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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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mit Wein und Zucker in einer schattigen Laube an einem heißen
staubigen Sommertag etwas Treffliches; -- Wasser aber
während eines Gastmahles überhaupt -- zu warmen, saftigen,
fetten Speisen besonders -- ist nicht nur undiätetisch, wie jeder
weiß, der nur ein paar § § über Verdauung gelesen, sondern,
was mehr ist, durchaus unkünstlerisch.

Kinder überhaupt, besonders junge Leute in Pensionen
und Erziehungsanstalten, die aus purem Hunger zu ihren paar
spärlich aufgetischten Bissen Wasser trinken, -- Studenten,
welche die Griffe, Bewegungen und Muskelaktionen des Trinkens
so gewohnt sind, daß sie, um nicht in Einem fort Bier zu
trinken, zur Abwechselung über Tisch Wasser surrogiren, ältere
Pönitenzthuende, Gräfenberger Wasserenthusiasten und Kranke
mancher Art mögen immerhin Wasser auch über Tisch trinken;
-- aber nicht saufen -- wer aber zu keiner dieser Kategorieen
gehört, überläßt es billig diesen.

Die Salernitanische Schule schildert die fürchterlichen Fol-
gen des Wassertrinkens, besonders über oder nach Tisch, auf
das Eindringlichste. Das fade Wasser, so lehrt sie, ermangele
aller erwärmenden verdauungsbefördernden Kraft, habe auch
rein gar nichts von ätherischer feuriger Substanz, welches Alles
dem Wein zukomme, der daher dem Wasser durchaus vorzu-
ziehen. Dasselbe bezeugt auch Avicenna, welcher zugleich auf
überzeugende Art nachweist, wie durch übermäßiges Wasser-
trinken wirklich die erschreckliche Wassersucht erzeugt werde.
Der eben so gelehrte als gescheidte Erasmus trank gern ein
gutes Glas Wein, hielt aber Wassertrinken für schlimmer als
die Pest. Schon der Homerische Achilleus hatte so großen Ab-
scheu vor Wasser, daß er lieber von seinem verhaßten Todtfeind
Hektor, als im Wasser sterben will.

Antonio Persio erzählt, daß die alten Römer bei großen
Gastmählern heißes Wasser zu trinken pflegten. Mag man nun
annehmen, daß dieß geschehen sei, um die Thätigkeit des Magens

mit Wein und Zucker in einer ſchattigen Laube an einem heißen
ſtaubigen Sommertag etwas Treffliches; — Waſſer aber
waͤhrend eines Gaſtmahles uͤberhaupt — zu warmen, ſaftigen,
fetten Speiſen beſonders — iſt nicht nur undiaͤtetiſch, wie jeder
weiß, der nur ein paar § § uͤber Verdauung geleſen, ſondern,
was mehr iſt, durchaus unkuͤnſtleriſch.

Kinder uͤberhaupt, beſonders junge Leute in Penſionen
und Erziehungsanſtalten, die aus purem Hunger zu ihren paar
ſpaͤrlich aufgetiſchten Biſſen Waſſer trinken, — Studenten,
welche die Griffe, Bewegungen und Muskelaktionen des Trinkens
ſo gewohnt ſind, daß ſie, um nicht in Einem fort Bier zu
trinken, zur Abwechſelung uͤber Tiſch Waſſer ſurrogiren, aͤltere
Poͤnitenzthuende, Graͤfenberger Waſſerenthuſiaſten und Kranke
mancher Art moͤgen immerhin Waſſer auch uͤber Tiſch trinken;
— aber nicht ſaufen — wer aber zu keiner dieſer Kategorieen
gehoͤrt, uͤberlaͤßt es billig dieſen.

Die Salernitaniſche Schule ſchildert die fuͤrchterlichen Fol-
gen des Waſſertrinkens, beſonders uͤber oder nach Tiſch, auf
das Eindringlichſte. Das fade Waſſer, ſo lehrt ſie, ermangele
aller erwaͤrmenden verdauungsbefoͤrdernden Kraft, habe auch
rein gar nichts von aͤtheriſcher feuriger Subſtanz, welches Alles
dem Wein zukomme, der daher dem Waſſer durchaus vorzu-
ziehen. Daſſelbe bezeugt auch Avicenna, welcher zugleich auf
uͤberzeugende Art nachweiſt, wie durch uͤbermaͤßiges Waſſer-
trinken wirklich die erſchreckliche Waſſerſucht erzeugt werde.
Der eben ſo gelehrte als geſcheidte Erasmus trank gern ein
gutes Glas Wein, hielt aber Waſſertrinken fuͤr ſchlimmer als
die Peſt. Schon der Homeriſche Achilleus hatte ſo großen Ab-
ſcheu vor Waſſer, daß er lieber von ſeinem verhaßten Todtfeind
Hektor, als im Waſſer ſterben will.

Antonio Perſio erzaͤhlt, daß die alten Roͤmer bei großen
Gaſtmaͤhlern heißes Waſſer zu trinken pflegten. Mag man nun
annehmen, daß dieß geſchehen ſei, um die Thaͤtigkeit des Magens

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[248/0262] mit Wein und Zucker in einer ſchattigen Laube an einem heißen ſtaubigen Sommertag etwas Treffliches; — Waſſer aber waͤhrend eines Gaſtmahles uͤberhaupt — zu warmen, ſaftigen, fetten Speiſen beſonders — iſt nicht nur undiaͤtetiſch, wie jeder weiß, der nur ein paar § § uͤber Verdauung geleſen, ſondern, was mehr iſt, durchaus unkuͤnſtleriſch. Kinder uͤberhaupt, beſonders junge Leute in Penſionen und Erziehungsanſtalten, die aus purem Hunger zu ihren paar ſpaͤrlich aufgetiſchten Biſſen Waſſer trinken, — Studenten, welche die Griffe, Bewegungen und Muskelaktionen des Trinkens ſo gewohnt ſind, daß ſie, um nicht in Einem fort Bier zu trinken, zur Abwechſelung uͤber Tiſch Waſſer ſurrogiren, aͤltere Poͤnitenzthuende, Graͤfenberger Waſſerenthuſiaſten und Kranke mancher Art moͤgen immerhin Waſſer auch uͤber Tiſch trinken; — aber nicht ſaufen — wer aber zu keiner dieſer Kategorieen gehoͤrt, uͤberlaͤßt es billig dieſen. Die Salernitaniſche Schule ſchildert die fuͤrchterlichen Fol- gen des Waſſertrinkens, beſonders uͤber oder nach Tiſch, auf das Eindringlichſte. Das fade Waſſer, ſo lehrt ſie, ermangele aller erwaͤrmenden verdauungsbefoͤrdernden Kraft, habe auch rein gar nichts von aͤtheriſcher feuriger Subſtanz, welches Alles dem Wein zukomme, der daher dem Waſſer durchaus vorzu- ziehen. Daſſelbe bezeugt auch Avicenna, welcher zugleich auf uͤberzeugende Art nachweiſt, wie durch uͤbermaͤßiges Waſſer- trinken wirklich die erſchreckliche Waſſerſucht erzeugt werde. Der eben ſo gelehrte als geſcheidte Erasmus trank gern ein gutes Glas Wein, hielt aber Waſſertrinken fuͤr ſchlimmer als die Peſt. Schon der Homeriſche Achilleus hatte ſo großen Ab- ſcheu vor Waſſer, daß er lieber von ſeinem verhaßten Todtfeind Hektor, als im Waſſer ſterben will. Antonio Perſio erzaͤhlt, daß die alten Roͤmer bei großen Gaſtmaͤhlern heißes Waſſer zu trinken pflegten. Mag man nun annehmen, daß dieß geſchehen ſei, um die Thaͤtigkeit des Magens

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/262>, abgerufen am 21.11.2024.