Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.machtes Obst; zum Getränke: Wasser, Caffee und zuweilen Täglich wird nur einmal und blos zur dürftigen Sätti- Welch' elendes Essen! Was ist aber auch aus der Türkei Es ist nicht unersprießlich, einen Augenblick bei der Refle- Auch darauf mag hingedeutet sein, daß die Türken sich Ich berühre nun andere mehr außereuropäische Verhält- machtes Obſt; zum Getraͤnke: Waſſer, Caffee und zuweilen Taͤglich wird nur einmal und blos zur duͤrftigen Saͤtti- Welch’ elendes Eſſen! Was iſt aber auch aus der Tuͤrkei Es iſt nicht unerſprießlich, einen Augenblick bei der Refle- Auch darauf mag hingedeutet ſein, daß die Tuͤrken ſich Ich beruͤhre nun andere mehr außereuropaͤiſche Verhaͤlt- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="52"/> machtes Obſt; zum Getraͤnke: Waſſer, Caffee und zuweilen<lb/> Scherbet (ausgepreßte Weinbeeren in Waſſer mazerirt).</p><lb/> <p>Taͤglich wird nur einmal und blos zur duͤrftigen Saͤtti-<lb/> gung gegeſſen. Zwiſchen Vornehmen und Gemeinen iſt hin-<lb/> ſichtlich der Nahrung ſehr wenig Unterſchied.</p><lb/> <p>Welch’ elendes Eſſen! Was iſt aber auch aus der Tuͤrkei<lb/> geworden! Moͤchte der reformirende <hi rendition="#g">Mahmud</hi> auch dieſem<lb/> wichtigen Zweige ſeine Aufmerkſamkeit zuwenden, wie er fuͤr<lb/> ſeine Perſon bereits in Beziehung auf den Champagner gethan.<lb/> Auch Meſſer und Gabel ſoll der hochſtehende Reformer, wenig-<lb/> ſtens in ſeiner naͤchſten Umgebung, ſchon eingefuͤhrt haben.</p><lb/> <p>Es iſt nicht unerſprießlich, einen Augenblick bei der Refle-<lb/> xion zu verweilen, — nicht bei der, daß die Tuͤrken vorwaͤrts<lb/> und wir ruͤckwaͤrts ſollen; denn das fuͤhrt zu nichts, ſondern<lb/> bei der: — welche ruͤckwirkende Kraft die Eßkunſt auf die<lb/> Kochkunſt ausuͤbt. Oder iſt es gleichgiltig, daß man das<lb/> Fleiſch zu einer eben ſo geſchmack- als kraftloſen Weichheit uͤber-<lb/> kocht und uͤberbratet, blos um es, in Ermangelung der fuͤr die<lb/> Eßkunſt unſaͤglich wichtigen Meſſer und Gabeln, mit den Fin-<lb/> gern zerreißen zu koͤnnen?</p><lb/> <p>Auch darauf mag hingedeutet ſein, daß die Tuͤrken ſich<lb/> keiner Zahnbuͤrſten bedienen, die ja aus den Borſten des ver-<lb/> haßten Schweins zuſammengeſetzt ſind, und deßhalb und in<lb/> Folge des ſchlechten Eſſens mit 45 Jahren meiſtens keine oder<lb/> doch ganz verdorbene Zaͤhne haben. Ein ausuͤbender Eßkuͤnſt-<lb/> ler aber ohne gute Zaͤhne iſt ein <hi rendition="#g">Raffael</hi> ohne Haͤnde.</p><lb/> <p>Ich beruͤhre nun andere mehr außereuropaͤiſche Verhaͤlt-<lb/> niſſe nur kurz. Was laͤßt ſich auch von dem Seehunds- und<lb/> Wallfiſchthran zu Kamczatka, von den Fledermaͤuſen zu Ti-<lb/> mor, von den wilden Hunden und faulen Fiſchen zu Groͤnland<lb/> viel ſagen? Faſt iſt’s beſſer, ganz davon zu ſchweigen. Eſſen<lb/> doch die Kalmuͤcken ſogar etwas, das ich nur mit dem geburts-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0066]
machtes Obſt; zum Getraͤnke: Waſſer, Caffee und zuweilen
Scherbet (ausgepreßte Weinbeeren in Waſſer mazerirt).
Taͤglich wird nur einmal und blos zur duͤrftigen Saͤtti-
gung gegeſſen. Zwiſchen Vornehmen und Gemeinen iſt hin-
ſichtlich der Nahrung ſehr wenig Unterſchied.
Welch’ elendes Eſſen! Was iſt aber auch aus der Tuͤrkei
geworden! Moͤchte der reformirende Mahmud auch dieſem
wichtigen Zweige ſeine Aufmerkſamkeit zuwenden, wie er fuͤr
ſeine Perſon bereits in Beziehung auf den Champagner gethan.
Auch Meſſer und Gabel ſoll der hochſtehende Reformer, wenig-
ſtens in ſeiner naͤchſten Umgebung, ſchon eingefuͤhrt haben.
Es iſt nicht unerſprießlich, einen Augenblick bei der Refle-
xion zu verweilen, — nicht bei der, daß die Tuͤrken vorwaͤrts
und wir ruͤckwaͤrts ſollen; denn das fuͤhrt zu nichts, ſondern
bei der: — welche ruͤckwirkende Kraft die Eßkunſt auf die
Kochkunſt ausuͤbt. Oder iſt es gleichgiltig, daß man das
Fleiſch zu einer eben ſo geſchmack- als kraftloſen Weichheit uͤber-
kocht und uͤberbratet, blos um es, in Ermangelung der fuͤr die
Eßkunſt unſaͤglich wichtigen Meſſer und Gabeln, mit den Fin-
gern zerreißen zu koͤnnen?
Auch darauf mag hingedeutet ſein, daß die Tuͤrken ſich
keiner Zahnbuͤrſten bedienen, die ja aus den Borſten des ver-
haßten Schweins zuſammengeſetzt ſind, und deßhalb und in
Folge des ſchlechten Eſſens mit 45 Jahren meiſtens keine oder
doch ganz verdorbene Zaͤhne haben. Ein ausuͤbender Eßkuͤnſt-
ler aber ohne gute Zaͤhne iſt ein Raffael ohne Haͤnde.
Ich beruͤhre nun andere mehr außereuropaͤiſche Verhaͤlt-
niſſe nur kurz. Was laͤßt ſich auch von dem Seehunds- und
Wallfiſchthran zu Kamczatka, von den Fledermaͤuſen zu Ti-
mor, von den wilden Hunden und faulen Fiſchen zu Groͤnland
viel ſagen? Faſt iſt’s beſſer, ganz davon zu ſchweigen. Eſſen
doch die Kalmuͤcken ſogar etwas, das ich nur mit dem geburts-
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