Scandale -- der Strick sitzt fest, eh' man ihn merkt, und nun will ich hängen. -- Ein Stier von Doh¬ leneck flieht nicht. Mögen sie mich fangen und bra¬ ten, hier bin ich. 'S ist nun mal so."
"Aber wollen Sie auf die Festung, derweil Ihre Kameraden die Franzosen schlagen? -- Ritt¬ meister von Dohleneck, jetzt sich gefangen geben, jetzt sich cassiren lassen, wo der Krieg vor der Thür steht -- Sie haben ihn erklärt -- jetzt, jetzt, bedenken Sie, Ihre Officiersehre steht auf dem Spiel -- jetzt ist es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, Sie müssen sich Ihrer Ehre, dem Staate retten -- Sie müssen --"
Dohleneck schien es einzusehen -- das Fatum hatte ihn wieder umgeworfen. Er mußte sich retten -- aber wie?
Da rollte eine Equipage vorüber, von links und rechts, von beiden Seiten der Straße zeigten sich be¬ rittene Piquets. Das Halt! welches Walter dem Kutscher zurief, hatte eine glückliche Wirkung. Das war ein Moment. Im zweiten hatte er den Kutschen¬ schlag aufgerissen. Es saß nur eine Dame darin. Walter rief hinein: "Wer Sie auch sind, es gilt, einen Verfolgten retten. Kein Widerspruch, kein Laut!"
Man wird sich nicht wundern, wenn die Dame, trotz des kategorischen Befehls, ihm nicht ganz nach¬ kam, denn welche Dame in gleicher Lage mit der Baronin Eitelbach erschräke nicht, wenn auf solche Anmeldung ein Officier mit blankem Degen ohne ein Wort, ohne einen Laut zu ihr in den Wagen
Scandale — der Strick ſitzt feſt, eh' man ihn merkt, und nun will ich hängen. — Ein Stier von Doh¬ leneck flieht nicht. Mögen ſie mich fangen und bra¬ ten, hier bin ich. 'S iſt nun mal ſo.“
„Aber wollen Sie auf die Feſtung, derweil Ihre Kameraden die Franzoſen ſchlagen? — Ritt¬ meiſter von Dohleneck, jetzt ſich gefangen geben, jetzt ſich caſſiren laſſen, wo der Krieg vor der Thür ſteht — Sie haben ihn erklärt — jetzt, jetzt, bedenken Sie, Ihre Officiersehre ſteht auf dem Spiel — jetzt iſt es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, Sie müſſen ſich Ihrer Ehre, dem Staate retten — Sie müſſen —“
Dohleneck ſchien es einzuſehen — das Fatum hatte ihn wieder umgeworfen. Er mußte ſich retten — aber wie?
Da rollte eine Equipage vorüber, von links und rechts, von beiden Seiten der Straße zeigten ſich be¬ rittene Piquets. Das Halt! welches Walter dem Kutſcher zurief, hatte eine glückliche Wirkung. Das war ein Moment. Im zweiten hatte er den Kutſchen¬ ſchlag aufgeriſſen. Es ſaß nur eine Dame darin. Walter rief hinein: „Wer Sie auch ſind, es gilt, einen Verfolgten retten. Kein Widerſpruch, kein Laut!“
Man wird ſich nicht wundern, wenn die Dame, trotz des kategoriſchen Befehls, ihm nicht ganz nach¬ kam, denn welche Dame in gleicher Lage mit der Baronin Eitelbach erſchräke nicht, wenn auf ſolche Anmeldung ein Officier mit blankem Degen ohne ein Wort, ohne einen Laut zu ihr in den Wagen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0070"n="60"/>
Scandale — der Strick ſitzt feſt, eh' man ihn merkt,<lb/>
und nun will ich hängen. — Ein Stier von Doh¬<lb/>
leneck flieht nicht. Mögen ſie mich fangen und bra¬<lb/>
ten, hier bin ich. 'S iſt nun mal ſo.“</p><lb/><p>„Aber wollen Sie auf die Feſtung, derweil<lb/>
Ihre Kameraden die Franzoſen ſchlagen? — Ritt¬<lb/>
meiſter von Dohleneck, jetzt ſich gefangen geben, jetzt<lb/>ſich caſſiren laſſen, wo der Krieg vor der Thür ſteht —<lb/>
Sie haben ihn erklärt — jetzt, jetzt, bedenken Sie,<lb/>
Ihre Officiersehre ſteht auf dem Spiel — jetzt iſt<lb/>
es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, Sie müſſen ſich<lb/>
Ihrer Ehre, dem Staate retten — Sie müſſen —“</p><lb/><p>Dohleneck ſchien es einzuſehen — das Fatum<lb/>
hatte ihn wieder umgeworfen. Er mußte ſich retten<lb/>— aber wie?</p><lb/><p>Da rollte eine Equipage vorüber, von links und<lb/>
rechts, von beiden Seiten der Straße zeigten ſich be¬<lb/>
rittene Piquets. Das Halt! welches Walter dem<lb/>
Kutſcher zurief, hatte eine glückliche Wirkung. Das<lb/>
war <hirendition="#g">ein</hi> Moment. Im zweiten hatte er den Kutſchen¬<lb/>ſchlag aufgeriſſen. Es ſaß nur eine Dame darin.<lb/>
Walter rief hinein: „Wer Sie auch ſind, es gilt,<lb/>
einen Verfolgten retten. Kein Widerſpruch, kein Laut!“</p><lb/><p>Man wird ſich nicht wundern, wenn die Dame,<lb/>
trotz des kategoriſchen Befehls, ihm nicht ganz nach¬<lb/>
kam, denn welche Dame in gleicher Lage mit der<lb/>
Baronin Eitelbach erſchräke nicht, wenn auf ſolche<lb/>
Anmeldung ein Officier mit blankem Degen ohne<lb/>
ein Wort, ohne einen Laut zu ihr in den Wagen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[60/0070]
Scandale — der Strick ſitzt feſt, eh' man ihn merkt,
und nun will ich hängen. — Ein Stier von Doh¬
leneck flieht nicht. Mögen ſie mich fangen und bra¬
ten, hier bin ich. 'S iſt nun mal ſo.“
„Aber wollen Sie auf die Feſtung, derweil
Ihre Kameraden die Franzoſen ſchlagen? — Ritt¬
meiſter von Dohleneck, jetzt ſich gefangen geben, jetzt
ſich caſſiren laſſen, wo der Krieg vor der Thür ſteht —
Sie haben ihn erklärt — jetzt, jetzt, bedenken Sie,
Ihre Officiersehre ſteht auf dem Spiel — jetzt iſt
es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, Sie müſſen ſich
Ihrer Ehre, dem Staate retten — Sie müſſen —“
Dohleneck ſchien es einzuſehen — das Fatum
hatte ihn wieder umgeworfen. Er mußte ſich retten
— aber wie?
Da rollte eine Equipage vorüber, von links und
rechts, von beiden Seiten der Straße zeigten ſich be¬
rittene Piquets. Das Halt! welches Walter dem
Kutſcher zurief, hatte eine glückliche Wirkung. Das
war ein Moment. Im zweiten hatte er den Kutſchen¬
ſchlag aufgeriſſen. Es ſaß nur eine Dame darin.
Walter rief hinein: „Wer Sie auch ſind, es gilt,
einen Verfolgten retten. Kein Widerſpruch, kein Laut!“
Man wird ſich nicht wundern, wenn die Dame,
trotz des kategoriſchen Befehls, ihm nicht ganz nach¬
kam, denn welche Dame in gleicher Lage mit der
Baronin Eitelbach erſchräke nicht, wenn auf ſolche
Anmeldung ein Officier mit blankem Degen ohne
ein Wort, ohne einen Laut zu ihr in den Wagen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/70>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.