Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.Diese Prüfung hat nun aber nicht nur bei solchen Speisen Von dem Stand der Esser kommt hier zunächst der sitzende, Ein sonderbares Vorurtheil herrscht in Beziehung auf das Dieſe Pruͤfung hat nun aber nicht nur bei ſolchen Speiſen Von dem Stand der Eſſer kommt hier zunaͤchſt der ſitzende, Ein ſonderbares Vorurtheil herrſcht in Beziehung auf das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0148" n="134"/> <p>Dieſe Pruͤfung hat nun aber nicht nur bei ſolchen Speiſen<lb/> einzutreten, welche durch Erziehung, durch den Familientiſch ꝛc.<lb/> aufgedrungen wurden, ohne daß der dadurch Er- oder Verzo-<lb/> gene Behagen oder Gedeihen daran und davon fand, ſondern<lb/> auch umgekehrt bei ſolchen, die ihm verſagt wurden oder von<lb/> welchen er abſichtlich abgehalten ward, obſchon er Appetit dar-<lb/> nach gehabt. Es fragt ſich eben: ob dieß mit Recht geſchah, —<lb/> und wenn auch, ſo ſchmeckt und gedeiht dem Mann gar ande-<lb/> res als dem Gelbſchnabel. Dem Kind paßt Brei; der Mann<lb/> will Roaſtbeef. Doch da dieſe Vorleſungen fuͤr Maͤnner be-<lb/> ſtimmt ſind, wird das naſeweiſe junge Volk hoͤchſtens bei der<lb/> Elementar-Erziehung in der achten Vorleſung beſprochen werden.</p><lb/> <p>Von dem Stand der Eſſer kommt hier zunaͤchſt der ſitzende,<lb/> und der ruͤhrige, die Bewegungspartei in Betracht. Die dem<lb/> Erſteren Angehoͤrigen ſitzen meiſtens deßhalb ſo ruhig, weil ſie<lb/> im Trocknen oder in der Wolle ſitzen, und es fehlt ihnen zwar<lb/> nichts weniger als an Appetit, doch iſt er mehr kuͤnſtlich. Eine<lb/> gelinde Bewegung koͤnnte ihnen eben ſo wenig ſchaden, als der<lb/> zu ruͤhrigen Gegenpartei Maͤßigung gar zu naturaliſtiſcher<lb/> Appetitsaͤußerungen und anmuthigere Befriedigung anzurathen<lb/> waͤre. Ein unruhiger Menſch qualifizirt ſich uͤbrigens gar nicht<lb/> zum Eßkuͤnſtler, wie denn gewiß auch ein Staat, deſſen ſaͤmmt-<lb/> liche Glieder hinlaͤnglich dotirte Eßkuͤnſtler waͤren, nothwendig<lb/> zugleich der ruhigſte, feſteſte und bluͤhendſte ſein muͤßte. Doch<lb/> ſind das zunaͤchſt Finanzſachen, die nicht weiter hierher gehoͤren.</p><lb/> <p>Ein ſonderbares Vorurtheil herrſcht in Beziehung auf das<lb/> Eſſen der Gelehrten. Selbſt ſehr gelehrte Diaͤtetiker ſetzen den<lb/> Gelehrten auf eine Art Krankendiaͤt, auf viertels Portion. Soll<lb/> etwa gar ein ſchwacher Magen das Aushaͤngeſchild eines ſtarken<lb/> Kopfs ſein? Iſt ja doch die Zeit groͤßtentheils vorbei, wo Va-<lb/> peurs zur Vornehmigkeit gehoͤrten; — wollen denn die Gelehr-<lb/> ten, die denn doch nebenbei eigentlich auch geſcheidt ſein ſollten,<lb/> es nicht nach und nach endlich auch werden? „Ein voller Bauch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
Dieſe Pruͤfung hat nun aber nicht nur bei ſolchen Speiſen
einzutreten, welche durch Erziehung, durch den Familientiſch ꝛc.
aufgedrungen wurden, ohne daß der dadurch Er- oder Verzo-
gene Behagen oder Gedeihen daran und davon fand, ſondern
auch umgekehrt bei ſolchen, die ihm verſagt wurden oder von
welchen er abſichtlich abgehalten ward, obſchon er Appetit dar-
nach gehabt. Es fragt ſich eben: ob dieß mit Recht geſchah, —
und wenn auch, ſo ſchmeckt und gedeiht dem Mann gar ande-
res als dem Gelbſchnabel. Dem Kind paßt Brei; der Mann
will Roaſtbeef. Doch da dieſe Vorleſungen fuͤr Maͤnner be-
ſtimmt ſind, wird das naſeweiſe junge Volk hoͤchſtens bei der
Elementar-Erziehung in der achten Vorleſung beſprochen werden.
Von dem Stand der Eſſer kommt hier zunaͤchſt der ſitzende,
und der ruͤhrige, die Bewegungspartei in Betracht. Die dem
Erſteren Angehoͤrigen ſitzen meiſtens deßhalb ſo ruhig, weil ſie
im Trocknen oder in der Wolle ſitzen, und es fehlt ihnen zwar
nichts weniger als an Appetit, doch iſt er mehr kuͤnſtlich. Eine
gelinde Bewegung koͤnnte ihnen eben ſo wenig ſchaden, als der
zu ruͤhrigen Gegenpartei Maͤßigung gar zu naturaliſtiſcher
Appetitsaͤußerungen und anmuthigere Befriedigung anzurathen
waͤre. Ein unruhiger Menſch qualifizirt ſich uͤbrigens gar nicht
zum Eßkuͤnſtler, wie denn gewiß auch ein Staat, deſſen ſaͤmmt-
liche Glieder hinlaͤnglich dotirte Eßkuͤnſtler waͤren, nothwendig
zugleich der ruhigſte, feſteſte und bluͤhendſte ſein muͤßte. Doch
ſind das zunaͤchſt Finanzſachen, die nicht weiter hierher gehoͤren.
Ein ſonderbares Vorurtheil herrſcht in Beziehung auf das
Eſſen der Gelehrten. Selbſt ſehr gelehrte Diaͤtetiker ſetzen den
Gelehrten auf eine Art Krankendiaͤt, auf viertels Portion. Soll
etwa gar ein ſchwacher Magen das Aushaͤngeſchild eines ſtarken
Kopfs ſein? Iſt ja doch die Zeit groͤßtentheils vorbei, wo Va-
peurs zur Vornehmigkeit gehoͤrten; — wollen denn die Gelehr-
ten, die denn doch nebenbei eigentlich auch geſcheidt ſein ſollten,
es nicht nach und nach endlich auch werden? „Ein voller Bauch
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