Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.stark gewürzten Wein, den ich bei dir getrunken habe. Laut sagte ich: "Ich bin übrigens ganz unschuldig dran, daß ich "Das kommt, weil du malst, mein Kind," be¬ "Nun ja, wenn du nicht maltest, so würdest du Ich nahm sie beim Kopf und küßte sie. "Ach, beim Malen ist man eigentlich immer etwas Meine Mutter hatte brummend ihren Kopf frei¬ ſtark gewürzten Wein, den ich bei dir getrunken habe. Laut ſagte ich: „Ich bin übrigens ganz unſchuldig dran, daß ich „Das kommt, weil du malſt, mein Kind,“ be¬ „Nun ja, wenn du nicht malteſt, ſo würdeſt du Ich nahm ſie beim Kopf und küßte ſie. „Ach, beim Malen iſt man eigentlich immer etwas Meine Mutter hatte brummend ihren Kopf frei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0131" n="127"/><fw type="pageNum" place="top">— 127 —<lb/></fw>ſtark gewürzten Wein, den ich bei dir getrunken habe.<lb/> Dagegen fällt jeder andre Rauſch ab.“</p><lb/> <p>Laut ſagte ich:</p><lb/> <p>„Ich bin übrigens ganz unſchuldig dran, daß ich<lb/> mich nicht einmal gehörig verliebe. Es iſt ſonderbar<lb/> genug.“</p><lb/> <p>„Das kommt, weil du malſt, mein Kind,“ be¬<lb/> merkte die Mutter ſo reſigniert, daß ich anfing zu lachen.</p><lb/> <p>„Nun ja, wenn du nicht malteſt, ſo würdeſt du<lb/> wohl verheiratet ſein, — und ich würde einen kleinen<lb/> Enkel haben!“ fügte ſie etwas verdrießlich hinzu.</p><lb/> <p>Ich nahm ſie beim Kopf und küßte ſie.</p><lb/> <p>„Ach, beim Malen iſt man eigentlich immer etwas<lb/> verliebt. — — Man malt immer irgend etwas Ver¬<lb/> liebtes aus ſich heraus, ſcheint mir. — — Aber all das<lb/> iſt ſo fein und flüchtig und wunderlich, und heiraten läßt<lb/> es ſich nicht. Wie ſchaff ich dir alſo einen kleinen<lb/> Enkel?“</p><lb/> <p>Meine Mutter hatte brummend ihren Kopf frei¬<lb/> gemacht, ſie ſeufzte nur, und ſah ſchweigend nach dem<lb/> Kaffeetiſch. In ihrem heimlichen Innern war ſie ſo froh,<lb/> daß wir wieder zuſammen daſaßen und unſern Morgen¬<lb/> kaffee tranken, daß ihr kein Unſinn, den ich ſprach, etwas<lb/> anhaben konnte. Manchmal mochte ſie allerdings ein wenig<lb/> verwirrt werden über das viele, was ich ihr ſchon vor¬<lb/> geredet hatte, und was von ihrer Mutterſeele ganz fried¬<lb/> lich neben ihren eignen Anſichten und Auffaſſungen be¬<lb/> herbergt und verarbeitet wurde. Mutterboden mag wohl<lb/> ein fruchtbarer Boden ſein, worauf die verſchiedenſten<lb/> Dinge durcheinander wachſen und gedeihen können, aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0131]
— 127 —
ſtark gewürzten Wein, den ich bei dir getrunken habe.
Dagegen fällt jeder andre Rauſch ab.“
Laut ſagte ich:
„Ich bin übrigens ganz unſchuldig dran, daß ich
mich nicht einmal gehörig verliebe. Es iſt ſonderbar
genug.“
„Das kommt, weil du malſt, mein Kind,“ be¬
merkte die Mutter ſo reſigniert, daß ich anfing zu lachen.
„Nun ja, wenn du nicht malteſt, ſo würdeſt du
wohl verheiratet ſein, — und ich würde einen kleinen
Enkel haben!“ fügte ſie etwas verdrießlich hinzu.
Ich nahm ſie beim Kopf und küßte ſie.
„Ach, beim Malen iſt man eigentlich immer etwas
verliebt. — — Man malt immer irgend etwas Ver¬
liebtes aus ſich heraus, ſcheint mir. — — Aber all das
iſt ſo fein und flüchtig und wunderlich, und heiraten läßt
es ſich nicht. Wie ſchaff ich dir alſo einen kleinen
Enkel?“
Meine Mutter hatte brummend ihren Kopf frei¬
gemacht, ſie ſeufzte nur, und ſah ſchweigend nach dem
Kaffeetiſch. In ihrem heimlichen Innern war ſie ſo froh,
daß wir wieder zuſammen daſaßen und unſern Morgen¬
kaffee tranken, daß ihr kein Unſinn, den ich ſprach, etwas
anhaben konnte. Manchmal mochte ſie allerdings ein wenig
verwirrt werden über das viele, was ich ihr ſchon vor¬
geredet hatte, und was von ihrer Mutterſeele ganz fried¬
lich neben ihren eignen Anſichten und Auffaſſungen be¬
herbergt und verarbeitet wurde. Mutterboden mag wohl
ein fruchtbarer Boden ſein, worauf die verſchiedenſten
Dinge durcheinander wachſen und gedeihen können, aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |