Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.sonders empfiehlt, hat über den Puchero, die Olla und An- In den besseren Gasthäusern der Schweiz an den Haupt- ſonders empfiehlt, hat uͤber den Puchero, die Olla und An- In den beſſeren Gaſthaͤuſern der Schweiz an den Haupt- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0077" n="63"/> ſonders empfiehlt, hat uͤber den <hi rendition="#g">Puchero</hi>, die <hi rendition="#g">Olla</hi> und An-<lb/> deres erſchoͤpfend berichtet, und in <hi rendition="#g">Vollrath Hoffmann</hi>’s<lb/> geographiſchen Schriften, in welchen uͤberhaupt unſer Geſichts-<lb/> punkt ſehr erfreulich moͤglichſt beachtet iſt, findet man Naͤheres<lb/> uͤber den <hi rendition="#g">Gazbacho</hi> und <hi rendition="#g">Guiſado. — Lord Byron</hi> begnuͤgt<lb/> ſich, Weiber und Orangen von Sevilla zu loben. Aus Al-<lb/> lem erhellt, daß es ſich ſo ziemlich noch damit verhaͤlt, wie zur<lb/> Zeit von <hi rendition="#g">Sancho Panſa</hi>’s Statthalterſchaft, und der in <hi rendition="#g">Cer-<lb/> vantes</hi> „Macht des Blutes“ angedeutete Gegenſatz des Spa-<lb/> niſchen Eſſens zum Italieniſchen gilt auch noch heute, und<lb/> auch fuͤr Portugal.</p><lb/> <p>In den beſſeren Gaſthaͤuſern der Schweiz an den Haupt-<lb/> ſtraßen ißt man ganz wie in Frankreich. Traurig ſieht’s auf<lb/> den von Ortſchaften entfernteren Alpen aus. Milch und Kaͤſe,<lb/> und Kaͤſe und Milch iſt Alles. Statt des Brodes dient mage-<lb/> rerer Kaͤſe, der zu Fetterem gegeſſen wird. Dabei hat man das<lb/> Vergnuͤgen, Milchſuppen und Molken aus hoͤlzernen Gelten und<lb/> zwar mit hoͤlzernen runden Loͤffeln zu eſſen, deren Durchmeſſer<lb/> ſo koloſſal iſt, daß, wer einen civiliſirten Mund und kein helve-<lb/> tiſches Maul hat, ſie kaum an Ort und Stelle fuͤhren kann.<lb/> Ich ſelbſt erfuhr dieß Alles auf der Alpe <hi rendition="#g">Croix rouge</hi>, nicht<lb/> ſehr weit von <hi rendition="#g">Bex</hi>, wohin ich zur Erforſchung dieſer National-<lb/> eigenthuͤmlichkeiten eigens einen Abſtecher machte. Und nun in<lb/> Beziehung auf die Schweiz nur noch einen guten Rath. Ich<lb/> kam durch Genf zuerſt dahin. Wie ich, als großer Kaͤſelieb-<lb/> haber, ſehnlichſt erwartete, kam zum Deſſert ein Kaͤſe,<lb/> von Geburt ein Emmenthaler und mittleren Alters, deſſen<lb/> Wohlgeſchmack, — eine ſpezifiſche pikante Schaͤrfe mit beſchwich-<lb/> tigender milchigter Milde auf das Zarteſte vereint, — mich ent-<lb/> zuͤckte. In der ungluͤckſeligen Vorausſetzung, dergleichen faͤnde<lb/> ſich von nun an allenthalben, aß ich, mit ſtoiſcher Zuruͤckhal-<lb/> tung, ſo wenig als moͤglich, in der Abſicht, dieſen Hochgenuß<lb/> nicht gleich von vornherein zu erſchoͤpfen. Furchtbare Taͤu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0077]
ſonders empfiehlt, hat uͤber den Puchero, die Olla und An-
deres erſchoͤpfend berichtet, und in Vollrath Hoffmann’s
geographiſchen Schriften, in welchen uͤberhaupt unſer Geſichts-
punkt ſehr erfreulich moͤglichſt beachtet iſt, findet man Naͤheres
uͤber den Gazbacho und Guiſado. — Lord Byron begnuͤgt
ſich, Weiber und Orangen von Sevilla zu loben. Aus Al-
lem erhellt, daß es ſich ſo ziemlich noch damit verhaͤlt, wie zur
Zeit von Sancho Panſa’s Statthalterſchaft, und der in Cer-
vantes „Macht des Blutes“ angedeutete Gegenſatz des Spa-
niſchen Eſſens zum Italieniſchen gilt auch noch heute, und
auch fuͤr Portugal.
In den beſſeren Gaſthaͤuſern der Schweiz an den Haupt-
ſtraßen ißt man ganz wie in Frankreich. Traurig ſieht’s auf
den von Ortſchaften entfernteren Alpen aus. Milch und Kaͤſe,
und Kaͤſe und Milch iſt Alles. Statt des Brodes dient mage-
rerer Kaͤſe, der zu Fetterem gegeſſen wird. Dabei hat man das
Vergnuͤgen, Milchſuppen und Molken aus hoͤlzernen Gelten und
zwar mit hoͤlzernen runden Loͤffeln zu eſſen, deren Durchmeſſer
ſo koloſſal iſt, daß, wer einen civiliſirten Mund und kein helve-
tiſches Maul hat, ſie kaum an Ort und Stelle fuͤhren kann.
Ich ſelbſt erfuhr dieß Alles auf der Alpe Croix rouge, nicht
ſehr weit von Bex, wohin ich zur Erforſchung dieſer National-
eigenthuͤmlichkeiten eigens einen Abſtecher machte. Und nun in
Beziehung auf die Schweiz nur noch einen guten Rath. Ich
kam durch Genf zuerſt dahin. Wie ich, als großer Kaͤſelieb-
haber, ſehnlichſt erwartete, kam zum Deſſert ein Kaͤſe,
von Geburt ein Emmenthaler und mittleren Alters, deſſen
Wohlgeſchmack, — eine ſpezifiſche pikante Schaͤrfe mit beſchwich-
tigender milchigter Milde auf das Zarteſte vereint, — mich ent-
zuͤckte. In der ungluͤckſeligen Vorausſetzung, dergleichen faͤnde
ſich von nun an allenthalben, aß ich, mit ſtoiſcher Zuruͤckhal-
tung, ſo wenig als moͤglich, in der Abſicht, dieſen Hochgenuß
nicht gleich von vornherein zu erſchoͤpfen. Furchtbare Taͤu-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |