Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.mehr in ihrer Reinheit bestehe, während sie in Regina d'Inghil- Als ich in mein Gasthaus zurückkam, war die Tafel ge- mehr in ihrer Reinheit beſtehe, waͤhrend ſie in Regina d’Inghil- Als ich in mein Gaſthaus zuruͤckkam, war die Tafel ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="59"/> mehr in ihrer Reinheit beſtehe, waͤhrend ſie in <hi rendition="#aq">Regina d’Inghil-<lb/> terra, gran Brittania, gran Parigi</hi> und <hi rendition="#aq">Scudo di Francia</hi><lb/> mehr angliſirt und franzoͤſirt, ihren ſpezifiſchen Charakter gro-<lb/> ßentheils verloren haben ſoll. Leider war es noch viel zu fruͤhe<lb/> zum Mittageſſen. Ein Gang uͤber den Markusplatz fuͤllte die<lb/> Zwiſchenzeit anmuthig aus. Es war noch wenig lebendig, doch<lb/> brachte das froſchartige <hi rendition="#aq">Acqua</hi>-Geſchrei der Waſſertraͤger, die<lb/> Knaben, welche gebratene Kuͤrbiſſe und Melonen, Mais- und<lb/> Cacaobohnen ausriefen, beſonders und vor Allem aber die huͤb-<lb/> ſchen Maͤdchen und Frauen mit bunten Blumen in den ſchwar-<lb/> zen Haaren, die eben ſo blumengeſchmuͤckte Wuͤrſte und Schin-<lb/> ken feil boten, viel Freundliches in das Ganze. Ich konnte<lb/> nicht umhin, mir eine ſolche Wurſt zu verſchaffen, aus der mich<lb/> dann der erwartete Knoblauch begruͤßend anduftete.</p><lb/> <p>Als ich in mein Gaſthaus zuruͤckkam, war die Tafel ge-<lb/> deckt. Einen ſehr guͤnſtigen Eindruck machte die fuͤr mich hin-<lb/> geſtellte, ſtatt mit einem proſaiſchen Korkſtoͤpſel, mit einem zier-<lb/> lich gefalteten Weinblatt verſchloſſene Weinflaſche. Heiter und<lb/> frei ſtimmten auch die offnen Fenſter. Als aber die (Kraͤuter-)<lb/> Suppe gebracht wurde, machte ſich der Knoblauch mit noch zu<lb/> ungewohnter Fremdartigkeit ſtoͤrend geltend. Vergebens rief<lb/> ich mir die Lobeserhebungen in’s Gedaͤchtniß, mit welchen <hi rendition="#g">Hip-<lb/> pokrates, Ariſtoteles, Galen, Dioscorides, Plinius</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Conſtantinus Caeſar</hi> die fuͤrtrefflichen Tugenden deſſel-<lb/> ben preißen, wie <hi rendition="#g">Avicenna</hi> ihn beſonders Reiſenden empfiehlt,<lb/> wie <hi rendition="#g">Aemilius Macer</hi> ihn ſogar durch Verſe feierte. Es<lb/> wollte die Verſicherung deſſelben <hi rendition="#g">Macer</hi> und eine Stelle <hi rendition="#g">Vir-<lb/> gil</hi>’s, daß ſelbſt Schlangen und anderes giftiges Gewuͤrm die-<lb/> ſem penetranten Geruche ausweichen, nicht verfangen. Auch<lb/> das Beiſpiel des Philoſophen <hi rendition="#g">Stilpon</hi>, der auch Knoblauch<lb/> gegeſſen und trotz dem den Tempel der Mutter der Goͤtter be-<lb/> ſuchte, in welchen jedem, der Knoblauch genoſſen, der Eintritt<lb/> ſtrenge verboten war, eben ſo wie das des großen Arztes und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0073]
mehr in ihrer Reinheit beſtehe, waͤhrend ſie in Regina d’Inghil-
terra, gran Brittania, gran Parigi und Scudo di Francia
mehr angliſirt und franzoͤſirt, ihren ſpezifiſchen Charakter gro-
ßentheils verloren haben ſoll. Leider war es noch viel zu fruͤhe
zum Mittageſſen. Ein Gang uͤber den Markusplatz fuͤllte die
Zwiſchenzeit anmuthig aus. Es war noch wenig lebendig, doch
brachte das froſchartige Acqua-Geſchrei der Waſſertraͤger, die
Knaben, welche gebratene Kuͤrbiſſe und Melonen, Mais- und
Cacaobohnen ausriefen, beſonders und vor Allem aber die huͤb-
ſchen Maͤdchen und Frauen mit bunten Blumen in den ſchwar-
zen Haaren, die eben ſo blumengeſchmuͤckte Wuͤrſte und Schin-
ken feil boten, viel Freundliches in das Ganze. Ich konnte
nicht umhin, mir eine ſolche Wurſt zu verſchaffen, aus der mich
dann der erwartete Knoblauch begruͤßend anduftete.
Als ich in mein Gaſthaus zuruͤckkam, war die Tafel ge-
deckt. Einen ſehr guͤnſtigen Eindruck machte die fuͤr mich hin-
geſtellte, ſtatt mit einem proſaiſchen Korkſtoͤpſel, mit einem zier-
lich gefalteten Weinblatt verſchloſſene Weinflaſche. Heiter und
frei ſtimmten auch die offnen Fenſter. Als aber die (Kraͤuter-)
Suppe gebracht wurde, machte ſich der Knoblauch mit noch zu
ungewohnter Fremdartigkeit ſtoͤrend geltend. Vergebens rief
ich mir die Lobeserhebungen in’s Gedaͤchtniß, mit welchen Hip-
pokrates, Ariſtoteles, Galen, Dioscorides, Plinius
und Conſtantinus Caeſar die fuͤrtrefflichen Tugenden deſſel-
ben preißen, wie Avicenna ihn beſonders Reiſenden empfiehlt,
wie Aemilius Macer ihn ſogar durch Verſe feierte. Es
wollte die Verſicherung deſſelben Macer und eine Stelle Vir-
gil’s, daß ſelbſt Schlangen und anderes giftiges Gewuͤrm die-
ſem penetranten Geruche ausweichen, nicht verfangen. Auch
das Beiſpiel des Philoſophen Stilpon, der auch Knoblauch
gegeſſen und trotz dem den Tempel der Mutter der Goͤtter be-
ſuchte, in welchen jedem, der Knoblauch genoſſen, der Eintritt
ſtrenge verboten war, eben ſo wie das des großen Arztes und
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