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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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bieten, die aber durchaus nicht zugeben, daß er sich so viele
Mühe geben soll.

So lange steht noch jedermann. -- Endlich setzt man sich.
In diesem Augenblick treten vier oder fünf Schauspieler in
den Saal und begrüßen die Gesellschaft mit vier Verbeugun-
gen, die so tief sind, daß sie den Fußboden mit der Stirne be-
rühren. Dem Vornehmsten der Gesellschaft wird nun ein
Buch präsentirt, in dem funfzig oder sechzig Komödien mit goldnen
Buchstaben aufgezeichnet sind, welche die Schauspieler auswen-
dig wissen, damit er eine davon wählen soll. Er schlägt es
aber ab, und mit dem Ersuchen, solches zu thun, wird es sei-
nem Nachbar gegeben, und von diesem an einen Andern, bis es
an allen Tischen gewesen ist, und wieder an den Ersten zurück-
kommt. Endlich läßt er sich erbitten, öffnet das Buch, sieht
einen Augenblick hinein und wählt das Stück, welches seiner
Meinung nach der Gesellschaft am angenehmsten ist. Die
Schauspieler lassen jedermann den Titel sehen und Alles giebt
durch Kopfnicken seinen Beifall. Eine Ouverture mit Trom-
meln, Trompeten und Pfeifen, in Spontini's Geschmack,
kündigt nun den Beginn der Komödie an, welche die Frauen-
zimmer außerhalb des Saales hinter Jalousien mit ansehen
dürfen etc.

Bis jetzt hat noch kein Mensch einen Bissen gegessen.
Man fängt immer das Fest mit einem Glase puren Wein an.
Der Haushofmeister ruft, mit einem Knie an der Erde: Meine
Herrn, man bittet Sie, die Schale zu nehmen. Sogleich er-
greift ein jeder die seinige, hebt sie bis an den Kopf in die
Höhe, bringt sie wieder bis unter den Tisch und trinkt sie dann
ganz langsam in drei oder vier Zügen aus. Man wendet hinter-
drein die Schalen um, um zu zeigen, daß sie geleert sind.
Dieß wird zwei bis dreimal repetirt. Während dem wird auf jede
Tafel eine Schüssel mit Ragoaut aufgetragen, welches so berei-
tet ist, daß man kein Messer weiter dazu braucht. Der Haus-

bieten, die aber durchaus nicht zugeben, daß er ſich ſo viele
Muͤhe geben ſoll.

So lange ſteht noch jedermann. — Endlich ſetzt man ſich.
In dieſem Augenblick treten vier oder fuͤnf Schauſpieler in
den Saal und begruͤßen die Geſellſchaft mit vier Verbeugun-
gen, die ſo tief ſind, daß ſie den Fußboden mit der Stirne be-
ruͤhren. Dem Vornehmſten der Geſellſchaft wird nun ein
Buch praͤſentirt, in dem funfzig oder ſechzig Komoͤdien mit goldnen
Buchſtaben aufgezeichnet ſind, welche die Schauſpieler auswen-
dig wiſſen, damit er eine davon waͤhlen ſoll. Er ſchlaͤgt es
aber ab, und mit dem Erſuchen, ſolches zu thun, wird es ſei-
nem Nachbar gegeben, und von dieſem an einen Andern, bis es
an allen Tiſchen geweſen iſt, und wieder an den Erſten zuruͤck-
kommt. Endlich laͤßt er ſich erbitten, oͤffnet das Buch, ſieht
einen Augenblick hinein und waͤhlt das Stuͤck, welches ſeiner
Meinung nach der Geſellſchaft am angenehmſten iſt. Die
Schauſpieler laſſen jedermann den Titel ſehen und Alles giebt
durch Kopfnicken ſeinen Beifall. Eine Ouverture mit Trom-
meln, Trompeten und Pfeifen, in Spontini’s Geſchmack,
kuͤndigt nun den Beginn der Komoͤdie an, welche die Frauen-
zimmer außerhalb des Saales hinter Jalouſien mit anſehen
duͤrfen ꝛc.

Bis jetzt hat noch kein Menſch einen Biſſen gegeſſen.
Man faͤngt immer das Feſt mit einem Glaſe puren Wein an.
Der Haushofmeiſter ruft, mit einem Knie an der Erde: Meine
Herrn, man bittet Sie, die Schale zu nehmen. Sogleich er-
greift ein jeder die ſeinige, hebt ſie bis an den Kopf in die
Hoͤhe, bringt ſie wieder bis unter den Tiſch und trinkt ſie dann
ganz langſam in drei oder vier Zuͤgen aus. Man wendet hinter-
drein die Schalen um, um zu zeigen, daß ſie geleert ſind.
Dieß wird zwei bis dreimal repetirt. Waͤhrend dem wird auf jede
Tafel eine Schuͤſſel mit Ragoût aufgetragen, welches ſo berei-
tet iſt, daß man kein Meſſer weiter dazu braucht. Der Haus-

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[46/0060] bieten, die aber durchaus nicht zugeben, daß er ſich ſo viele Muͤhe geben ſoll. So lange ſteht noch jedermann. — Endlich ſetzt man ſich. In dieſem Augenblick treten vier oder fuͤnf Schauſpieler in den Saal und begruͤßen die Geſellſchaft mit vier Verbeugun- gen, die ſo tief ſind, daß ſie den Fußboden mit der Stirne be- ruͤhren. Dem Vornehmſten der Geſellſchaft wird nun ein Buch praͤſentirt, in dem funfzig oder ſechzig Komoͤdien mit goldnen Buchſtaben aufgezeichnet ſind, welche die Schauſpieler auswen- dig wiſſen, damit er eine davon waͤhlen ſoll. Er ſchlaͤgt es aber ab, und mit dem Erſuchen, ſolches zu thun, wird es ſei- nem Nachbar gegeben, und von dieſem an einen Andern, bis es an allen Tiſchen geweſen iſt, und wieder an den Erſten zuruͤck- kommt. Endlich laͤßt er ſich erbitten, oͤffnet das Buch, ſieht einen Augenblick hinein und waͤhlt das Stuͤck, welches ſeiner Meinung nach der Geſellſchaft am angenehmſten iſt. Die Schauſpieler laſſen jedermann den Titel ſehen und Alles giebt durch Kopfnicken ſeinen Beifall. Eine Ouverture mit Trom- meln, Trompeten und Pfeifen, in Spontini’s Geſchmack, kuͤndigt nun den Beginn der Komoͤdie an, welche die Frauen- zimmer außerhalb des Saales hinter Jalouſien mit anſehen duͤrfen ꝛc. Bis jetzt hat noch kein Menſch einen Biſſen gegeſſen. Man faͤngt immer das Feſt mit einem Glaſe puren Wein an. Der Haushofmeiſter ruft, mit einem Knie an der Erde: Meine Herrn, man bittet Sie, die Schale zu nehmen. Sogleich er- greift ein jeder die ſeinige, hebt ſie bis an den Kopf in die Hoͤhe, bringt ſie wieder bis unter den Tiſch und trinkt ſie dann ganz langſam in drei oder vier Zuͤgen aus. Man wendet hinter- drein die Schalen um, um zu zeigen, daß ſie geleert ſind. Dieß wird zwei bis dreimal repetirt. Waͤhrend dem wird auf jede Tafel eine Schuͤſſel mit Ragoût aufgetragen, welches ſo berei- tet iſt, daß man kein Meſſer weiter dazu braucht. Der Haus-

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/60>, abgerufen am 21.11.2024.