Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Joseph Winter. Stets hob sich aus dem graulichen Flor Siegreich und schöner der Tag empor, Der Seele Dämmer rosig erhellend, Mit Lebensodem den Busen schwellend. Dem Einen bin ich hingegeben: Dies Leben voll und ganz zu leben, Mit der Welle zu wandern, zu jagen im Wind, Der ewigen Mutter lebendiges Kind, Im Sonnenglanz ein strahlender Ritter, Geduckt und still im Ungewitter. Mein ist die Sonne, die Rose am Rain Und die funkelnden Sterne der Nacht sind mein. Will daheim mich fühlen im Erdenhaus, Das ist mein Recht, das üb' ich aus . . . . Müd' war der Tag hinabgesunken. An den Wolkensäumen die letzten Funken, Des Sonnenfeuers verkühlender Glast Waren zu grauer Asche verblaßt, Und ich verließ die dunkleren Auen, Drüben das Volk der Phäaken zu schauen. Da dröhnte das Ohr vor Trommeln und Blasen, Der Teufel erschlug den geduldigen Hasen, Nach der Orgel liefen die hölzernen Pferde Und jauchzende Tänzer stampften die Erde; Gesang dazwischen und Büchsenknall, -- Phäakensonntag überall. Das ist das neue Paradies, Das keinen von seiner Schwelle wies; Und wär's der traurigste Geselle, Hier wiegt ihn sanft des Frohsinns Welle. Inmitten dieses Volks von Kindern Fühlt er die Adamslast sich mindern, Und kräftiger, als alle Lethe Heilt ihn des Wurstels Holztrompete. Joſeph Winter. Stets hob ſich aus dem graulichen Flor Siegreich und ſchöner der Tag empor, Der Seele Dämmer roſig erhellend, Mit Lebensodem den Buſen ſchwellend. Dem Einen bin ich hingegeben: Dies Leben voll und ganz zu leben, Mit der Welle zu wandern, zu jagen im Wind, Der ewigen Mutter lebendiges Kind, Im Sonnenglanz ein ſtrahlender Ritter, Geduckt und ſtill im Ungewitter. Mein iſt die Sonne, die Roſe am Rain Und die funkelnden Sterne der Nacht ſind mein. Will daheim mich fühlen im Erdenhaus, Das iſt mein Recht, das üb’ ich aus . . . . Müd’ war der Tag hinabgeſunken. An den Wolkenſäumen die letzten Funken, Des Sonnenfeuers verkühlender Glaſt Waren zu grauer Aſche verblaßt, Und ich verließ die dunkleren Auen, Drüben das Volk der Phäaken zu ſchauen. Da dröhnte das Ohr vor Trommeln und Blaſen, Der Teufel erſchlug den geduldigen Haſen, Nach der Orgel liefen die hölzernen Pferde Und jauchzende Tänzer ſtampften die Erde; Geſang dazwiſchen und Büchſenknall, — Phäakenſonntag überall. Das iſt das neue Paradies, Das keinen von ſeiner Schwelle wies; Und wär’s der traurigſte Geſelle, Hier wiegt ihn ſanft des Frohſinns Welle. Inmitten dieſes Volks von Kindern Fühlt er die Adamslaſt ſich mindern, Und kräftiger, als alle Lethe Heilt ihn des Wurſtels Holztrompete. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0247" n="229"/> <fw place="top" type="header">Joſeph Winter.</fw><lb/> <l>Stets hob ſich aus dem graulichen Flor</l><lb/> <l>Siegreich und ſchöner der Tag empor,</l><lb/> <l>Der Seele Dämmer roſig erhellend,</l><lb/> <l>Mit Lebensodem den Buſen ſchwellend.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dem Einen bin ich hingegeben:</l><lb/> <l>Dies Leben voll und ganz zu leben,</l><lb/> <l>Mit der Welle zu wandern, zu jagen im Wind,</l><lb/> <l>Der ewigen Mutter lebendiges Kind,</l><lb/> <l>Im Sonnenglanz ein ſtrahlender Ritter,</l><lb/> <l>Geduckt und ſtill im Ungewitter.</l><lb/> <l>Mein iſt die Sonne, die Roſe am Rain</l><lb/> <l>Und die funkelnden Sterne der Nacht ſind mein.</l><lb/> <l>Will daheim mich fühlen im Erdenhaus,</l><lb/> <l>Das iſt mein Recht, das üb’ ich aus . . . .</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Müd’ war der Tag hinabgeſunken.</l><lb/> <l>An den Wolkenſäumen die letzten Funken,</l><lb/> <l>Des Sonnenfeuers verkühlender Glaſt</l><lb/> <l>Waren zu grauer Aſche verblaßt,</l><lb/> <l>Und ich verließ die dunkleren Auen,</l><lb/> <l>Drüben das Volk der Phäaken zu ſchauen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da dröhnte das Ohr vor Trommeln und Blaſen,</l><lb/> <l>Der Teufel erſchlug den geduldigen Haſen,</l><lb/> <l>Nach der Orgel liefen die hölzernen Pferde</l><lb/> <l>Und jauchzende Tänzer ſtampften die Erde;</l><lb/> <l>Geſang dazwiſchen und Büchſenknall, —</l><lb/> <l>Phäakenſonntag überall.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Das iſt das neue Paradies,</l><lb/> <l>Das keinen von ſeiner Schwelle wies;</l><lb/> <l>Und wär’s der traurigſte Geſelle,</l><lb/> <l>Hier wiegt ihn ſanft des Frohſinns Welle.</l><lb/> <l>Inmitten dieſes Volks von Kindern</l><lb/> <l>Fühlt er die Adamslaſt ſich mindern,</l><lb/> <l>Und kräftiger, als alle Lethe</l><lb/> <l>Heilt ihn des Wurſtels Holztrompete.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0247]
Joſeph Winter.
Stets hob ſich aus dem graulichen Flor
Siegreich und ſchöner der Tag empor,
Der Seele Dämmer roſig erhellend,
Mit Lebensodem den Buſen ſchwellend.
Dem Einen bin ich hingegeben:
Dies Leben voll und ganz zu leben,
Mit der Welle zu wandern, zu jagen im Wind,
Der ewigen Mutter lebendiges Kind,
Im Sonnenglanz ein ſtrahlender Ritter,
Geduckt und ſtill im Ungewitter.
Mein iſt die Sonne, die Roſe am Rain
Und die funkelnden Sterne der Nacht ſind mein.
Will daheim mich fühlen im Erdenhaus,
Das iſt mein Recht, das üb’ ich aus . . . .
Müd’ war der Tag hinabgeſunken.
An den Wolkenſäumen die letzten Funken,
Des Sonnenfeuers verkühlender Glaſt
Waren zu grauer Aſche verblaßt,
Und ich verließ die dunkleren Auen,
Drüben das Volk der Phäaken zu ſchauen.
Da dröhnte das Ohr vor Trommeln und Blaſen,
Der Teufel erſchlug den geduldigen Haſen,
Nach der Orgel liefen die hölzernen Pferde
Und jauchzende Tänzer ſtampften die Erde;
Geſang dazwiſchen und Büchſenknall, —
Phäakenſonntag überall.
Das iſt das neue Paradies,
Das keinen von ſeiner Schwelle wies;
Und wär’s der traurigſte Geſelle,
Hier wiegt ihn ſanft des Frohſinns Welle.
Inmitten dieſes Volks von Kindern
Fühlt er die Adamslaſt ſich mindern,
Und kräftiger, als alle Lethe
Heilt ihn des Wurſtels Holztrompete.
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