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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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herkam, "-- du bist ja, -- du hast ja andres zu thun
gehabt. Jedenfalls Interessanteres. Besonders Paris ist
ja die große Stadt aller Genüsse."

"Das ist sie gewiß, aber die große Stadt der Arbeit
ist sie auch, des rastlosen Weiterarbeitens," versetzte ich,
und schob ihm sein Glas Thee zu.

Er rührte mit dem Löffel darin herum, dann fragte
er unvermittelt:

"-- Der Tomasi, -- wie ist denn der?"

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken über die
unbeholfene Art, wie der Pedant und Moralist aus ihm
herausrückte.

"Von meinen Kollegen ist er mir der liebste Genosse,"
gab ich zu, "ich danke ihm viel Anregung und Freund¬
schaft. Als ich mir den linken Arm verstaucht hatte und
der Ausstellung wegen so eilen mußte, um doch noch
fertig zu werden, da hat mir der Tomasi die besten hellen
Morgenstunden geopfert, und mir den Arm untergeschoben
und mir die Palette gehalten. Das kann nämlich nur
ein sehr lieber Freund thun."

"Den Arm so ausdauernd unterschieben, -- das
glaub ich," meinte Benno, und rauchte so stark und un¬
ausgesetzt, daß eine Wolke um ihn stand.

Ich lachte, ganz lebhaft geworden.

"Nein, aber die Palette halten," verbesserte ich,
"denn der linke Arm mit der Palette arbeitet mit, mußt
du wissen, er muß lebendig zu einem selbst gehören."

Benno stieß gewaltsam die Asche, die sich kaum noch
an seiner Zigarre angesetzt hatte, am Glasteller ab.

"Lebendig zu einem selbst. So kann natürlich nur

herkam, „— du biſt ja, — du haſt ja andres zu thun
gehabt. Jedenfalls Intereſſanteres. Beſonders Paris iſt
ja die große Stadt aller Genüſſe.“

„Das iſt ſie gewiß, aber die große Stadt der Arbeit
iſt ſie auch, des raſtloſen Weiterarbeitens,“ verſetzte ich,
und ſchob ihm ſein Glas Thee zu.

Er rührte mit dem Löffel darin herum, dann fragte
er unvermittelt:

„— Der Tomaſi, — wie iſt denn der?“

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken über die
unbeholfene Art, wie der Pedant und Moraliſt aus ihm
herausrückte.

„Von meinen Kollegen iſt er mir der liebſte Genoſſe,“
gab ich zu, „ich danke ihm viel Anregung und Freund¬
ſchaft. Als ich mir den linken Arm verſtaucht hatte und
der Ausſtellung wegen ſo eilen mußte, um doch noch
fertig zu werden, da hat mir der Tomaſi die beſten hellen
Morgenſtunden geopfert, und mir den Arm untergeſchoben
und mir die Palette gehalten. Das kann nämlich nur
ein ſehr lieber Freund thun.“

„Den Arm ſo ausdauernd unterſchieben, — das
glaub ich,“ meinte Benno, und rauchte ſo ſtark und un¬
ausgeſetzt, daß eine Wolke um ihn ſtand.

Ich lachte, ganz lebhaft geworden.

„Nein, aber die Palette halten,“ verbeſſerte ich,
„denn der linke Arm mit der Palette arbeitet mit, mußt
du wiſſen, er muß lebendig zu einem ſelbſt gehören.“

Benno ſtieß gewaltſam die Aſche, die ſich kaum noch
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[131/0135] — 131 — herkam, „— du biſt ja, — du haſt ja andres zu thun gehabt. Jedenfalls Intereſſanteres. Beſonders Paris iſt ja die große Stadt aller Genüſſe.“ „Das iſt ſie gewiß, aber die große Stadt der Arbeit iſt ſie auch, des raſtloſen Weiterarbeitens,“ verſetzte ich, und ſchob ihm ſein Glas Thee zu. Er rührte mit dem Löffel darin herum, dann fragte er unvermittelt: „— Der Tomaſi, — wie iſt denn der?“ Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken über die unbeholfene Art, wie der Pedant und Moraliſt aus ihm herausrückte. „Von meinen Kollegen iſt er mir der liebſte Genoſſe,“ gab ich zu, „ich danke ihm viel Anregung und Freund¬ ſchaft. Als ich mir den linken Arm verſtaucht hatte und der Ausſtellung wegen ſo eilen mußte, um doch noch fertig zu werden, da hat mir der Tomaſi die beſten hellen Morgenſtunden geopfert, und mir den Arm untergeſchoben und mir die Palette gehalten. Das kann nämlich nur ein ſehr lieber Freund thun.“ „Den Arm ſo ausdauernd unterſchieben, — das glaub ich,“ meinte Benno, und rauchte ſo ſtark und un¬ ausgeſetzt, daß eine Wolke um ihn ſtand. Ich lachte, ganz lebhaft geworden. „Nein, aber die Palette halten,“ verbeſſerte ich, „denn der linke Arm mit der Palette arbeitet mit, mußt du wiſſen, er muß lebendig zu einem ſelbſt gehören.“ Benno ſtieß gewaltſam die Aſche, die ſich kaum noch an ſeiner Zigarre angeſetzt hatte, am Glasteller ab. „Lebendig zu einem ſelbſt. So kann natürlich nur

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/135>, abgerufen am 21.11.2024.