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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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ein Künstler zu dir gehören," bemerkte er, und stand un¬
motiviert auf, ohne mich anzusehen.

Dabei sah ich plötzlich das Finstre, Gequälte in
seinem Gesicht. Mitten aus der Plauderei heraus, wo¬
bei ich für den Augenblick gar nicht mehr an ihn ge¬
dacht hatte, sah ich ihn plötzlich so, wie ihm wirklich zu
Mute war: in mühsam verhaltener Erregung, -- in
zorniger Eifersucht --. Daher also sein Brief! Das
war nicht pedantische Moralisterei gewesen, -- nein, --
Liebe --.

Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutstrom,
der rasch und heiß zum Herzen quillt, und ein Erschrecken.
Ja, eigentlich ein nachträgliches Erschrecken: denn wenn
ich das geahnt hätte in der ersten Zeit unsrer Tren¬
nung, -- geahnt, daß auch er leide, und daß er mich
liebe, -- ich wäre ja besinnungslos zurückgestürzt zu ihm.

Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber
auch er sollte es nicht wollen. Nein, auch er soll es nicht,
dachte ich, und mein Herz schlug zum Zerspringen. Denn
ihm, seinem Willen, diesem harten, engen, bewußten
Willen, bin ich schon einmal erlegen.

Die Erinnerung daran durchrieselte mich heiß und
beinah lähmend.

Benno blickte mich staunend und ungläubig an. In
meinem Mienenspiel mochte sich etwas von dem verraten,
was in mir vorging. Eine Möglichkeit mochte in ihm
aufdämmern, mich wieder zu fassen. Wenigstens schien
es mir so, -- und da schien es mir gradezu, als käme
er mit einer Riesenkeule bewaffnet auf mich zu, um mich
niederzustrecken.

ein Künſtler zu dir gehören,“ bemerkte er, und ſtand un¬
motiviert auf, ohne mich anzuſehen.

Dabei ſah ich plötzlich das Finſtre, Gequälte in
ſeinem Geſicht. Mitten aus der Plauderei heraus, wo¬
bei ich für den Augenblick gar nicht mehr an ihn ge¬
dacht hatte, ſah ich ihn plötzlich ſo, wie ihm wirklich zu
Mute war: in mühſam verhaltener Erregung, — in
zorniger Eiferſucht —. Daher alſo ſein Brief! Das
war nicht pedantiſche Moraliſterei geweſen, — nein, —
Liebe —.

Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutſtrom,
der raſch und heiß zum Herzen quillt, und ein Erſchrecken.
Ja, eigentlich ein nachträgliches Erſchrecken: denn wenn
ich das geahnt hätte in der erſten Zeit unſrer Tren¬
nung, — geahnt, daß auch er leide, und daß er mich
liebe, — ich wäre ja beſinnungslos zurückgeſtürzt zu ihm.

Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber
auch er ſollte es nicht wollen. Nein, auch er ſoll es nicht,
dachte ich, und mein Herz ſchlug zum Zerſpringen. Denn
ihm, ſeinem Willen, dieſem harten, engen, bewußten
Willen, bin ich ſchon einmal erlegen.

Die Erinnerung daran durchrieſelte mich heiß und
beinah lähmend.

Benno blickte mich ſtaunend und ungläubig an. In
meinem Mienenſpiel mochte ſich etwas von dem verraten,
was in mir vorging. Eine Möglichkeit mochte in ihm
aufdämmern, mich wieder zu faſſen. Wenigſtens ſchien
es mir ſo, — und da ſchien es mir gradezu, als käme
er mit einer Rieſenkeule bewaffnet auf mich zu, um mich
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[132/0136] — 132 — ein Künſtler zu dir gehören,“ bemerkte er, und ſtand un¬ motiviert auf, ohne mich anzuſehen. Dabei ſah ich plötzlich das Finſtre, Gequälte in ſeinem Geſicht. Mitten aus der Plauderei heraus, wo¬ bei ich für den Augenblick gar nicht mehr an ihn ge¬ dacht hatte, ſah ich ihn plötzlich ſo, wie ihm wirklich zu Mute war: in mühſam verhaltener Erregung, — in zorniger Eiferſucht —. Daher alſo ſein Brief! Das war nicht pedantiſche Moraliſterei geweſen, — nein, — Liebe —. Es kam ganz unerwartet über mich, ein Blutſtrom, der raſch und heiß zum Herzen quillt, und ein Erſchrecken. Ja, eigentlich ein nachträgliches Erſchrecken: denn wenn ich das geahnt hätte in der erſten Zeit unſrer Tren¬ nung, — geahnt, daß auch er leide, und daß er mich liebe, — ich wäre ja beſinnungslos zurückgeſtürzt zu ihm. Jetzt freilich konnte ich das nicht mehr wollen. Aber auch er ſollte es nicht wollen. Nein, auch er ſoll es nicht, dachte ich, und mein Herz ſchlug zum Zerſpringen. Denn ihm, ſeinem Willen, dieſem harten, engen, bewußten Willen, bin ich ſchon einmal erlegen. Die Erinnerung daran durchrieſelte mich heiß und beinah lähmend. Benno blickte mich ſtaunend und ungläubig an. In meinem Mienenſpiel mochte ſich etwas von dem verraten, was in mir vorging. Eine Möglichkeit mochte in ihm aufdämmern, mich wieder zu faſſen. Wenigſtens ſchien es mir ſo, — und da ſchien es mir gradezu, als käme er mit einer Rieſenkeule bewaffnet auf mich zu, um mich niederzuſtrecken.

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/136>, abgerufen am 24.11.2024.