Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.in der Wissenschaft, es soll in der Kunst nichts leerer Name, Für den Eßkünstler ist es nun wahrhaft peinigend, eine Das Wichtigste bleibt immer, das Gute, Zweckmäßige, So sei denn unsere Reise begonnen und es ist billig, da Als eigenthümlich charakteristisch steht der Chinese dadurch in der Wiſſenſchaft, es ſoll in der Kunſt nichts leerer Name, Fuͤr den Eßkuͤnſtler iſt es nun wahrhaft peinigend, eine Das Wichtigſte bleibt immer, das Gute, Zweckmaͤßige, So ſei denn unſere Reiſe begonnen und es iſt billig, da Als eigenthuͤmlich charakteriſtiſch ſteht der Chineſe dadurch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="42"/> in der Wiſſenſchaft, es ſoll in der Kunſt nichts leerer Name,<lb/> nichts begriffsloſes Wort bleiben. Die meiſten Menſchen ſind<lb/> bloß deßhalb ſo dumm, weil ſie mit den Worten, die ſie ge-<lb/> brauchen und hoͤren, keine Begriffe verbinden, weil ſie ſich bei<lb/> den Worten nichts denken.</p><lb/> <p>Fuͤr den Eßkuͤnſtler iſt es nun wahrhaft peinigend, eine<lb/> Speiſe nennen zu hoͤren, bei der er ſich nichts denken kann.<lb/> So iſt gewiß ein Indianiſches Vogelneſt fuͤr den, der noch keins<lb/> gegeſſen hat, eines der klaͤglichſten Probleme. Welcher Nachge-<lb/> nuß dagegen, von einer Speiſe zu leſen oder zu hoͤren, die man<lb/> kennt, die man ſchon gegeſſen hat, bei der man ſich etwas Be-<lb/> ſtimmtes vorſtellen kann! Wie manches Vorurtheil wird berich-<lb/> tigt, mit dem man ſich ohne Reiſen zeitlebens geſchleppt haͤtte.<lb/> So meinen Z. B. gar Viele, daß man in katholiſchen Laͤndern,<lb/> beſonders in Kloͤſtern, die ausgezeichnetſten Stockfiſche faͤnde.<lb/> Ich traf ſie aber auch bei Proteſtanten von derſelben Qualitaͤt.<lb/> Wird ja doch der Menſch, wie der Fiſch, neutral geboren, und<lb/> es iſt ſehr zufaͤllig, wo und wie er appretirt wird.</p><lb/> <p>Das Wichtigſte bleibt immer, das Gute, Zweckmaͤßige,<lb/> Schoͤne, ſei es nun der Eßobjekte ſchlechthin oder der Berei-<lb/> tungsart, oder der Verbindung, des Zuſammeneſſens, oder der<lb/> Art des Genießens uͤberhaupt, welches man in der Fremde er-<lb/> lernte, auch der einheimiſchen Kunſt einzuverleiben, dieſe dadurch<lb/> zu erweitern, zu erheben, zu vervollſtaͤndigen, zu reinigen, ver-<lb/> ſteht ſich mit ſteter Beruͤckſichtigung und Schonung des Natio-<lb/> nalgefuͤhls.</p><lb/> <p>So ſei denn unſere Reiſe begonnen und es iſt billig, da<lb/> anzufangen, von wo uͤberhaupt die Civiliſation ausging, vom<lb/> Oſten naͤmlich, und zunaͤchſt vom himmliſchen Reich.</p><lb/> <p>Als eigenthuͤmlich charakteriſtiſch ſteht der Chineſe dadurch<lb/> da, daß er Alles ißt, was er haben kann. Falken, Eulen, Ad-<lb/> ler, Stoͤrche, Fleiſch von alten Zugochſen, Pferdefleiſch, Hunde,<lb/> Katzen, Ratten, Maͤuſe ſtehen uͤberall oͤffentlich zum Verkauf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0056]
in der Wiſſenſchaft, es ſoll in der Kunſt nichts leerer Name,
nichts begriffsloſes Wort bleiben. Die meiſten Menſchen ſind
bloß deßhalb ſo dumm, weil ſie mit den Worten, die ſie ge-
brauchen und hoͤren, keine Begriffe verbinden, weil ſie ſich bei
den Worten nichts denken.
Fuͤr den Eßkuͤnſtler iſt es nun wahrhaft peinigend, eine
Speiſe nennen zu hoͤren, bei der er ſich nichts denken kann.
So iſt gewiß ein Indianiſches Vogelneſt fuͤr den, der noch keins
gegeſſen hat, eines der klaͤglichſten Probleme. Welcher Nachge-
nuß dagegen, von einer Speiſe zu leſen oder zu hoͤren, die man
kennt, die man ſchon gegeſſen hat, bei der man ſich etwas Be-
ſtimmtes vorſtellen kann! Wie manches Vorurtheil wird berich-
tigt, mit dem man ſich ohne Reiſen zeitlebens geſchleppt haͤtte.
So meinen Z. B. gar Viele, daß man in katholiſchen Laͤndern,
beſonders in Kloͤſtern, die ausgezeichnetſten Stockfiſche faͤnde.
Ich traf ſie aber auch bei Proteſtanten von derſelben Qualitaͤt.
Wird ja doch der Menſch, wie der Fiſch, neutral geboren, und
es iſt ſehr zufaͤllig, wo und wie er appretirt wird.
Das Wichtigſte bleibt immer, das Gute, Zweckmaͤßige,
Schoͤne, ſei es nun der Eßobjekte ſchlechthin oder der Berei-
tungsart, oder der Verbindung, des Zuſammeneſſens, oder der
Art des Genießens uͤberhaupt, welches man in der Fremde er-
lernte, auch der einheimiſchen Kunſt einzuverleiben, dieſe dadurch
zu erweitern, zu erheben, zu vervollſtaͤndigen, zu reinigen, ver-
ſteht ſich mit ſteter Beruͤckſichtigung und Schonung des Natio-
nalgefuͤhls.
So ſei denn unſere Reiſe begonnen und es iſt billig, da
anzufangen, von wo uͤberhaupt die Civiliſation ausging, vom
Oſten naͤmlich, und zunaͤchſt vom himmliſchen Reich.
Als eigenthuͤmlich charakteriſtiſch ſteht der Chineſe dadurch
da, daß er Alles ißt, was er haben kann. Falken, Eulen, Ad-
ler, Stoͤrche, Fleiſch von alten Zugochſen, Pferdefleiſch, Hunde,
Katzen, Ratten, Maͤuſe ſtehen uͤberall oͤffentlich zum Verkauf
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