Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.kanntlich so viel als: er hat seinen Lebenszweck erreicht, er kann Auch für die Betrachtung des Eßkünstlers ist das Brod Daß das Brod überhaupt weder altgebacken, noch zu neu- Ein edler Sinn aber liebt edlere Gestalten. Man wird Dem Brod nahe steht die Kartoffel, in ihren besseren kanntlich ſo viel als: er hat ſeinen Lebenszweck erreicht, er kann Auch fuͤr die Betrachtung des Eßkuͤnſtlers iſt das Brod Daß das Brod uͤberhaupt weder altgebacken, noch zu neu- Ein edler Sinn aber liebt edlere Geſtalten. Man wird Dem Brod nahe ſteht die Kartoffel, in ihren beſſeren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0231" n="217"/> kanntlich ſo viel als: er hat ſeinen Lebenszweck erreicht, er kann<lb/> alle Tage heirathen, er iſt ein gemachter Mann.</p><lb/> <p>Auch fuͤr die Betrachtung des Eßkuͤnſtlers iſt das Brod<lb/> ein nicht unwichtiger Gegenſtand. Es kann der Kruſte eine<lb/> kleine Kohle, etwas Aſche und dergleichen anhaften, es kann<lb/> mit ſo viel Kuͤmmel, Coriander und Fenchel beſtreut ſein, daß<lb/> ohne Entfernung dieſer Diſſonanzen das Eſſen vielfach beein-<lb/> traͤchtigt wuͤrde.</p><lb/> <p>Daß das Brod uͤberhaupt weder altgebacken, noch zu neu-<lb/> gebacken ſein darf, iſt bekannt. Geizige Gaſtgeber und Wirthe<lb/> geben gerne uͤber Tiſch recht neugebackenes Brod, um uner-<lb/> fahrene Eſſer zu verlocken, recht viel davon zu eſſen, und ſo ſtatt<lb/> theurerer anderer Speiſe wohlfeileres Brod zu conſumiren. —<lb/> Man ißt in Deutſchland gewoͤhnlich ſchwarzes Brod uͤber Tiſch.<lb/> Man ſollte aber lieber Waizenbrod waͤhlen, wenigſtens zugleich<lb/> mit jenem zur beliebigen Dispoſition ſtellen. Bei dem feineren<lb/> Waizenbrod tritt eben doch der ſpezifiſche Geſchmack aller ein-<lb/> zelnen Speiſen beſtimmter hervor, waͤhrend der groͤbere Charakter<lb/> des ſchwarzen Brodes und deſſen Sauerteig-Aſſonanz manches<lb/> Zarte uͤberſtimmt und bedeckt. Zu einfachen Gegenſaͤtzen wie<lb/> Butter, Radieschen, Schinken, Kaͤſe ꝛc. beim Vesperbrod, unter<lb/> idylliſchen einfachen Verhaͤltniſſen im Freien, und ſonſt findet<lb/> dagegen das ſchwarze Brod beſſer ſeine Stelle und hier eignet<lb/> ſich vor Allem der treffliche Pumpernickel, Pompernickel, auch<lb/><hi rendition="#g">Bonpournikel</hi> genannt.</p><lb/> <p>Ein edler Sinn aber liebt edlere Geſtalten. Man wird<lb/> z. B. auch bei dem laͤngſten Aufenthalt in Paris das ſchwarze<lb/> Brod kaum vermiſſen.</p><lb/> <p>Dem Brod nahe ſteht die Kartoffel, in ihren beſſeren<lb/> Arten und wohlgezeitigt eine ſehr ſchmackhafte Speiſe, und<lb/> zwar im einfachſten Zuſtande, in gluͤhender Aſche gebraten oder<lb/> mit Dampf gekocht, wohl am beſten. Mancher Eßnaturaliſt,<lb/> der ſich ſeine dampfende Kartoffel mit Salz und Butter innigſt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [217/0231]
kanntlich ſo viel als: er hat ſeinen Lebenszweck erreicht, er kann
alle Tage heirathen, er iſt ein gemachter Mann.
Auch fuͤr die Betrachtung des Eßkuͤnſtlers iſt das Brod
ein nicht unwichtiger Gegenſtand. Es kann der Kruſte eine
kleine Kohle, etwas Aſche und dergleichen anhaften, es kann
mit ſo viel Kuͤmmel, Coriander und Fenchel beſtreut ſein, daß
ohne Entfernung dieſer Diſſonanzen das Eſſen vielfach beein-
traͤchtigt wuͤrde.
Daß das Brod uͤberhaupt weder altgebacken, noch zu neu-
gebacken ſein darf, iſt bekannt. Geizige Gaſtgeber und Wirthe
geben gerne uͤber Tiſch recht neugebackenes Brod, um uner-
fahrene Eſſer zu verlocken, recht viel davon zu eſſen, und ſo ſtatt
theurerer anderer Speiſe wohlfeileres Brod zu conſumiren. —
Man ißt in Deutſchland gewoͤhnlich ſchwarzes Brod uͤber Tiſch.
Man ſollte aber lieber Waizenbrod waͤhlen, wenigſtens zugleich
mit jenem zur beliebigen Dispoſition ſtellen. Bei dem feineren
Waizenbrod tritt eben doch der ſpezifiſche Geſchmack aller ein-
zelnen Speiſen beſtimmter hervor, waͤhrend der groͤbere Charakter
des ſchwarzen Brodes und deſſen Sauerteig-Aſſonanz manches
Zarte uͤberſtimmt und bedeckt. Zu einfachen Gegenſaͤtzen wie
Butter, Radieschen, Schinken, Kaͤſe ꝛc. beim Vesperbrod, unter
idylliſchen einfachen Verhaͤltniſſen im Freien, und ſonſt findet
dagegen das ſchwarze Brod beſſer ſeine Stelle und hier eignet
ſich vor Allem der treffliche Pumpernickel, Pompernickel, auch
Bonpournikel genannt.
Ein edler Sinn aber liebt edlere Geſtalten. Man wird
z. B. auch bei dem laͤngſten Aufenthalt in Paris das ſchwarze
Brod kaum vermiſſen.
Dem Brod nahe ſteht die Kartoffel, in ihren beſſeren
Arten und wohlgezeitigt eine ſehr ſchmackhafte Speiſe, und
zwar im einfachſten Zuſtande, in gluͤhender Aſche gebraten oder
mit Dampf gekocht, wohl am beſten. Mancher Eßnaturaliſt,
der ſich ſeine dampfende Kartoffel mit Salz und Butter innigſt
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