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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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immer wieder, -- deine Stimme wußte von nichts Heim¬
lichem, -- sie klang so kindlich und hell. -- -- Deine
helle Stimme! Immer hör ich sie, wenn ich allein bin.
Deine Stimme -- das bist du."

Nach einer Weile sagte er:

"Nein, ich will nicht lange bleiben. Nicht, wenn
ich nur gewiß bin, -- ganz gewiß, daß du in wenigen
Tagen zurückkehrst. Ist das ganz gewiß?"

"Glaubst du mir nicht?" fragte Fenia.

Max Werner wollte nicht zuhören. Es war albern
und lächerlich, hier zu stehn und das anhören zu müssen.
Er lehnte sich gegen das Fenster und blickte hinaus. Die
Straße lag in sonntäglicher Vormittagsruhe da. Von
ungezählten Kirchen begannen langsam, eine nach der
andern, die Glocken zu läuten. Die verschiedenen Got¬
tesdienste gingen zu Ende.

Es schien, daß drinnen Abschied genommen wurde.
"Er" sagte, mit anderm Ton als bisher, schwer,
gepreßt:

"Ja, nur wenige Tage. -- Aber ich weiß nicht,
wie mir ist. -- -- Könntest du jemals vergessen, was
wir uns sind, Fenia?"

In diesem Augenblick erst erinnerte Fenia sich nicht
länger jemandes Anwesenheit. Es war, als stürze sie
in die Kniee, oder an seine Brust, -- in diesem Augen¬
blick war sie nur mit ihm allein. --

"Niemals! niemals!" sagte sie weinend, außer sich,
"niemals kann ich es vergessen, daß ich dein bin."

Und mit einem Ausdruck, der Max durch alle Nerven
ging, fügte sie hinzu:

immer wieder, — deine Stimme wußte von nichts Heim¬
lichem, — ſie klang ſo kindlich und hell. — — Deine
helle Stimme! Immer hör ich ſie, wenn ich allein bin.
Deine Stimme — das biſt du.“

Nach einer Weile ſagte er:

„Nein, ich will nicht lange bleiben. Nicht, wenn
ich nur gewiß bin, — ganz gewiß, daß du in wenigen
Tagen zurückkehrſt. Iſt das ganz gewiß?“

„Glaubſt du mir nicht?“ fragte Fenia.

Max Werner wollte nicht zuhören. Es war albern
und lächerlich, hier zu ſtehn und das anhören zu müſſen.
Er lehnte ſich gegen das Fenſter und blickte hinaus. Die
Straße lag in ſonntäglicher Vormittagsruhe da. Von
ungezählten Kirchen begannen langſam, eine nach der
andern, die Glocken zu läuten. Die verſchiedenen Got¬
tesdienſte gingen zu Ende.

Es ſchien, daß drinnen Abſchied genommen wurde.
„Er“ ſagte, mit anderm Ton als bisher, ſchwer,
gepreßt:

„Ja, nur wenige Tage. — Aber ich weiß nicht,
wie mir iſt. — — Könnteſt du jemals vergeſſen, was
wir uns ſind, Fenia?“

In dieſem Augenblick erſt erinnerte Fenia ſich nicht
länger jemandes Anweſenheit. Es war, als ſtürze ſie
in die Kniee, oder an ſeine Bruſt, — in dieſem Augen¬
blick war ſie nur mit ihm allein. —

„Niemals! niemals!“ ſagte ſie weinend, außer ſich,
„niemals kann ich es vergeſſen, daß ich dein bin.“

Und mit einem Ausdruck, der Max durch alle Nerven
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[96/0100] — 96 — immer wieder, — deine Stimme wußte von nichts Heim¬ lichem, — ſie klang ſo kindlich und hell. — — Deine helle Stimme! Immer hör ich ſie, wenn ich allein bin. Deine Stimme — das biſt du.“ Nach einer Weile ſagte er: „Nein, ich will nicht lange bleiben. Nicht, wenn ich nur gewiß bin, — ganz gewiß, daß du in wenigen Tagen zurückkehrſt. Iſt das ganz gewiß?“ „Glaubſt du mir nicht?“ fragte Fenia. Max Werner wollte nicht zuhören. Es war albern und lächerlich, hier zu ſtehn und das anhören zu müſſen. Er lehnte ſich gegen das Fenſter und blickte hinaus. Die Straße lag in ſonntäglicher Vormittagsruhe da. Von ungezählten Kirchen begannen langſam, eine nach der andern, die Glocken zu läuten. Die verſchiedenen Got¬ tesdienſte gingen zu Ende. Es ſchien, daß drinnen Abſchied genommen wurde. „Er“ ſagte, mit anderm Ton als bisher, ſchwer, gepreßt: „Ja, nur wenige Tage. — Aber ich weiß nicht, wie mir iſt. — — Könnteſt du jemals vergeſſen, was wir uns ſind, Fenia?“ In dieſem Augenblick erſt erinnerte Fenia ſich nicht länger jemandes Anweſenheit. Es war, als ſtürze ſie in die Kniee, oder an ſeine Bruſt, — in dieſem Augen¬ blick war ſie nur mit ihm allein. — „Niemals! niemals!“ ſagte ſie weinend, außer ſich, „niemals kann ich es vergeſſen, daß ich dein bin.“ Und mit einem Ausdruck, der Max durch alle Nerven ging, fügte ſie hinzu:

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/100>, abgerufen am 22.11.2024.