Kannst Du dir keinen Begriff machen, mit welchem Jubel die Mutter mich aufnahm! so wie ich hereinkam, jagte sie alle fort, die bei ihr waren. Nun, Ihr Her- ren, sagte sie, hier kommt jemand, der mit mir zu spre- chen hat, und so mußten alle zum Tempel hinaus. Wie wir allein waren sollte ich erzählen, -- da wußt' ich nichts. Aber wie war's wie Du ankamst? -- ganz mi- serabel Wetter; -- vom Wetter will ich nichts wissen; -- vom Wolfgang, wie war's, wie Du hereinkamst? Ich kam nicht, er kam; -- nun wohin? -- in den Ele- phanten, um Mitternacht drei Treppen hoch; alles schlief schon fest, die Lampen auf dem Flur ausgelöscht, das Thor verschlossen, und der Wirth hatte den Schlüssel schon unterm Kopfkissen, und schnarchte tüchtig. -- Nun wie kam er denn da herein? -- Er klingelte zwei- mal, und wie er zum drittenmal recht lang an der Glocke zog, da machten sie ihm auf. -- Und Du? -- ich in meiner Dachstube merkte nichts davon; Meline lag schon lange und schlief im Alkoven mit vorgezog- nen Vorhängen; ich lag auf dem Sopha, und hatte die Hände über'm Kopf gefaltet, und sah, wie der Schein
An Goethe.
Am 21ſten Auguſt.
Kannſt Du dir keinen Begriff machen, mit welchem Jubel die Mutter mich aufnahm! ſo wie ich hereinkam, jagte ſie alle fort, die bei ihr waren. Nun, Ihr Her- ren, ſagte ſie, hier kommt jemand, der mit mir zu ſpre- chen hat, und ſo mußten alle zum Tempel hinaus. Wie wir allein waren ſollte ich erzählen, — da wußt' ich nichts. Aber wie war's wie Du ankamſt? — ganz mi- ſerabel Wetter; — vom Wetter will ich nichts wiſſen; — vom Wolfgang, wie war's, wie Du hereinkamſt? Ich kam nicht, er kam; — nun wohin? — in den Ele- phanten, um Mitternacht drei Treppen hoch; alles ſchlief ſchon feſt, die Lampen auf dem Flur ausgelöſcht, das Thor verſchloſſen, und der Wirth hatte den Schlüſſel ſchon unterm Kopfkiſſen, und ſchnarchte tüchtig. — Nun wie kam er denn da herein? — Er klingelte zwei- mal, und wie er zum drittenmal recht lang an der Glocke zog, da machten ſie ihm auf. — Und Du? — ich in meiner Dachſtube merkte nichts davon; Meline lag ſchon lange und ſchlief im Alkoven mit vorgezog- nen Vorhängen; ich lag auf dem Sopha, und hatte die Hände über'm Kopf gefaltet, und ſah, wie der Schein
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An Goethe.
Am 21ſten Auguſt.
Kannſt Du dir keinen Begriff machen, mit welchem
Jubel die Mutter mich aufnahm! ſo wie ich hereinkam,
jagte ſie alle fort, die bei ihr waren. Nun, Ihr Her-
ren, ſagte ſie, hier kommt jemand, der mit mir zu ſpre-
chen hat, und ſo mußten alle zum Tempel hinaus. Wie
wir allein waren ſollte ich erzählen, — da wußt' ich
nichts. Aber wie war's wie Du ankamſt? — ganz mi-
ſerabel Wetter; — vom Wetter will ich nichts wiſſen;
— vom Wolfgang, wie war's, wie Du hereinkamſt?
Ich kam nicht, er kam; — nun wohin? — in den Ele-
phanten, um Mitternacht drei Treppen hoch; alles ſchlief
ſchon feſt, die Lampen auf dem Flur ausgelöſcht, das
Thor verſchloſſen, und der Wirth hatte den Schlüſſel
ſchon unterm Kopfkiſſen, und ſchnarchte tüchtig. — Nun
wie kam er denn da herein? — Er klingelte zwei-
mal, und wie er zum drittenmal recht lang an der
Glocke zog, da machten ſie ihm auf. — Und Du? —
ich in meiner Dachſtube merkte nichts davon; Meline
lag ſchon lange und ſchlief im Alkoven mit vorgezog-
nen Vorhängen; ich lag auf dem Sopha, und hatte die
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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