe Frau, auf welche Fragen stießen Sie, Räthsel, die selbst Ihr Glaube, der Berge versetzt, nicht löst. Zum Exempel, warum gab der Panurg sich die Mühe, Meer da oben am Nordpol zu schaffen, wenn es sofort zu Eis erstarrte? Wir Skeptiker würden fra¬ gen, warum schuf er nicht sogleich Eis? es wäre doch einfacher, bequemer, consequenter gewesen. Was hat dies arme Salzwasser verschuldet, daß es die schmerzliche Metamorphose erduldete? Muß es, wie ein neugeboren Kind, die Sünden seiner Erzeuger büßen? Und warum büßen in alle Ewigkeit, denn
lichkeit, den Schalk in mir zu wittern, von dem es dort heißt, daß unter allen Geiſtern, die verneinen, er dem Herrn der Schöpfung am wenigſten verhaßt ſei. Doch das laß ich auf ſich beruhen, es iſt Ge¬ ſchmacksſache, wie Alles in der Welt, Antipathieen und Sympathieen. Was ſich anzieht, was ſich ab¬ ſtößt, es iſt Alles ein Spiel der Laune, die wir nicht ergründen, der Kern des Kernes, die Urſach der Urſach, nach der die ſchöne Königin Charlotte ſelbſt einen Leibnitz umſonſt fragte und quälte. Nein, da¬ nach müſſen wir nicht ſuchen, nicht grübeln, um Gotteswillen; wir Alle ſind ja nach Ihrem Glau¬ ben — Erwählte oder Verſtoßene, denen die Gnade leuchtet, oder es blieb in ihnen finſter. Haben Sie doch Erbarmen mit ſolchem Finſtergebliebenen, er kann ja nicht für ſeine Maulwurfsaugen, noch daß ſein Blut ſo kalt blieb als das arctiſche Meer. Wenn Sie da weiter fragen wollten, hohe Frau, auf welche Fragen ſtießen Sie, Räthſel, die ſelbſt Ihr Glaube, der Berge verſetzt, nicht löſt. Zum Exempel, warum gab der Panurg ſich die Mühe, Meer da oben am Nordpol zu ſchaffen, wenn es ſofort zu Eis erſtarrte? Wir Skeptiker würden fra¬ gen, warum ſchuf er nicht ſogleich Eis? es wäre doch einfacher, bequemer, conſequenter geweſen. Was hat dies arme Salzwaſſer verſchuldet, daß es die ſchmerzliche Metamorphoſe erduldete? Muß es, wie ein neugeboren Kind, die Sünden ſeiner Erzeuger büßen? Und warum büßen in alle Ewigkeit, denn
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lichkeit, den Schalk in mir zu wittern, von dem es
dort heißt, daß unter allen Geiſtern, die verneinen,
er dem Herrn der Schöpfung am wenigſten verhaßt
ſei. Doch das laß ich auf ſich beruhen, es iſt Ge¬
ſchmacksſache, wie Alles in der Welt, Antipathieen
und Sympathieen. Was ſich anzieht, was ſich ab¬
ſtößt, es iſt Alles ein Spiel der Laune, die wir nicht
ergründen, der Kern des Kernes, die Urſach der
Urſach, nach der die ſchöne Königin Charlotte ſelbſt
einen Leibnitz umſonſt fragte und quälte. Nein, da¬
nach müſſen wir nicht ſuchen, nicht grübeln, um
Gotteswillen; wir Alle ſind ja nach Ihrem Glau¬
ben — Erwählte oder Verſtoßene, denen die Gnade
leuchtet, oder es blieb in ihnen finſter. Haben Sie
doch Erbarmen mit ſolchem Finſtergebliebenen, er
kann ja nicht für ſeine Maulwurfsaugen, noch daß
ſein Blut ſo kalt blieb als das arctiſche Meer.
Wenn Sie da weiter fragen wollten, hohe Frau,
auf welche Fragen ſtießen Sie, Räthſel, die ſelbſt
Ihr Glaube, der Berge verſetzt, nicht löſt. Zum
Exempel, warum gab der Panurg ſich die Mühe,
Meer da oben am Nordpol zu ſchaffen, wenn es
ſofort zu Eis erſtarrte? Wir Skeptiker würden fra¬
gen, warum ſchuf er nicht ſogleich Eis? es wäre
doch einfacher, bequemer, conſequenter geweſen. Was
hat dies arme Salzwaſſer verſchuldet, daß es die
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ein neugeboren Kind, die Sünden ſeiner Erzeuger
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/184>, abgerufen am 24.11.2024.
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