Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

zufrieden rathen solle, ich errathe daraus meine Rechte;
meine Anerkenntniß, meinen Lohn und die Bekräftigung
unsers Bundes, und werde jeden Tag deine Liebe neu
errathen, verbrenne mich immer, wenn Du mich zugleich
umfangen und spiegeln willst in deinem Geist, und ver-
eint mit mir, gern genennt sein willst.

Wenn Dir die Mutter schreibt, so macht sie den
Bericht allemal zu ihrem Vortheil, die Geschichte war
so: Ein buntes Röckchen, mit Streifen und Blumen
durchwürkt, und ein Flormützchen mit silbernen Blüm-
chen geschmückt, holte sie aus dem großen Tafelschrank,
und zeigte sie mir als deinen ersten Anzug, in dem Du
in die Kirche und zu den Pathen getragen wurdest. Bei
dieser Gelegenheit hörte ich die genaue Geschichte deiner
Geburt, die ich gleich aufschrieb. Da fand sich denn
auch der kleine Frankfurther Rathsherr mit der Alonge-
perücke! -- sie war sehr erfreut über diesen Fund und
erzählte mir, daß man sie ihnen geschenkt habe, wie ihr
Vater Syndikus geworden war. Die Schnallen an den
Schuhen sind von Gold, wie auch der Degen und die
Perlen-Quasten am Halsschmuck sind echt; ich hätte den
kleinen Kerl gar zu gern gehabt. Sie meinte er müsse
deinen Nachkommen aufbewahrt bleiben, und so kam's,

zufrieden rathen ſolle, ich errathe daraus meine Rechte;
meine Anerkenntniß, meinen Lohn und die Bekräftigung
unſers Bundes, und werde jeden Tag deine Liebe neu
errathen, verbrenne mich immer, wenn Du mich zugleich
umfangen und ſpiegeln willſt in deinem Geiſt, und ver-
eint mit mir, gern genennt ſein willſt.

Wenn Dir die Mutter ſchreibt, ſo macht ſie den
Bericht allemal zu ihrem Vortheil, die Geſchichte war
ſo: Ein buntes Röckchen, mit Streifen und Blumen
durchwürkt, und ein Flormützchen mit ſilbernen Blüm-
chen geſchmückt, holte ſie aus dem großen Tafelſchrank,
und zeigte ſie mir als deinen erſten Anzug, in dem Du
in die Kirche und zu den Pathen getragen wurdeſt. Bei
dieſer Gelegenheit hörte ich die genaue Geſchichte deiner
Geburt, die ich gleich aufſchrieb. Da fand ſich denn
auch der kleine Frankfurther Rathsherr mit der Alonge-
perücke! — ſie war ſehr erfreut über dieſen Fund und
erzählte mir, daß man ſie ihnen geſchenkt habe, wie ihr
Vater Syndikus geworden war. Die Schnallen an den
Schuhen ſind von Gold, wie auch der Degen und die
Perlen-Quaſten am Halsſchmuck ſind echt; ich hätte den
kleinen Kerl gar zu gern gehabt. Sie meinte er müſſe
deinen Nachkommen aufbewahrt bleiben, und ſo kam's,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="354"/>
zufrieden rathen &#x017F;olle, ich errathe daraus meine Rechte;<lb/>
meine Anerkenntniß, meinen Lohn und die Bekräftigung<lb/>
un&#x017F;ers Bundes, und werde jeden Tag deine Liebe neu<lb/>
errathen, verbrenne mich immer, wenn Du mich zugleich<lb/>
umfangen und &#x017F;piegeln will&#x017F;t in deinem Gei&#x017F;t, und ver-<lb/>
eint mit mir, gern genennt &#x017F;ein will&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Wenn Dir die Mutter &#x017F;chreibt, &#x017F;o macht &#x017F;ie den<lb/>
Bericht allemal zu ihrem Vortheil, die Ge&#x017F;chichte war<lb/>
&#x017F;o: Ein buntes Röckchen, mit Streifen und Blumen<lb/>
durchwürkt, und ein Flormützchen mit &#x017F;ilbernen Blüm-<lb/>
chen ge&#x017F;chmückt, holte &#x017F;ie aus dem großen Tafel&#x017F;chrank,<lb/>
und zeigte &#x017F;ie mir als deinen er&#x017F;ten Anzug, in dem Du<lb/>
in die Kirche und zu den Pathen getragen wurde&#x017F;t. Bei<lb/>
die&#x017F;er Gelegenheit hörte ich die genaue Ge&#x017F;chichte deiner<lb/>
Geburt, die ich gleich auf&#x017F;chrieb. Da fand &#x017F;ich denn<lb/>
auch der kleine Frankfurther Rathsherr mit der Alonge-<lb/>
perücke! &#x2014; &#x017F;ie war &#x017F;ehr erfreut über die&#x017F;en Fund und<lb/>
erzählte mir, daß man &#x017F;ie ihnen ge&#x017F;chenkt habe, wie ihr<lb/>
Vater Syndikus geworden war. Die Schnallen an den<lb/>
Schuhen &#x017F;ind von Gold, wie auch der Degen und die<lb/>
Perlen-Qua&#x017F;ten am Hals&#x017F;chmuck &#x017F;ind echt; ich hätte den<lb/>
kleinen Kerl gar zu gern gehabt. Sie meinte er mü&#x017F;&#x017F;e<lb/>
deinen Nachkommen aufbewahrt bleiben, und &#x017F;o kam's,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0386] zufrieden rathen ſolle, ich errathe daraus meine Rechte; meine Anerkenntniß, meinen Lohn und die Bekräftigung unſers Bundes, und werde jeden Tag deine Liebe neu errathen, verbrenne mich immer, wenn Du mich zugleich umfangen und ſpiegeln willſt in deinem Geiſt, und ver- eint mit mir, gern genennt ſein willſt. Wenn Dir die Mutter ſchreibt, ſo macht ſie den Bericht allemal zu ihrem Vortheil, die Geſchichte war ſo: Ein buntes Röckchen, mit Streifen und Blumen durchwürkt, und ein Flormützchen mit ſilbernen Blüm- chen geſchmückt, holte ſie aus dem großen Tafelſchrank, und zeigte ſie mir als deinen erſten Anzug, in dem Du in die Kirche und zu den Pathen getragen wurdeſt. Bei dieſer Gelegenheit hörte ich die genaue Geſchichte deiner Geburt, die ich gleich aufſchrieb. Da fand ſich denn auch der kleine Frankfurther Rathsherr mit der Alonge- perücke! — ſie war ſehr erfreut über dieſen Fund und erzählte mir, daß man ſie ihnen geſchenkt habe, wie ihr Vater Syndikus geworden war. Die Schnallen an den Schuhen ſind von Gold, wie auch der Degen und die Perlen-Quaſten am Halsſchmuck ſind echt; ich hätte den kleinen Kerl gar zu gern gehabt. Sie meinte er müſſe deinen Nachkommen aufbewahrt bleiben, und ſo kam's,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/386
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/386>, abgerufen am 21.11.2024.