Galopp die furchtbare Stille der Straße unterbrechen, die Furcht im Keller stieg, man dachte jedoch nicht daran, daß ich verletzt werden könne, und ich auch nicht; ich sprach nicht aus, daß ich mich nicht fürchte, und fühlte auch nicht, daß ich Gefahr lief, und so überkam ich das schöne Amt, alle zu bedienen, für alle Bedürfnisse zu sorgen. Ich hörte verschiedentlich die Reiter vor- übersprengen. "Daß mag ein Rothmantel sein!" dachte ich, lief eilig an's Fenster des unteren Geschosses, riß den Laden auf, -- siehe, da hielt er in der mitten Straße mit gezogenem Säbel, langem fliegendem Schnurrbart, dicken schwarzen geflochtenen Haarzöpfen, die unter der rothen Pelzmütze hervor hingen, der rothe Mantel schwebte in den Lüften, wie er die Straße hinabflog, -- alles wieder todten still! -- ein junger Mensch in Hemd- ärmeln, bloßem Kopf, todtenblaß, blutbespritzt, rennt verzweiflungsvoll hin und wieder, rasselt an den Haus- thüren, klopft an den Läden, keiner thut sich auf, mir klopft das Herz, ich winke -- er sieht es nicht. Jetzt eilt er auf mich zu, bittend, -- da ertönt der Schall eines Pferdes; er schmiegt sich in die Vertiefung des Hofthors, der Reiter, der ihn suchend verfolgt, sprengt an ihm vorbei, hält einen Augenblick, späht in die Ferne, wendet um und -- fort. O, jeder Blick, jede Bewegung
Galopp die furchtbare Stille der Straße unterbrechen, die Furcht im Keller ſtieg, man dachte jedoch nicht daran, daß ich verletzt werden könne, und ich auch nicht; ich ſprach nicht aus, daß ich mich nicht fürchte, und fühlte auch nicht, daß ich Gefahr lief, und ſo überkam ich das ſchöne Amt, alle zu bedienen, für alle Bedürfniſſe zu ſorgen. Ich hörte verſchiedentlich die Reiter vor- überſprengen. „Daß mag ein Rothmantel ſein!“ dachte ich, lief eilig an's Fenſter des unteren Geſchoſſes, riß den Laden auf, — ſiehe, da hielt er in der mitten Straße mit gezogenem Säbel, langem fliegendem Schnurrbart, dicken ſchwarzen geflochtenen Haarzöpfen, die unter der rothen Pelzmütze hervor hingen, der rothe Mantel ſchwebte in den Lüften, wie er die Straße hinabflog, — alles wieder todten ſtill! — ein junger Menſch in Hemd- ärmeln, bloßem Kopf, todtenblaß, blutbeſpritzt, rennt verzweiflungsvoll hin und wieder, raſſelt an den Haus- thüren, klopft an den Läden, keiner thut ſich auf, mir klopft das Herz, ich winke — er ſieht es nicht. Jetzt eilt er auf mich zu, bittend, — da ertönt der Schall eines Pferdes; er ſchmiegt ſich in die Vertiefung des Hofthors, der Reiter, der ihn ſuchend verfolgt, ſprengt an ihm vorbei, hält einen Augenblick, ſpäht in die Ferne, wendet um und — fort. O, jeder Blick, jede Bewegung
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Galopp die furchtbare Stille der Straße unterbrechen,
die Furcht im Keller ſtieg, man dachte jedoch nicht daran,
daß ich verletzt werden könne, und ich auch nicht; ich
ſprach nicht aus, daß ich mich nicht fürchte, und fühlte
auch nicht, daß ich Gefahr lief, und ſo überkam ich
das ſchöne Amt, alle zu bedienen, für alle Bedürfniſſe
zu ſorgen. Ich hörte verſchiedentlich die Reiter vor-
überſprengen. „Daß mag ein Rothmantel ſein!“ dachte
ich, lief eilig an's Fenſter des unteren Geſchoſſes, riß
den Laden auf, — ſiehe, da hielt er in der mitten Straße
mit gezogenem Säbel, langem fliegendem Schnurrbart,
dicken ſchwarzen geflochtenen Haarzöpfen, die unter der
rothen Pelzmütze hervor hingen, der rothe Mantel
ſchwebte in den Lüften, wie er die Straße hinabflog, —
alles wieder todten ſtill! — ein junger Menſch in Hemd-
ärmeln, bloßem Kopf, todtenblaß, blutbeſpritzt, rennt
verzweiflungsvoll hin und wieder, raſſelt an den Haus-
thüren, klopft an den Läden, keiner thut ſich auf, mir
klopft das Herz, ich winke — er ſieht es nicht. Jetzt
eilt er auf mich zu, bittend, — da ertönt der Schall
eines Pferdes; er ſchmiegt ſich in die Vertiefung des
Hofthors, der Reiter, der ihn ſuchend verfolgt, ſprengt
an ihm vorbei, hält einen Augenblick, ſpäht in die Ferne,
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/141>, abgerufen am 10.05.2024.
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