Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, sich in diesem Nachdem ich mein Frühstück beendet hatte, ging ich Ich pochte leise an die Thür seines Studierzimmers, Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte, Ich setzte mich in einen der Sessel und schaute mich Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, ſich in dieſem Nachdem ich mein Frühſtück beendet hatte, ging ich Ich pochte leiſe an die Thür ſeines Studierzimmers, Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte, Ich ſetzte mich in einen der Seſſel und ſchaute mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="128"/><fw type="pageNum" place="top">— 128 —<lb/></fw>Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, ſich in dieſem<lb/> zärtlichen Krautgarten zurechtzufinden, über dem, alles<lb/> ſegnend, eine ſo große Sonne der Liebe ſchien —.</p><lb/> <p>Nachdem ich mein Frühſtück beendet hatte, ging ich<lb/> ſofort zu Benno hinüber. Seine Zimmer waren von<lb/> denen meiner Mutter durch den weiten, ganz primitiv<lb/> mit roten Ziegelſteinen ausgelegten Hausflur getrennt, und<lb/> wurden früher von einem andern der Hilfsärzte bewohnt.<lb/> Seit längerer Zeit bekleidete Benno eine ſehr angeſehene<lb/> Stellung an der Irrenanſtalt, als eine Art von Bevoll¬<lb/> mächtigtem des Direktors, der alt und kränklich war, und<lb/> ihn zu ſeinem Nachfolger vorgeſchlagen hatte. Die Briefe<lb/> meiner Mutter erzählten mir ſtets Wunderdinge von<lb/> Bennos Tüchtigkeit und fieberhaftem Berufsfleiß.</p><lb/> <p>Ich pochte leiſe an die Thür ſeines Studierzimmers,<lb/> doch niemand antwortete darauf. Ich öffnete ſie und<lb/> blickte hinein. Niemand war anweſend.</p><lb/> <p>Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte,<lb/> ſtand zwiſchen zwei Seſſeln ein Metalltiſchchen, worauf<lb/> alles zum Theetrinken vorbereitet war. Ein blankes<lb/> Keſſelchen dampfte über einer Spiritusmaſchine. Jeden¬<lb/> falls war Benno ſchon hier geweſen und wieder abgerufen<lb/> worden.</p><lb/> <p>Ich ſetzte mich in einen der Seſſel und ſchaute mich<lb/> um. Sehr viel behaglicher ſah es hier aus als in dem<lb/> häßlichen, kahlen Dienſtzimmer, das Benno ehemals im<lb/> Irrenhauſe innegehabt, und das ich immer nur mit Grau¬<lb/> ſen beſucht hatte, denn jedes Geräuſch dort und jeder An¬<lb/> blick entſetzten mich. Und dennoch that es mir jetzt faſt<lb/> leid, daß ich ihn hier wiederſehen ſollte, und nicht in dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0132]
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Mühe mocht es ihr wohl bisweilen machen, ſich in dieſem
zärtlichen Krautgarten zurechtzufinden, über dem, alles
ſegnend, eine ſo große Sonne der Liebe ſchien —.
Nachdem ich mein Frühſtück beendet hatte, ging ich
ſofort zu Benno hinüber. Seine Zimmer waren von
denen meiner Mutter durch den weiten, ganz primitiv
mit roten Ziegelſteinen ausgelegten Hausflur getrennt, und
wurden früher von einem andern der Hilfsärzte bewohnt.
Seit längerer Zeit bekleidete Benno eine ſehr angeſehene
Stellung an der Irrenanſtalt, als eine Art von Bevoll¬
mächtigtem des Direktors, der alt und kränklich war, und
ihn zu ſeinem Nachfolger vorgeſchlagen hatte. Die Briefe
meiner Mutter erzählten mir ſtets Wunderdinge von
Bennos Tüchtigkeit und fieberhaftem Berufsfleiß.
Ich pochte leiſe an die Thür ſeines Studierzimmers,
doch niemand antwortete darauf. Ich öffnete ſie und
blickte hinein. Niemand war anweſend.
Vor dem Kaminofen, worin ein helles Feuer brannte,
ſtand zwiſchen zwei Seſſeln ein Metalltiſchchen, worauf
alles zum Theetrinken vorbereitet war. Ein blankes
Keſſelchen dampfte über einer Spiritusmaſchine. Jeden¬
falls war Benno ſchon hier geweſen und wieder abgerufen
worden.
Ich ſetzte mich in einen der Seſſel und ſchaute mich
um. Sehr viel behaglicher ſah es hier aus als in dem
häßlichen, kahlen Dienſtzimmer, das Benno ehemals im
Irrenhauſe innegehabt, und das ich immer nur mit Grau¬
ſen beſucht hatte, denn jedes Geräuſch dort und jeder An¬
blick entſetzten mich. Und dennoch that es mir jetzt faſt
leid, daß ich ihn hier wiederſehen ſollte, und nicht in dem
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