Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.Vom Tanze verlassen in der Sommereinsamkeit, zu einfach Ist noch ein Mensch auf Erden, So möcht ich bey ihm seyn. So klingen die Quellen des Rheins hinunter, dann immer Wer damit nicht zufrieden, noch mehr sehen will, Das Verhältniß dieser Lieder zu den Nationalopern der dortigenGeh grade von da aus zum Ringlspil, Da drehen sich zwey und zwey Rund herum in der Reih, Oft schreien die Medeln, nicht gar so geschwind, Es ist nicht wegen meiner, es ist wegens Kind. Vorstädte, wird schon aus diesen Proben fühlbar, die meisten dieser Singespiele sind der Anlage nach schön, ungeschickt und leer in der Sprache, gewöhnlich aber nur durch Fortsetzungen unangenehm. Vom Tanze verlaſſen in der Sommereinſamkeit, zu einfach Iſt noch ein Menſch auf Erden, So moͤcht ich bey ihm ſeyn. So klingen die Quellen des Rheins hinunter, dann immer Wer damit nicht zufrieden, noch mehr ſehen will, Das Verhaͤltniß dieſer Lieder zu den Nationalopern der dortigenGeh grade von da aus zum Ringlſpil, Da drehen ſich zwey und zwey Rund herum in der Reih, Oft ſchreien die Medeln, nicht gar ſo geſchwind, Es iſt nicht wegen meiner, es iſt wegens Kind. Vorſtaͤdte, wird ſchon aus dieſen Proben fuͤhlbar, die meiſten dieſer Singeſpiele ſind der Anlage nach ſchoͤn, ungeſchickt und leer in der Sprache, gewoͤhnlich aber nur durch Fortſetzungen unangenehm. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0475" n="456[466]"/> <p>Vom Tanze verlaſſen in der Sommereinſamkeit, zu einfach<lb/> anderer Kunſt ſingt der Hirte an den Quellen des Rheins dem<lb/> ewigen Schnee zu:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Iſt noch ein Menſch auf Erden,</l><lb/> <l>So moͤcht ich bey ihm ſeyn.</l> </lg><lb/> <p>So klingen die Quellen des Rheins hinunter, dann immer<lb/> neuen Quellen und Toͤnen verbunden, vom luſtigen Neckar an-<lb/> gerauſcht, ein maͤchtiger Strom, der von Mainz mit dem wein-<lb/> froͤhlichen ſingenden Mayn verbunden, nur geſchieden von ihm<lb/> durch Farbe, doppelſtimmig die vergangene Zeit in heutiger<lb/> Friſche umſchlingt, eine ſinnreiche Erinnerung fuͤr uns. Stau-<lb/> nend ſaß ich da unter den luſtigen Zechern im vollen Markt-<lb/> ſchiffe, ſah drey wunderlichen Mu<gap unit="chars" quantity="1"/>ker mit immer neuem Liede<lb/> zu, jeder ihrer Zuͤge eine alte ausgeſpielte Saite, jeder ihrer<lb/> Toͤne ein ausgebiſſen Trinkglas, ewig hin und zuruͤck geht das<lb/> Schiff, ihre Wiege, ihr Thron, ſie ſinds, die dieſe arme wuͤſte<lb/> Marktwelt (wie Kraut und Ruͤben unter einander geworfen) zu<lb/> einem wechſelnden, lauten und ſtillen Gedanken-Chore verbin-<lb/> den, daß neben ihnen die ruhigen reichern Dorfer wie unerreich-<lb/> bare Sterne und Monden, ohne Sehnſucht, ohne Preis vor-<lb/><note xml:id="note-0475" prev="#note-0474" place="foot" n="**)"><lg type="poem"><l>Wer damit nicht zufrieden, noch mehr ſehen will,</l><lb/><l>Geh grade von da aus zum Ringlſpil,</l><lb/><l>Da drehen ſich zwey und zwey</l><lb/><l>Rund herum in der Reih,</l><lb/><l>Oft ſchreien die Medeln, nicht gar ſo geſchwind,</l><lb/><l>Es iſt nicht wegen meiner, es iſt wegens Kind.</l></lg><lb/><p>Das Verhaͤltniß dieſer Lieder zu den Nationalopern der dortigen<lb/> Vorſtaͤdte, wird ſchon aus dieſen Proben fuͤhlbar, die meiſten dieſer<lb/> Singeſpiele ſind der Anlage nach ſchoͤn, ungeſchickt und leer in der<lb/> Sprache, gewoͤhnlich aber nur durch Fortſetzungen unangenehm.</p></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [456[466]/0475]
Vom Tanze verlaſſen in der Sommereinſamkeit, zu einfach
anderer Kunſt ſingt der Hirte an den Quellen des Rheins dem
ewigen Schnee zu:
Iſt noch ein Menſch auf Erden,
So moͤcht ich bey ihm ſeyn.
So klingen die Quellen des Rheins hinunter, dann immer
neuen Quellen und Toͤnen verbunden, vom luſtigen Neckar an-
gerauſcht, ein maͤchtiger Strom, der von Mainz mit dem wein-
froͤhlichen ſingenden Mayn verbunden, nur geſchieden von ihm
durch Farbe, doppelſtimmig die vergangene Zeit in heutiger
Friſche umſchlingt, eine ſinnreiche Erinnerung fuͤr uns. Stau-
nend ſaß ich da unter den luſtigen Zechern im vollen Markt-
ſchiffe, ſah drey wunderlichen Mu_ker mit immer neuem Liede
zu, jeder ihrer Zuͤge eine alte ausgeſpielte Saite, jeder ihrer
Toͤne ein ausgebiſſen Trinkglas, ewig hin und zuruͤck geht das
Schiff, ihre Wiege, ihr Thron, ſie ſinds, die dieſe arme wuͤſte
Marktwelt (wie Kraut und Ruͤben unter einander geworfen) zu
einem wechſelnden, lauten und ſtillen Gedanken-Chore verbin-
den, daß neben ihnen die ruhigen reichern Dorfer wie unerreich-
bare Sterne und Monden, ohne Sehnſucht, ohne Preis vor-
**)
**) Wer damit nicht zufrieden, noch mehr ſehen will,
Geh grade von da aus zum Ringlſpil,
Da drehen ſich zwey und zwey
Rund herum in der Reih,
Oft ſchreien die Medeln, nicht gar ſo geſchwind,
Es iſt nicht wegen meiner, es iſt wegens Kind.
Das Verhaͤltniß dieſer Lieder zu den Nationalopern der dortigen
Vorſtaͤdte, wird ſchon aus dieſen Proben fuͤhlbar, die meiſten dieſer
Singeſpiele ſind der Anlage nach ſchoͤn, ungeſchickt und leer in der
Sprache, gewoͤhnlich aber nur durch Fortſetzungen unangenehm.
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