Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Alle ängstliche Ueberlegung, alle Mutlosigkeit war von Sonderbarerweise beschäftigte mich dabei eine ganz Und da schauten mir nun seine Augen brillenlos Benno machte eine gewaltige Willensanstrengung, "Verzeih mir. Ich wollte dir Zeit lassen, -- ich Und er griff hastig, wie um mich nun auch wirklich "Liebste! -- sag' mir ein Wort," bat er mit einem Diese leuchtenden treuherzigen blauen Augen, dieses Alle ängſtliche Ueberlegung, alle Mutloſigkeit war von Sonderbarerweiſe beſchäftigte mich dabei eine ganz Und da ſchauten mir nun ſeine Augen brillenlos Benno machte eine gewaltige Willensanſtrengung, „Verzeih mir. Ich wollte dir Zeit laſſen, — ich Und er griff haſtig, wie um mich nun auch wirklich „Liebſte! — ſag' mir ein Wort,“ bat er mit einem Dieſe leuchtenden treuherzigen blauen Augen, dieſes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="170"/><fw type="pageNum" place="top">— 170 —<lb/></fw>Alle ängſtliche Ueberlegung, alle Mutloſigkeit war von<lb/> ihm genommen. Ich richtete mich langſam auf, ohne<lb/> die Augen von ihm zu wenden.</p><lb/> <p>Sonderbarerweiſe beſchäftigte mich dabei eine ganz<lb/> gleichgültige Kleinigkeit. Benno hatte, während er auf<lb/> den Knieen lag und mich küßte, ſeine Brille verloren.<lb/> Sie lag auf dem Teppich neben der Ottomane, und die<lb/> Gläſer, die ſonſt ſeinen Blick verdeckten, glänzten im<lb/> Kerzenlicht.</p><lb/> <p>Und da ſchauten mir nun ſeine Augen brillenlos<lb/> entgegen, ſo wie ſie in Wirklichkeit waren, — blau und<lb/> treuherzig, mit dem etwas unſichern, etwas ſtarren Blick<lb/> derer, die ſich immer ſcharfer Gläſer bedienen — — .</p><lb/> <p>Benno machte eine gewaltige Willensanſtrengung,<lb/> um ſich zu faſſen und zu beruhigen, trat zurück und ſagte:</p><lb/> <p>„Verzeih mir. Ich wollte dir Zeit laſſen, — ich<lb/> hätte es vielleicht ſollen, aber ich konnte nicht länger,<lb/> Adine. Sieh, den ganzen Tag, den ganzen ſchrecklichen<lb/> Tag trug ich eine ſinnloſe, würgende Angſt mit mir<lb/> herum. Eine Angſt, weil du heute früh etwas geſagt<lb/> hatteſt von ‚zu ſpät‘, oder — oder ‚verſcherzt‘ haſt du<lb/> geſagt, — etwas Aehnliches; — ſiehſt du, der Zweifel<lb/> brachte mich von Sinnen.“</p><lb/> <p>Und er griff haſtig, wie um mich nun auch wirklich<lb/> ſich nicht entgehen zu laſſen, nach meinen Händen und<lb/> ſetzte ſich neben mich, dicht zu mir gebeugt.</p><lb/> <p>„Liebſte! — ſag' mir ein Wort,“ bat er mit einem<lb/> glücklichen Lächeln, — und mein Blick mied ſcheu den<lb/> ſeinen.</p><lb/> <p>Dieſe leuchtenden treuherzigen blauen Augen, dieſes<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0174]
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Alle ängſtliche Ueberlegung, alle Mutloſigkeit war von
ihm genommen. Ich richtete mich langſam auf, ohne
die Augen von ihm zu wenden.
Sonderbarerweiſe beſchäftigte mich dabei eine ganz
gleichgültige Kleinigkeit. Benno hatte, während er auf
den Knieen lag und mich küßte, ſeine Brille verloren.
Sie lag auf dem Teppich neben der Ottomane, und die
Gläſer, die ſonſt ſeinen Blick verdeckten, glänzten im
Kerzenlicht.
Und da ſchauten mir nun ſeine Augen brillenlos
entgegen, ſo wie ſie in Wirklichkeit waren, — blau und
treuherzig, mit dem etwas unſichern, etwas ſtarren Blick
derer, die ſich immer ſcharfer Gläſer bedienen — — .
Benno machte eine gewaltige Willensanſtrengung,
um ſich zu faſſen und zu beruhigen, trat zurück und ſagte:
„Verzeih mir. Ich wollte dir Zeit laſſen, — ich
hätte es vielleicht ſollen, aber ich konnte nicht länger,
Adine. Sieh, den ganzen Tag, den ganzen ſchrecklichen
Tag trug ich eine ſinnloſe, würgende Angſt mit mir
herum. Eine Angſt, weil du heute früh etwas geſagt
hatteſt von ‚zu ſpät‘, oder — oder ‚verſcherzt‘ haſt du
geſagt, — etwas Aehnliches; — ſiehſt du, der Zweifel
brachte mich von Sinnen.“
Und er griff haſtig, wie um mich nun auch wirklich
ſich nicht entgehen zu laſſen, nach meinen Händen und
ſetzte ſich neben mich, dicht zu mir gebeugt.
„Liebſte! — ſag' mir ein Wort,“ bat er mit einem
glücklichen Lächeln, — und mein Blick mied ſcheu den
ſeinen.
Dieſe leuchtenden treuherzigen blauen Augen, dieſes
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