[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Finsterniß, sie webten und schwebten bis an mich heran. Ich öffnete die Augen, und sah die wunderlichen, Finſterniß, ſie webten und ſchwebten bis an mich heran. Ich öffnete die Augen, und ſah die wunderlichen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0121" n="111"/> Finſterniß, ſie webten und ſchwebten bis an mich heran.<lb/> Ich wickelte mich in den Fenſtervorhang vor dieſen<lb/> Scheinweſen in der dunklen Kammer, ich drückte die<lb/> Augen zu und träumte in mich hinein, da war ein<lb/> freundlich Zureden in mir, ich ſolle an die Kloſtermauer<lb/> gehen, wo die Geiſter ſpuken. Es war acht Uhr Abends,<lb/> ich überlegte, wie ich's wagen ſolle, in dieſer Stunde<lb/> einen einſamen weiten Weg zu gehen, den ich nicht ge-<lb/> nau kannte und den ich ſelbſt bei Tag' nicht allein<lb/> machen würde. — Es zog mich immer tiefer in einen<lb/> vertrauten, abgeſchloſſenen Kreis; die Stimmen der<lb/> Spielenden vernahm ich wie aus weiter Ferne, wie eine<lb/> fremde Welt, die außer meinem Kreis ſich rege.</p><lb/> <p>Ich öffnete die Augen, und ſah die wunderlichen,<lb/> unauflösbaren Räthſelgeſichter der Spielenden dort ſiz-<lb/> zen, vom hellen Kerzenſchein beleuchtet; ich hörte die<lb/> Ausrufungen des L'Hombreſpiels wie Bannſprüche und<lb/> Zauberformeln, dieſe Menſchen mit ihrem wunderlichen<lb/> Beginnen waren geſpenſterhaft, ihre Kleidung, ihre Ge-<lb/> bärden unverſtändlich, grauſenerregend; der Spuk war<lb/> mir zu nahe gekommen, ich ſchlich mich leiſe hinaus.<lb/> Auf der Hoftreppe athmete ich wieder frei, da lag der<lb/> reine Schneeteppich zu meinen Füßen, und deckte ſanft<lb/> anſchwellend alle Unebenheiten, da breiteten die bereiften<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0121]
Finſterniß, ſie webten und ſchwebten bis an mich heran.
Ich wickelte mich in den Fenſtervorhang vor dieſen
Scheinweſen in der dunklen Kammer, ich drückte die
Augen zu und träumte in mich hinein, da war ein
freundlich Zureden in mir, ich ſolle an die Kloſtermauer
gehen, wo die Geiſter ſpuken. Es war acht Uhr Abends,
ich überlegte, wie ich's wagen ſolle, in dieſer Stunde
einen einſamen weiten Weg zu gehen, den ich nicht ge-
nau kannte und den ich ſelbſt bei Tag' nicht allein
machen würde. — Es zog mich immer tiefer in einen
vertrauten, abgeſchloſſenen Kreis; die Stimmen der
Spielenden vernahm ich wie aus weiter Ferne, wie eine
fremde Welt, die außer meinem Kreis ſich rege.
Ich öffnete die Augen, und ſah die wunderlichen,
unauflösbaren Räthſelgeſichter der Spielenden dort ſiz-
zen, vom hellen Kerzenſchein beleuchtet; ich hörte die
Ausrufungen des L'Hombreſpiels wie Bannſprüche und
Zauberformeln, dieſe Menſchen mit ihrem wunderlichen
Beginnen waren geſpenſterhaft, ihre Kleidung, ihre Ge-
bärden unverſtändlich, grauſenerregend; der Spuk war
mir zu nahe gekommen, ich ſchlich mich leiſe hinaus.
Auf der Hoftreppe athmete ich wieder frei, da lag der
reine Schneeteppich zu meinen Füßen, und deckte ſanft
anſchwellend alle Unebenheiten, da breiteten die bereiften
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