taugten. Es ist genug träger Zug im Menschen gegen einen Punkt, aber selten ist die Thätigkeit, welche durch Einöden zieht und Samen wunderbarer Blumen ausstreut, zu beyden Seiten des Weges, wo er hintrifft, allen gegeben, wie der Thau, wie der Regenbogen: doch wo er, vom Winde getragen, hinreicht, da endet die unmenschliche Einöde, es kommen gewiß, die sich unter den Blumen ansiedeln, um aus ihnen Lust und Leben zu saugen. -- Warum zieht es uns in Büchern an, was wir von den ersten Entdeckungsreisen, von den Weltfahrten, von ziehenden Schauspielern, insonderheit was wir von dem wunderbaren Wandel des Zigeuner-Reichs lesen, im Kriege ächte Soldaten, im Frieden zutrauliche Aerzte (dessen die ge- lernten sich jezt fast alle entwöhnt); ich erinnere mich noch ihrer nächtlichen Feuer im Walde, wie sie mir aus der Hand wahr sagten. Und sagten sie mir etwas Gutes, so sage ich wieder Gutes von ihnen. Wie die kleinen Zwerge, wovon die Sage redet *), alles herbeyschafften, was sich ihre stärkeren Feinde zu Festen wünschten, sich selbst mit Brodrinden des Mahles begnü- gend, aber einmal für wenige Erbsen, die sie aus Noth vom Felde nächtlich ablasen, jämmerlich geschlagen und aus dem Lan- de verjagt wurden, wie sie da nächtlich über die Brücke weg- trappelten, einer Schaafheerde zu vergleichen, wie jeder ein Münzchen niederlegen muste und wie sie ein Faß damit füllten: So danken wir die mehrsten unsrer Arzeneyen den Zigeunern **),
*) Otmars Volkssagen. Bremen 1800. S. 327. Eine Sammlung aus einem keinen Flecken von Deutschland, die bis auf einzelne Zusätze und Wort überfluß als Muster ähnlicher aufgestellt werden kann. Es ist wie eine neue Welt schöner Erfindung, aber von den meisten vergessen, weil es weder Veilchensyrup noch Teufelskost, sondern weil es uns führt zu den Veilchen, auch wohl in die Behausung des Teufels.
**) Ihr Lehrling war Paracelsus.
taugten. Es iſt genug traͤger Zug im Menſchen gegen einen Punkt, aber ſelten iſt die Thaͤtigkeit, welche durch Einoͤden zieht und Samen wunderbarer Blumen ausſtreut, zu beyden Seiten des Weges, wo er hintrifft, allen gegeben, wie der Thau, wie der Regenbogen: doch wo er, vom Winde getragen, hinreicht, da endet die unmenſchliche Einoͤde, es kommen gewiß, die ſich unter den Blumen anſiedeln, um aus ihnen Luſt und Leben zu ſaugen. — Warum zieht es uns in Buͤchern an, was wir von den erſten Entdeckungsreiſen, von den Weltfahrten, von ziehenden Schauſpielern, inſonderheit was wir von dem wunderbaren Wandel des Zigeuner-Reichs leſen, im Kriege aͤchte Soldaten, im Frieden zutrauliche Aerzte (deſſen die ge- lernten ſich jezt faſt alle entwoͤhnt); ich erinnere mich noch ihrer naͤchtlichen Feuer im Walde, wie ſie mir aus der Hand wahr ſagten. Und ſagten ſie mir etwas Gutes, ſo ſage ich wieder Gutes von ihnen. Wie die kleinen Zwerge, wovon die Sage redet *), alles herbeyſchafften, was ſich ihre ſtaͤrkeren Feinde zu Feſten wuͤnſchten, ſich ſelbſt mit Brodrinden des Mahles begnuͤ- gend, aber einmal fuͤr wenige Erbſen, die ſie aus Noth vom Felde naͤchtlich ablaſen, jaͤmmerlich geſchlagen und aus dem Lan- de verjagt wurden, wie ſie da naͤchtlich uͤber die Bruͤcke weg- trappelten, einer Schaafheerde zu vergleichen, wie jeder ein Muͤnzchen niederlegen muſte und wie ſie ein Faß damit fuͤllten: So danken wir die mehrſten unſrer Arzeneyen den Zigeunern **),
*) Otmars Volksſagen. Bremen 1800. S. 327. Eine Sammlung aus einem keinen Flecken von Deutſchland, die bis auf einzelne Zuſaͤtze und Wort uͤberfluß als Muſter aͤhnlicher aufgeſtellt werden kann. Es iſt wie eine neue Welt ſchoͤner Erfindung, aber von den meiſten vergeſſen, weil es weder Veilchenſyrup noch Teufelskoſt, ſondern weil es uns fuͤhrt zu den Veilchen, auch wohl in die Behauſung des Teufels.
**) Ihr Lehrling war Paracelſus.
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Punkt, aber ſelten iſt die Thaͤtigkeit, welche durch Einoͤden
zieht und Samen wunderbarer Blumen ausſtreut, zu beyden
Seiten des Weges, wo er hintrifft, allen gegeben, wie der
Thau, wie der Regenbogen: doch wo er, vom Winde getragen,
hinreicht, da endet die unmenſchliche Einoͤde, es kommen gewiß,
die ſich unter den Blumen anſiedeln, um aus ihnen Luſt und
Leben zu ſaugen. — Warum zieht es uns in Buͤchern an, was
wir von den erſten Entdeckungsreiſen, von den Weltfahrten,
von ziehenden Schauſpielern, inſonderheit was wir von dem
wunderbaren Wandel des Zigeuner-Reichs leſen, im Kriege
aͤchte Soldaten, im Frieden zutrauliche Aerzte (deſſen die ge-
lernten ſich jezt faſt alle entwoͤhnt); ich erinnere mich noch ihrer
naͤchtlichen Feuer im Walde, wie ſie mir aus der Hand wahr
ſagten. Und ſagten ſie mir etwas Gutes, ſo ſage ich wieder
Gutes von ihnen. Wie die kleinen Zwerge, wovon die Sage
redet *), alles herbeyſchafften, was ſich ihre ſtaͤrkeren Feinde zu
Feſten wuͤnſchten, ſich ſelbſt mit Brodrinden des Mahles begnuͤ-
gend, aber einmal fuͤr wenige Erbſen, die ſie aus Noth vom
Felde naͤchtlich ablaſen, jaͤmmerlich geſchlagen und aus dem Lan-
de verjagt wurden, wie ſie da naͤchtlich uͤber die Bruͤcke weg-
trappelten, einer Schaafheerde zu vergleichen, wie jeder ein
Muͤnzchen niederlegen muſte und wie ſie ein Faß damit fuͤllten:
So danken wir die mehrſten unſrer Arzeneyen den Zigeunern **),
*) Otmars Volksſagen. Bremen 1800. S. 327. Eine Sammlung aus einem
keinen Flecken von Deutſchland, die bis auf einzelne Zuſaͤtze und Wort
uͤberfluß als Muſter aͤhnlicher aufgeſtellt werden kann. Es iſt wie eine
neue Welt ſchoͤner Erfindung, aber von den meiſten vergeſſen, weil es
weder Veilchenſyrup noch Teufelskoſt, ſondern weil es uns fuͤhrt zu
den Veilchen, auch wohl in die Behauſung des Teufels.
**) Ihr Lehrling war Paracelſus.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 441[451]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/460>, abgerufen am 21.11.2024.
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