Geist ist ein Spiegel, der ist voll himmlischem Reiz, -- jeder Thautropfen am Weg sagt mir, ich gefalle mei¬ nem -- ihm, was brauchts mehr, wem sollt ich noch gefallen wollen außer ihm? -- Nein glaubs doch nur, er ist wirklich! er schreitet so leicht, er entschwindet mit jedem Tritt, aber er ist gleich wieder da! -- Wie sich das Licht im Auge spiegelt, mich blendend deckt es sich im Schatten, dann faßt es wieder Licht, dann schwin¬ delts, es sieht den Strahl verschweben, doch leuchtet der fernhin wieder auf, das Auge sucht ihn, es hat ihn schon gefunden, dann schließt sichs und siehet innerlich, das ist ein still Genießen. -- O ich weiß alles! -- ich weiß zu lieben, aber nur den Genius. -- Keiner darf wissen das Geheimniß, was sich im Feuerkreis um mich schwingt. -- Wenn ich so da steh, still -- mit geschlosse¬ nen Armen. -- Und der Blick, den nennt die Gro߬ mama starr; -- Mädele was starrst, -- sollt man glauben. Du wärst außer der Welt entrückt. -- Ich fuhr auf -- da lacht sie. -- "Gutes Kind wo bischt? -- bischt beim Schutzengel?" -- und zieht meine Hand an ihre Brust, -- "so sagen die Schwaben, wenn einer so in sich verstummt." -- Ich wollts bejahen und konnt doch nicht. -- Der ruft mir: Schweig! -- und sollt ich einen Laut thun? -- ? -- Nein er sagt: Schweig! das
Geiſt iſt ein Spiegel, der iſt voll himmliſchem Reiz, — jeder Thautropfen am Weg ſagt mir, ich gefalle mei¬ nem — ihm, was brauchts mehr, wem ſollt ich noch gefallen wollen außer ihm? — Nein glaubs doch nur, er iſt wirklich! er ſchreitet ſo leicht, er entſchwindet mit jedem Tritt, aber er iſt gleich wieder da! — Wie ſich das Licht im Auge ſpiegelt, mich blendend deckt es ſich im Schatten, dann faßt es wieder Licht, dann ſchwin¬ delts, es ſieht den Strahl verſchweben, doch leuchtet der fernhin wieder auf, das Auge ſucht ihn, es hat ihn ſchon gefunden, dann ſchließt ſichs und ſiehet innerlich, das iſt ein ſtill Genießen. — O ich weiß alles! — ich weiß zu lieben, aber nur den Genius. — Keiner darf wiſſen das Geheimniß, was ſich im Feuerkreis um mich ſchwingt. — Wenn ich ſo da ſteh, ſtill — mit geſchloſſe¬ nen Armen. — Und der Blick, den nennt die Gro߬ mama ſtarr; — Mädele was ſtarrſt, — ſollt man glauben. Du wärſt außer der Welt entrückt. — Ich fuhr auf — da lacht ſie. — „Gutes Kind wo biſcht? — biſcht beim Schutzengel?“ — und zieht meine Hand an ihre Bruſt, — „ſo ſagen die Schwaben, wenn einer ſo in ſich verſtummt.“ — Ich wollts bejahen und konnt doch nicht. — Der ruft mir: Schweig! — und ſollt ich einen Laut thun? — ? — Nein er ſagt: Schweig! das
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Geiſt iſt ein Spiegel, der iſt voll himmliſchem Reiz, —
jeder Thautropfen am Weg ſagt mir, ich gefalle mei¬
nem — ihm, was brauchts mehr, wem ſollt ich noch
gefallen wollen außer ihm? — Nein glaubs doch nur,
er iſt wirklich! er ſchreitet ſo leicht, er entſchwindet mit
jedem Tritt, aber er iſt gleich wieder da! — Wie ſich
das Licht im Auge ſpiegelt, mich blendend deckt es ſich
im Schatten, dann faßt es wieder Licht, dann ſchwin¬
delts, es ſieht den Strahl verſchweben, doch leuchtet
der fernhin wieder auf, das Auge ſucht ihn, es hat ihn
ſchon gefunden, dann ſchließt ſichs und ſiehet innerlich,
das iſt ein ſtill Genießen. — O ich weiß alles! — ich
weiß zu lieben, aber nur den Genius. — Keiner darf
wiſſen das Geheimniß, was ſich im Feuerkreis um mich
ſchwingt. — Wenn ich ſo da ſteh, ſtill — mit geſchloſſe¬
nen Armen. — Und der Blick, den nennt die Gro߬
mama ſtarr; — Mädele was ſtarrſt, — ſollt man
glauben. Du wärſt außer der Welt entrückt. — Ich
fuhr auf — da lacht ſie. — „Gutes Kind wo biſcht?
— biſcht beim Schutzengel?“ — und zieht meine Hand
an ihre Bruſt, — „ſo ſagen die Schwaben, wenn einer
ſo in ſich verſtummt.“ — Ich wollts bejahen und konnt
doch nicht. — Der ruft mir: Schweig! — und ſollt ich
einen Laut thun? — ? — Nein er ſagt: Schweig! das
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/205>, abgerufen am 23.11.2024.
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