Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898."Zur Höhe des Himmels will ich mich heben, Zur Tiefe des Meeres senke ich mich, Alles Irdische will ich dir geben! Nur liebe mich! liebe mich!" "Was ist das?" fragte Max Werner. "Improvisierte Uebersetzung," entgegnete sie, "so "Rechte Bilder für ein junges Mädchen," bemerkte Sie sagte lachend: "Ich? O nein. Ich stelle sie mir ganz -- aber so In den großen milchweißen Glaskuppeln hoch über Als Fenias Gesicht in dieser unerwarteten Helle „Zur Höhe des Himmels will ich mich heben, Zur Tiefe des Meeres ſenke ich mich, Alles Irdiſche will ich dir geben! Nur liebe mich! liebe mich!“ „Was iſt das?“ fragte Max Werner. „Improviſierte Ueberſetzung,“ entgegnete ſie, „ſo „Rechte Bilder für ein junges Mädchen,“ bemerkte Sie ſagte lachend: „Ich? O nein. Ich ſtelle ſie mir ganz — aber ſo In den großen milchweißen Glaskuppeln hoch über Als Fenias Geſicht in dieſer unerwarteten Helle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="39"/><fw type="pageNum" place="top">— 39 —<lb/></fw><lg type="poem"><l rendition="#et">„Zur Höhe des Himmels will ich mich heben,</l><lb/><l rendition="#et">Zur Tiefe des Meeres ſenke ich mich,</l><lb/><l rendition="#et">Alles Irdiſche will ich dir geben!</l><lb/><l rendition="#et">Nur liebe mich! liebe mich!“</l><lb/></lg> citierte ſie lächelnd und ging weiter.</p><lb/> <p>„Was iſt das?“ fragte Max Werner.</p><lb/> <p>„Improviſierte Ueberſetzung,“ entgegnete ſie, „ſo<lb/> ſpricht der böſe Dämon, nachdem er den Engel Tamaras<lb/> in die Flucht geſchlagen hat. — — Dieſe Bilder treffen<lb/> Sie hier in allen Häuſern, — Photographien, Gips¬<lb/> ſtatuetten. — Ich entſinne mich ihrer ſo gut aus meiner<lb/> Kindheit, auch wir beſaßen ſie zu Hauſe. Es iſt trau¬<lb/> lich, ſie wiederzuſehen.“</p><lb/> <p>„Rechte Bilder für ein junges Mädchen,“ bemerkte<lb/> er, „haben Sie ſich nicht auch die Liebe ſehr dämoniſch<lb/> vorgeſtellt? Kampf mit dem Engel, — hölliſche Selig¬<lb/> keiten, — bengaliſche Beleuchtung, — Weltuntergang.“</p><lb/> <p>Sie ſagte lachend:</p><lb/> <p>„Ich? O nein. Ich ſtelle ſie mir ganz — aber ſo<lb/><hi rendition="#g">ganz</hi> — anders vor.“</p><lb/> <p>In den großen milchweißen Glaskuppeln hoch über<lb/> der Mitte des Straßendamms erſtrahlte urplötzlich das<lb/> elektriſche Licht und übergoß mit einemmal die dämmer¬<lb/> dunkle Straße mit ſeinem blendenden Mondſchein.</p><lb/> <p>Als Fenias Geſicht in dieſer unerwarteten Helle<lb/> neben Max Werner auftauchte, erſchien es ihm, mit dem<lb/> kindfrohen Blick und lachenden Munde, durchaus ver¬<lb/> ſchieden vom nachdenklichen Frauengeſicht im Kloſter¬<lb/> garten bei den letzten Sonnenſtrahlen. Ihre Mienen<lb/> wechſelten im Ausdruck ſo ſehr, daß ſie faſt auch in der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0043]
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„Zur Höhe des Himmels will ich mich heben,
Zur Tiefe des Meeres ſenke ich mich,
Alles Irdiſche will ich dir geben!
Nur liebe mich! liebe mich!“
citierte ſie lächelnd und ging weiter.
„Was iſt das?“ fragte Max Werner.
„Improviſierte Ueberſetzung,“ entgegnete ſie, „ſo
ſpricht der böſe Dämon, nachdem er den Engel Tamaras
in die Flucht geſchlagen hat. — — Dieſe Bilder treffen
Sie hier in allen Häuſern, — Photographien, Gips¬
ſtatuetten. — Ich entſinne mich ihrer ſo gut aus meiner
Kindheit, auch wir beſaßen ſie zu Hauſe. Es iſt trau¬
lich, ſie wiederzuſehen.“
„Rechte Bilder für ein junges Mädchen,“ bemerkte
er, „haben Sie ſich nicht auch die Liebe ſehr dämoniſch
vorgeſtellt? Kampf mit dem Engel, — hölliſche Selig¬
keiten, — bengaliſche Beleuchtung, — Weltuntergang.“
Sie ſagte lachend:
„Ich? O nein. Ich ſtelle ſie mir ganz — aber ſo
ganz — anders vor.“
In den großen milchweißen Glaskuppeln hoch über
der Mitte des Straßendamms erſtrahlte urplötzlich das
elektriſche Licht und übergoß mit einemmal die dämmer¬
dunkle Straße mit ſeinem blendenden Mondſchein.
Als Fenias Geſicht in dieſer unerwarteten Helle
neben Max Werner auftauchte, erſchien es ihm, mit dem
kindfrohen Blick und lachenden Munde, durchaus ver¬
ſchieden vom nachdenklichen Frauengeſicht im Kloſter¬
garten bei den letzten Sonnenſtrahlen. Ihre Mienen
wechſelten im Ausdruck ſo ſehr, daß ſie faſt auch in der
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