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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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ses Zeichen -- alle zugleich einstimmen: jetzt ists ge¬
nug! --

Ach wie ists doch da in der Brust? -- ja gesteh! --
ist sie nicht das Meer, die Musik? -- und Er, der Bee¬
thoven, ist Er es nicht der ihm gebietet? -- Und fühlst
nicht auch hier: das Göttliche, was den Geist des Erschaf¬
fens giebt, sei die ungebändigte Leidenschaft? -- Und
glaubst nicht, daß Gottes Geist sei nur lauter Leiden¬
schaft? -- Was ist Leidenschaft, als erhöhtes Leben
durchs Gefühl das Göttliche sei Dir nah, Du könnest
es erreichen, Du könnest zusammenströmen mit ihm? --
Was ist Dein Glück, Dein Seelenleben, als Leidenschaft,
und wie erhöht sich Deines Wirkens Kraft, welche Of¬
fenbarungen thun sich auf in Deiner Brust, von denen
Du vorher noch nicht geträumt hattest? Was ist Dir
zu schwer? -- welches Deiner Glieder würde sich nicht re¬
gen in ihrem Dienst, -- wo bleibt Dein Durst, Dein Hun¬
ger? -- siehst Du wohl, da fängst Du schon an von
der Luft zu leben; leicht wie ein Vogel übersteigst Du,
Unersteigliches, und in die Ferne hinüber sendest Du
Deiner Unsterblichkeit Flammen, und sie entzünden Ewi¬
ges, und es weiht sich Deinem Dienst, ergießt sich auch
in Leidenschaftsströmen, in den großen Ocean über dem

ſes Zeichen — alle zugleich einſtimmen: jetzt iſts ge¬
nug! —

Ach wie iſts doch da in der Bruſt? — ja geſteh! —
iſt ſie nicht das Meer, die Muſik? — und Er, der Bee¬
thoven, iſt Er es nicht der ihm gebietet? — Und fühlſt
nicht auch hier: das Göttliche, was den Geiſt des Erſchaf¬
fens giebt, ſei die ungebändigte Leidenſchaft? — Und
glaubſt nicht, daß Gottes Geiſt ſei nur lauter Leiden¬
ſchaft? — Was iſt Leidenſchaft, als erhöhtes Leben
durchs Gefühl das Göttliche ſei Dir nah, Du könneſt
es erreichen, Du könneſt zuſammenſtrömen mit ihm? —
Was iſt Dein Glück, Dein Seelenleben, als Leidenſchaft,
und wie erhöht ſich Deines Wirkens Kraft, welche Of¬
fenbarungen thun ſich auf in Deiner Bruſt, von denen
Du vorher noch nicht geträumt hatteſt? Was iſt Dir
zu ſchwer? — welches Deiner Glieder würde ſich nicht re¬
gen in ihrem Dienſt, — wo bleibt Dein Durſt, Dein Hun¬
ger? — ſiehſt Du wohl, da fängſt Du ſchon an von
der Luft zu leben; leicht wie ein Vogel überſteigſt Du,
Unerſteigliches, und in die Ferne hinüber ſendeſt Du
Deiner Unſterblichkeit Flammen, und ſie entzünden Ewi¬
ges, und es weiht ſich Deinem Dienſt, ergießt ſich auch
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[302/0318] ſes Zeichen — alle zugleich einſtimmen: jetzt iſts ge¬ nug! — Ach wie iſts doch da in der Bruſt? — ja geſteh! — iſt ſie nicht das Meer, die Muſik? — und Er, der Bee¬ thoven, iſt Er es nicht der ihm gebietet? — Und fühlſt nicht auch hier: das Göttliche, was den Geiſt des Erſchaf¬ fens giebt, ſei die ungebändigte Leidenſchaft? — Und glaubſt nicht, daß Gottes Geiſt ſei nur lauter Leiden¬ ſchaft? — Was iſt Leidenſchaft, als erhöhtes Leben durchs Gefühl das Göttliche ſei Dir nah, Du könneſt es erreichen, Du könneſt zuſammenſtrömen mit ihm? — Was iſt Dein Glück, Dein Seelenleben, als Leidenſchaft, und wie erhöht ſich Deines Wirkens Kraft, welche Of¬ fenbarungen thun ſich auf in Deiner Bruſt, von denen Du vorher noch nicht geträumt hatteſt? Was iſt Dir zu ſchwer? — welches Deiner Glieder würde ſich nicht re¬ gen in ihrem Dienſt, — wo bleibt Dein Durſt, Dein Hun¬ ger? — ſiehſt Du wohl, da fängſt Du ſchon an von der Luft zu leben; leicht wie ein Vogel überſteigſt Du, Unerſteigliches, und in die Ferne hinüber ſendeſt Du Deiner Unſterblichkeit Flammen, und ſie entzünden Ewi¬ ges, und es weiht ſich Deinem Dienſt, ergießt ſich auch in Leidenſchaftsſtrömen, in den großen Ocean über dem

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/318>, abgerufen am 22.11.2024.