Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.sonst sieht man ihn über die Achsel an, und sagt: er wäre aus In Wien hat er dergleichen nicht zu besorgen und wenn Uebrigens bedarf es meiner Worte nicht, um erst darauf Frankfurt am Main und die Rheingegenden werden den ſonſt ſieht man ihn uͤber die Achſel an, und ſagt: er waͤre aus In Wien hat er dergleichen nicht zu beſorgen und wenn Uebrigens bedarf es meiner Worte nicht, um erſt darauf Frankfurt am Main und die Rheingegenden werden den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0202" n="188"/> ſonſt ſieht man ihn uͤber die Achſel an, und ſagt: er waͤre aus<lb/> dem Reich. Er lerne, was Rippeſpeer zu Deutſch heißt, ergoͤtze<lb/> ſich an ſuͤß gebratnem Haaſen, ſtudire Maͤßigkeit, wozu er ſehr<lb/> gute Gelegenheit hat, und uͤbe ſich, Thee und Butterbrod fuͤr<lb/> ein Abendeſſen anzuſehen. Zu eben ſo ergoͤtzlichem als ver-<lb/> dauungsbefoͤrderndem Lachen wird er ſich veranlaßt ſehen, wenn<lb/> er wahrnimmt, wie die dortigen Menſchen ein Monopol auf<lb/> die geſunde Vernunft zu haben glauben und dieß ihm ſelber<lb/> ſagen. Befremden darf es ihn nicht, wenn er eine nichts we-<lb/> niger als kleine Rechnung bezahlt hat, und der Kellner bemerkt,<lb/> er haͤtte geſehen, daß der Herr auch Senf genommen, dieß<lb/> mache ſechs Pfennige mehr. Laͤndlich, ſittlich!</p><lb/> <p>In Wien hat er dergleichen nicht zu beſorgen und wenn<lb/> er dem Kellner Mittags und Abends jedesmal ſechs oder auch<lb/> nur drei Kreuzer extra giebt, ſo wird er gut fahren. Es giebt<lb/> aber in Wien eine gewiſſe Paprika-Sauce, womit Neuankoͤmm-<lb/> linge jezuweilen von aͤlteren Kunſtgenoſſen gehaͤnſelt werden.<lb/> Wenn er weiß, daß Paprika auf Deutſch <hi rendition="#aq">Capsicum annuum</hi><lb/> heißt, wird er die Warnung mit Dank erkennen. Lieſt er auf<lb/> dem Speiſezettel „Ungariſches Rebhuhn“ ſo erwarte er nichts<lb/> Beſonderes, denn es iſt blos Ochſenfuß.</p><lb/> <p>Uebrigens bedarf es meiner Worte nicht, um erſt darauf<lb/> aufmerkſam zu machen, wie viel in fraglicher Beziehung in der<lb/> froͤhlichen Kaiſerſtadt zu profitiren iſt, wozu nicht das Geringſte<lb/> dazu beitraͤgt, zu ſehen, daß es jedem ſchmeckt und daß ſich’s<lb/> ringsum jeder ſchmecken laͤßt. Ich kenne keine andre Stadt,<lb/> von der ich dieß im gleichen Maaße zu ſagen wuͤßte. Im Ue-<lb/> brigen aber ſteht’s wie gegenwaͤrtig anderwaͤrts eben auch. Be-<lb/> kanntlich iſt <hi rendition="#g">Friedrich der Große</hi> und <hi rendition="#g">Joſeph</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> geſtorben.</p><lb/> <p>Frankfurt am Main und die Rheingegenden werden den<lb/> reiſenden Eßkuͤnſtler zunaͤchſt mit der Muſterhaftigkeit guter Be-<lb/> dienung bekannt machen, die freilich von der in Paris uͤbertroffen<lb/> wird. Ich erinnerte daſelbſt einmal ein Beefſteak, welches, trotz der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0202]
ſonſt ſieht man ihn uͤber die Achſel an, und ſagt: er waͤre aus
dem Reich. Er lerne, was Rippeſpeer zu Deutſch heißt, ergoͤtze
ſich an ſuͤß gebratnem Haaſen, ſtudire Maͤßigkeit, wozu er ſehr
gute Gelegenheit hat, und uͤbe ſich, Thee und Butterbrod fuͤr
ein Abendeſſen anzuſehen. Zu eben ſo ergoͤtzlichem als ver-
dauungsbefoͤrderndem Lachen wird er ſich veranlaßt ſehen, wenn
er wahrnimmt, wie die dortigen Menſchen ein Monopol auf
die geſunde Vernunft zu haben glauben und dieß ihm ſelber
ſagen. Befremden darf es ihn nicht, wenn er eine nichts we-
niger als kleine Rechnung bezahlt hat, und der Kellner bemerkt,
er haͤtte geſehen, daß der Herr auch Senf genommen, dieß
mache ſechs Pfennige mehr. Laͤndlich, ſittlich!
In Wien hat er dergleichen nicht zu beſorgen und wenn
er dem Kellner Mittags und Abends jedesmal ſechs oder auch
nur drei Kreuzer extra giebt, ſo wird er gut fahren. Es giebt
aber in Wien eine gewiſſe Paprika-Sauce, womit Neuankoͤmm-
linge jezuweilen von aͤlteren Kunſtgenoſſen gehaͤnſelt werden.
Wenn er weiß, daß Paprika auf Deutſch Capsicum annuum
heißt, wird er die Warnung mit Dank erkennen. Lieſt er auf
dem Speiſezettel „Ungariſches Rebhuhn“ ſo erwarte er nichts
Beſonderes, denn es iſt blos Ochſenfuß.
Uebrigens bedarf es meiner Worte nicht, um erſt darauf
aufmerkſam zu machen, wie viel in fraglicher Beziehung in der
froͤhlichen Kaiſerſtadt zu profitiren iſt, wozu nicht das Geringſte
dazu beitraͤgt, zu ſehen, daß es jedem ſchmeckt und daß ſich’s
ringsum jeder ſchmecken laͤßt. Ich kenne keine andre Stadt,
von der ich dieß im gleichen Maaße zu ſagen wuͤßte. Im Ue-
brigen aber ſteht’s wie gegenwaͤrtig anderwaͤrts eben auch. Be-
kanntlich iſt Friedrich der Große und Joſeph II. geſtorben.
Frankfurt am Main und die Rheingegenden werden den
reiſenden Eßkuͤnſtler zunaͤchſt mit der Muſterhaftigkeit guter Be-
dienung bekannt machen, die freilich von der in Paris uͤbertroffen
wird. Ich erinnerte daſelbſt einmal ein Beefſteak, welches, trotz der
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