Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.ein Künstler zu dir gehören," bemerkte er, und stand un¬ Dabei sah ich plötzlich das Finstre, Gequälte in Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutstrom, Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber Die Erinnerung daran durchrieselte mich heiß und Benno blickte mich staunend und ungläubig an. In ein Künſtler zu dir gehören,“ bemerkte er, und ſtand un¬ Dabei ſah ich plötzlich das Finſtre, Gequälte in Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutſtrom, Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber Die Erinnerung daran durchrieſelte mich heiß und Benno blickte mich ſtaunend und ungläubig an. In <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0136" n="132"/><fw type="pageNum" place="top">— 132 —<lb/></fw>ein Künſtler zu dir gehören,“ bemerkte er, und ſtand un¬<lb/> motiviert auf, ohne mich anzuſehen.</p><lb/> <p>Dabei ſah ich plötzlich das Finſtre, Gequälte in<lb/> ſeinem Geſicht. Mitten aus der Plauderei heraus, wo¬<lb/> bei ich für den Augenblick gar nicht mehr an ihn ge¬<lb/> dacht hatte, ſah ich ihn plötzlich ſo, wie ihm wirklich zu<lb/> Mute war: in mühſam verhaltener Erregung, — in<lb/> zorniger Eiferſucht —. Daher alſo ſein Brief! Das<lb/> war nicht pedantiſche Moraliſterei geweſen, — nein, —<lb/> Liebe —.</p><lb/> <p>Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutſtrom,<lb/> der raſch und heiß zum Herzen quillt, und ein Erſchrecken.<lb/> Ja, eigentlich ein nachträgliches Erſchrecken: denn wenn<lb/> ich das geahnt hätte in der erſten Zeit unſrer Tren¬<lb/> nung, — geahnt, daß auch er leide, und daß er mich<lb/> liebe, — ich wäre ja beſinnungslos zurückgeſtürzt zu ihm.</p><lb/> <p>Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber<lb/> auch er ſollte es nicht wollen. Nein, auch er ſoll es nicht,<lb/> dachte ich, und mein Herz ſchlug zum Zerſpringen. Denn<lb/> ihm, ſeinem Willen, dieſem harten, engen, bewußten<lb/> Willen, bin ich ſchon einmal erlegen.</p><lb/> <p>Die Erinnerung daran durchrieſelte mich heiß und<lb/> beinah lähmend.</p><lb/> <p>Benno blickte mich ſtaunend und ungläubig an. In<lb/> meinem Mienenſpiel mochte ſich etwas von dem verraten,<lb/> was in mir vorging. Eine Möglichkeit mochte in ihm<lb/> aufdämmern, mich wieder zu faſſen. Wenigſtens ſchien<lb/> es mir ſo, — und da ſchien es mir gradezu, als käme<lb/> er mit einer Rieſenkeule bewaffnet auf mich zu, um mich<lb/> niederzuſtrecken.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0136]
— 132 —
ein Künſtler zu dir gehören,“ bemerkte er, und ſtand un¬
motiviert auf, ohne mich anzuſehen.
Dabei ſah ich plötzlich das Finſtre, Gequälte in
ſeinem Geſicht. Mitten aus der Plauderei heraus, wo¬
bei ich für den Augenblick gar nicht mehr an ihn ge¬
dacht hatte, ſah ich ihn plötzlich ſo, wie ihm wirklich zu
Mute war: in mühſam verhaltener Erregung, — in
zorniger Eiferſucht —. Daher alſo ſein Brief! Das
war nicht pedantiſche Moraliſterei geweſen, — nein, —
Liebe —.
Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutſtrom,
der raſch und heiß zum Herzen quillt, und ein Erſchrecken.
Ja, eigentlich ein nachträgliches Erſchrecken: denn wenn
ich das geahnt hätte in der erſten Zeit unſrer Tren¬
nung, — geahnt, daß auch er leide, und daß er mich
liebe, — ich wäre ja beſinnungslos zurückgeſtürzt zu ihm.
Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber
auch er ſollte es nicht wollen. Nein, auch er ſoll es nicht,
dachte ich, und mein Herz ſchlug zum Zerſpringen. Denn
ihm, ſeinem Willen, dieſem harten, engen, bewußten
Willen, bin ich ſchon einmal erlegen.
Die Erinnerung daran durchrieſelte mich heiß und
beinah lähmend.
Benno blickte mich ſtaunend und ungläubig an. In
meinem Mienenſpiel mochte ſich etwas von dem verraten,
was in mir vorging. Eine Möglichkeit mochte in ihm
aufdämmern, mich wieder zu faſſen. Wenigſtens ſchien
es mir ſo, — und da ſchien es mir gradezu, als käme
er mit einer Rieſenkeule bewaffnet auf mich zu, um mich
niederzuſtrecken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |