Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.wohl schmecken läßt, denkt nicht weiter daran, aus welchen Der Kartoffelesser braucht darüber nicht zu erschrecken und Man hat also durch dieses Correktiv die Sache in seiner Es liegt ein furchtbar fruchtbarer Wink für diejenigen, die wohl ſchmecken laͤßt, denkt nicht weiter daran, aus welchen Der Kartoffeleſſer braucht daruͤber nicht zu erſchrecken und Man hat alſo durch dieſes Correktiv die Sache in ſeiner Es liegt ein furchtbar fruchtbarer Wink fuͤr diejenigen, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0232" n="218"/> wohl ſchmecken laͤßt, denkt nicht weiter daran, aus welchen<lb/> Gruͤnden dieſe Speiſe ſo weite Verbreitung gefunden, oder ſucht<lb/> hoͤchſtens die Urſache in deren Wohlgeſchmack, Wohlfeilheit,<lb/> leichtem Anbau, ſaͤttigenden Maſſenhaftigkeit, <hi rendition="#g">Ludwig</hi> <hi rendition="#aq">XV.,</hi><lb/> und dergleichen. Er leſe aber eine neuere Eubiotik, und ſtaune<lb/> uͤber die tiefe Bedeutung des Kartoffeleſſens. Nichts Gerin-<lb/> geres naͤmlich, als „die rieſenhaft und ungeſtuͤm vorwaͤrts ſchrei-<lb/> tende Entwicklung der hoͤheren Beziehungen des Menſchenlebens<lb/> im Laufe der letzten Jahrhunderte machte die Kartoffeln inſtink-<lb/> tiſch als gelind gegenhaltendes und retardirendes Mittel zu einem<lb/> ſo ſehr verbreiteten Commestibel. Denn der Kartoffel iſt ſtets<lb/> eine narkotiſche Kraft in geringem Grade eigen, und durch dieſe<lb/> eben werden jene hoͤheren Beziehungen des Menſchenlebens ge-<lb/> daͤmpft und herabgezogen.“</p><lb/> <p>Der Kartoffeleſſer braucht daruͤber nicht zu erſchrecken und<lb/> um ſeine hoͤheren Beziehungen bange zu werden, ſondern mag<lb/> getroſt forteſſen; es hat damit nicht ſo viel zu ſagen. Derſelbe<lb/> Verfaſſer bietet die beſte Hilfe. Der Caff<hi rendition="#aq">é</hi>e-Aufguß iſt naͤm-<lb/> lich, — was auch Manche nicht wiſſen, eines der wichtigſten<lb/> und wirkſamſten Hilfsmittel zur raſchen, energiſchen und viel-<lb/> ſeitigen Entwicklung des ſenſitiven und dadurch mittelbar ſelbſt<lb/> des hoͤhern geiſtigen Lebens in Europa durch die letzten Jahr-<lb/> hunderte.</p><lb/> <p>Man hat alſo durch dieſes Correktiv die Sache in ſeiner<lb/> Hand. Wer Vormittags einer Sitzung beizuwohnen hat, in<lb/> welcher er dumm ſein ſoll, wird ſich die Sache durch ein Kar-<lb/> toffelfruͤhſtuͤck ſehr erleichtern. Iſt’s vorbei, ſo trinkt er ein paar<lb/> Taſſen Caff<hi rendition="#aq">é</hi>e, und iſt ſo geſcheidt, wie zuvor.</p><lb/> <p>Es liegt ein furchtbar fruchtbarer Wink fuͤr diejenigen, die<lb/> wollen, daß es wieder ruͤckwaͤrts gehen ſoll, in dieſen Worten.<lb/> Sie brauchen blos den Caff<hi rendition="#aq">é</hi>e zu verbieten und zu bewirken,<lb/> daß Jeder Kartoffeln ißt. <hi rendition="#g">Ludwig</hi> <hi rendition="#aq">XV.</hi> beguͤnſtigte bekanntlich<lb/> den Kartoffelbau mit merkwuͤrdigem Eifer. <hi rendition="#g">Napoleon</hi> verbot<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [218/0232]
wohl ſchmecken laͤßt, denkt nicht weiter daran, aus welchen
Gruͤnden dieſe Speiſe ſo weite Verbreitung gefunden, oder ſucht
hoͤchſtens die Urſache in deren Wohlgeſchmack, Wohlfeilheit,
leichtem Anbau, ſaͤttigenden Maſſenhaftigkeit, Ludwig XV.,
und dergleichen. Er leſe aber eine neuere Eubiotik, und ſtaune
uͤber die tiefe Bedeutung des Kartoffeleſſens. Nichts Gerin-
geres naͤmlich, als „die rieſenhaft und ungeſtuͤm vorwaͤrts ſchrei-
tende Entwicklung der hoͤheren Beziehungen des Menſchenlebens
im Laufe der letzten Jahrhunderte machte die Kartoffeln inſtink-
tiſch als gelind gegenhaltendes und retardirendes Mittel zu einem
ſo ſehr verbreiteten Commestibel. Denn der Kartoffel iſt ſtets
eine narkotiſche Kraft in geringem Grade eigen, und durch dieſe
eben werden jene hoͤheren Beziehungen des Menſchenlebens ge-
daͤmpft und herabgezogen.“
Der Kartoffeleſſer braucht daruͤber nicht zu erſchrecken und
um ſeine hoͤheren Beziehungen bange zu werden, ſondern mag
getroſt forteſſen; es hat damit nicht ſo viel zu ſagen. Derſelbe
Verfaſſer bietet die beſte Hilfe. Der Caffée-Aufguß iſt naͤm-
lich, — was auch Manche nicht wiſſen, eines der wichtigſten
und wirkſamſten Hilfsmittel zur raſchen, energiſchen und viel-
ſeitigen Entwicklung des ſenſitiven und dadurch mittelbar ſelbſt
des hoͤhern geiſtigen Lebens in Europa durch die letzten Jahr-
hunderte.
Man hat alſo durch dieſes Correktiv die Sache in ſeiner
Hand. Wer Vormittags einer Sitzung beizuwohnen hat, in
welcher er dumm ſein ſoll, wird ſich die Sache durch ein Kar-
toffelfruͤhſtuͤck ſehr erleichtern. Iſt’s vorbei, ſo trinkt er ein paar
Taſſen Caffée, und iſt ſo geſcheidt, wie zuvor.
Es liegt ein furchtbar fruchtbarer Wink fuͤr diejenigen, die
wollen, daß es wieder ruͤckwaͤrts gehen ſoll, in dieſen Worten.
Sie brauchen blos den Caffée zu verbieten und zu bewirken,
daß Jeder Kartoffeln ißt. Ludwig XV. beguͤnſtigte bekanntlich
den Kartoffelbau mit merkwuͤrdigem Eifer. Napoleon verbot
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