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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, sich in diesem
zärtlichen Krautgarten zurechtzufinden, über dem, alles
segnend, eine so große Sonne der Liebe schien --.

Nachdem ich mein Frühstück beendet hatte, ging ich
sofort zu Benno hinüber. Seine Zimmer waren von
denen meiner Mutter durch den weiten, ganz primitiv
mit roten Ziegelsteinen ausgelegten Hausflur getrennt, und
wurden früher von einem andern der Hilfsärzte bewohnt.
Seit längerer Zeit bekleidete Benno eine sehr angesehene
Stellung an der Irrenanstalt, als eine Art von Bevoll¬
mächtigtem des Direktors, der alt und kränklich war, und
ihn zu seinem Nachfolger vorgeschlagen hatte. Die Briefe
meiner Mutter erzählten mir stets Wunderdinge von
Bennos Tüchtigkeit und fieberhaftem Berufsfleiß.

Ich pochte leise an die Thür seines Studierzimmers,
doch niemand antwortete darauf. Ich öffnete sie und
blickte hinein. Niemand war anwesend.

Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte,
stand zwischen zwei Sesseln ein Metalltischchen, worauf
alles zum Theetrinken vorbereitet war. Ein blankes
Kesselchen dampfte über einer Spiritusmaschine. Jeden¬
falls war Benno schon hier gewesen und wieder abgerufen
worden.

Ich setzte mich in einen der Sessel und schaute mich
um. Sehr viel behaglicher sah es hier aus als in dem
häßlichen, kahlen Dienstzimmer, das Benno ehemals im
Irrenhause innegehabt, und das ich immer nur mit Grau¬
sen besucht hatte, denn jedes Geräusch dort und jeder An¬
blick entsetzten mich. Und dennoch that es mir jetzt fast
leid, daß ich ihn hier wiedersehen sollte, und nicht in dem

Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, ſich in dieſem
zärtlichen Krautgarten zurechtzufinden, über dem, alles
ſegnend, eine ſo große Sonne der Liebe ſchien —.

Nachdem ich mein Frühſtück beendet hatte, ging ich
ſofort zu Benno hinüber. Seine Zimmer waren von
denen meiner Mutter durch den weiten, ganz primitiv
mit roten Ziegelſteinen ausgelegten Hausflur getrennt, und
wurden früher von einem andern der Hilfsärzte bewohnt.
Seit längerer Zeit bekleidete Benno eine ſehr angeſehene
Stellung an der Irrenanſtalt, als eine Art von Bevoll¬
mächtigtem des Direktors, der alt und kränklich war, und
ihn zu ſeinem Nachfolger vorgeſchlagen hatte. Die Briefe
meiner Mutter erzählten mir ſtets Wunderdinge von
Bennos Tüchtigkeit und fieberhaftem Berufsfleiß.

Ich pochte leiſe an die Thür ſeines Studierzimmers,
doch niemand antwortete darauf. Ich öffnete ſie und
blickte hinein. Niemand war anweſend.

Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte,
ſtand zwiſchen zwei Seſſeln ein Metalltiſchchen, worauf
alles zum Theetrinken vorbereitet war. Ein blankes
Keſſelchen dampfte über einer Spiritusmaſchine. Jeden¬
falls war Benno ſchon hier geweſen und wieder abgerufen
worden.

Ich ſetzte mich in einen der Seſſel und ſchaute mich
um. Sehr viel behaglicher ſah es hier aus als in dem
häßlichen, kahlen Dienſtzimmer, das Benno ehemals im
Irrenhauſe innegehabt, und das ich immer nur mit Grau¬
ſen beſucht hatte, denn jedes Geräuſch dort und jeder An¬
blick entſetzten mich. Und dennoch that es mir jetzt faſt
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[128/0132] — 128 — Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, ſich in dieſem zärtlichen Krautgarten zurechtzufinden, über dem, alles ſegnend, eine ſo große Sonne der Liebe ſchien —. Nachdem ich mein Frühſtück beendet hatte, ging ich ſofort zu Benno hinüber. Seine Zimmer waren von denen meiner Mutter durch den weiten, ganz primitiv mit roten Ziegelſteinen ausgelegten Hausflur getrennt, und wurden früher von einem andern der Hilfsärzte bewohnt. Seit längerer Zeit bekleidete Benno eine ſehr angeſehene Stellung an der Irrenanſtalt, als eine Art von Bevoll¬ mächtigtem des Direktors, der alt und kränklich war, und ihn zu ſeinem Nachfolger vorgeſchlagen hatte. Die Briefe meiner Mutter erzählten mir ſtets Wunderdinge von Bennos Tüchtigkeit und fieberhaftem Berufsfleiß. Ich pochte leiſe an die Thür ſeines Studierzimmers, doch niemand antwortete darauf. Ich öffnete ſie und blickte hinein. Niemand war anweſend. Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte, ſtand zwiſchen zwei Seſſeln ein Metalltiſchchen, worauf alles zum Theetrinken vorbereitet war. Ein blankes Keſſelchen dampfte über einer Spiritusmaſchine. Jeden¬ falls war Benno ſchon hier geweſen und wieder abgerufen worden. Ich ſetzte mich in einen der Seſſel und ſchaute mich um. Sehr viel behaglicher ſah es hier aus als in dem häßlichen, kahlen Dienſtzimmer, das Benno ehemals im Irrenhauſe innegehabt, und das ich immer nur mit Grau¬ ſen beſucht hatte, denn jedes Geräuſch dort und jeder An¬ blick entſetzten mich. Und dennoch that es mir jetzt faſt leid, daß ich ihn hier wiederſehen ſollte, und nicht in dem

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/132>, abgerufen am 21.11.2024.