Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.fremdartig davon berührt wird, daß hier und da hinter Das vorüberflutende Leben und Treiben auf der Fenia war gegenüber der Kasanschen Kathedrale vor Fenia wies mit dem Muff darauf hin fremdartig davon berührt wird, daß hier und da hinter Das vorüberflutende Leben und Treiben auf der Fenia war gegenüber der Kaſanſchen Kathedrale vor Fenia wies mit dem Muff darauf hin <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="38"/><fw type="pageNum" place="top">— 38 —<lb/></fw>fremdartig davon berührt wird, daß hier und da hinter<lb/> den Schaufenſtern die erſten Flammen aufzucken.</p><lb/> <p>Das vorüberflutende Leben und Treiben auf der<lb/> glänzenden Hauptſtraße paßte ſich der Stimmung dieſer<lb/> Stunde wunderbar an, denn trotz all des Gewühles war<lb/> nichts Lautes, nichts Buntes, nichts Aufdringliches an<lb/> dem ganzen Bilde, ſondern eine gedämpfte und diskrete<lb/> Eleganz; das faſt lautloſe Durcheinanderjagen der Schlit¬<lb/> ten, das etwas beinah Geſpenſtiſches haben konnte, die<lb/> gleichförmige dunkle Kleidung der pelzvermummten<lb/> Damen, die langſam, ohne Haſt, faſt feierlich ſich<lb/> vorbeibewegten, die Totenſtille der breiten tief ver¬<lb/> ſchneiten Nebenſtraßen, in denen die Welt plötzlich auf¬<lb/> zuhören ſchien, gaben allem eine Art von verträumter<lb/> Poeſie, die vom lebensvollern und trivialern Lärm andrer<lb/> Großſtädte ſcharf abſtach. Selbſt die Ecken und harten<lb/> Umriſſe der Häuſer hatte der Froſt mit blitzenden Eis¬<lb/> kruſten abgeſtumpft und verwiſcht, und in der kalten,<lb/> kryſtallklaren Luft erſtarb jeder Ton, — Menſchenſtimme<lb/> oder Schlittenglöckchen, — ganz eigentümlich hell und<lb/> fein wie ferner Geſang.</p><lb/> <p>Fenia war gegenüber der Kaſanſchen Kathedrale vor<lb/> einem hell erleuchteten Schaufenſter ſtehn geblieben. Sie<lb/> ſchlug den Schleier über ihre Pelzmütze zurück und be¬<lb/> trachtete die neuen Auslagen der Paſettiſchen Kunſthand¬<lb/> lung. Ganz vorn lagen die drei mittelmäßigen, aber<lb/> ſehr populären Illuſtrationen zu Lermontoffs „Dämon“:<lb/> die Verführung Tamaras durch den Dämon, ihre Hingabe<lb/> an ihn, ihr Tod durch ihn.</p><lb/> <p>Fenia wies mit dem Muff darauf hin<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0042]
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fremdartig davon berührt wird, daß hier und da hinter
den Schaufenſtern die erſten Flammen aufzucken.
Das vorüberflutende Leben und Treiben auf der
glänzenden Hauptſtraße paßte ſich der Stimmung dieſer
Stunde wunderbar an, denn trotz all des Gewühles war
nichts Lautes, nichts Buntes, nichts Aufdringliches an
dem ganzen Bilde, ſondern eine gedämpfte und diskrete
Eleganz; das faſt lautloſe Durcheinanderjagen der Schlit¬
ten, das etwas beinah Geſpenſtiſches haben konnte, die
gleichförmige dunkle Kleidung der pelzvermummten
Damen, die langſam, ohne Haſt, faſt feierlich ſich
vorbeibewegten, die Totenſtille der breiten tief ver¬
ſchneiten Nebenſtraßen, in denen die Welt plötzlich auf¬
zuhören ſchien, gaben allem eine Art von verträumter
Poeſie, die vom lebensvollern und trivialern Lärm andrer
Großſtädte ſcharf abſtach. Selbſt die Ecken und harten
Umriſſe der Häuſer hatte der Froſt mit blitzenden Eis¬
kruſten abgeſtumpft und verwiſcht, und in der kalten,
kryſtallklaren Luft erſtarb jeder Ton, — Menſchenſtimme
oder Schlittenglöckchen, — ganz eigentümlich hell und
fein wie ferner Geſang.
Fenia war gegenüber der Kaſanſchen Kathedrale vor
einem hell erleuchteten Schaufenſter ſtehn geblieben. Sie
ſchlug den Schleier über ihre Pelzmütze zurück und be¬
trachtete die neuen Auslagen der Paſettiſchen Kunſthand¬
lung. Ganz vorn lagen die drei mittelmäßigen, aber
ſehr populären Illuſtrationen zu Lermontoffs „Dämon“:
die Verführung Tamaras durch den Dämon, ihre Hingabe
an ihn, ihr Tod durch ihn.
Fenia wies mit dem Muff darauf hin
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