Deinen Beruf mich zu leiten mich zu lehren mit einer innern Stimme zusammentönend, die mich eben mahnt wie Du; aber der Drang mich meiner Leidenschaft zu überlassen ist so mächtig in mir daß ich glaub eine so starke Stimme überwinden zu wollen ist Unsinn! Nicht möglich, -- nein nicht möglich ist mirs auf irgend etwas auch nur mehr acht zu geben als nur im Vorüberschif¬ fen, so wie man die Ufer kommen und schwinden sieht; -- mein Blick fängt sie auf und fasset sie scharf daß ich sie fest mir einpräge, aber im innern Gefühl nur vorüberstreifend. Das Weiterziehen liegt mir im Herzen, das Abschiednehmen wo ich kaum anlange, liegt schon im Willkomm; und das geringste was meine Fahrt belangt seis nur ein Schiffsseil theeren, thu ich mit mehr Genuß als an jenen Ufern der Kunst und des Wissens mich aufhalten; sollte ihr Sand auch lauter Gold sein, ihre Felsen Diamant und ihr Thau Perlen. -- Und wo will ich hin? -- auf die Insel, wos Äpfel und Birn giebt hätt ich bald gesagt. -- Aber ja freilich -- dorthin wos Moos duftet, wos Blüthen reg¬ net, wo die Himmelslüfte sprechen, wo der Sommerwind die Äste schüttelt, wo die Wälder die Nacht in ihren Schatten hüten, daß sie sich gefangen giebt so lange
Deinen Beruf mich zu leiten mich zu lehren mit einer innern Stimme zuſammentönend, die mich eben mahnt wie Du; aber der Drang mich meiner Leidenſchaft zu überlaſſen iſt ſo mächtig in mir daß ich glaub eine ſo ſtarke Stimme überwinden zu wollen iſt Unſinn! Nicht möglich, — nein nicht möglich iſt mirs auf irgend etwas auch nur mehr acht zu geben als nur im Vorüberſchif¬ fen, ſo wie man die Ufer kommen und ſchwinden ſieht; — mein Blick fängt ſie auf und faſſet ſie ſcharf daß ich ſie feſt mir einpräge, aber im innern Gefühl nur vorüberſtreifend. Das Weiterziehen liegt mir im Herzen, das Abſchiednehmen wo ich kaum anlange, liegt ſchon im Willkomm; und das geringſte was meine Fahrt belangt ſeis nur ein Schiffsſeil theeren, thu ich mit mehr Genuß als an jenen Ufern der Kunſt und des Wiſſens mich aufhalten; ſollte ihr Sand auch lauter Gold ſein, ihre Felſen Diamant und ihr Thau Perlen. — Und wo will ich hin? — auf die Inſel, wos Äpfel und Birn giebt hätt ich bald geſagt. — Aber ja freilich — dorthin wos Moos duftet, wos Blüthen reg¬ net, wo die Himmelslüfte ſprechen, wo der Sommerwind die Äſte ſchüttelt, wo die Wälder die Nacht in ihren Schatten hüten, daß ſie ſich gefangen giebt ſo lange
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0320"n="304"/>
Deinen Beruf mich zu leiten mich zu lehren mit einer<lb/>
innern Stimme zuſammentönend, die mich eben mahnt<lb/>
wie Du; aber der Drang mich meiner Leidenſchaft zu<lb/>
überlaſſen iſt ſo mächtig in mir daß ich glaub eine ſo<lb/>ſtarke Stimme überwinden zu wollen iſt Unſinn! Nicht<lb/>
möglich, — nein nicht möglich iſt mirs auf irgend etwas<lb/>
auch nur mehr acht zu geben als nur im Vorüberſchif¬<lb/>
fen, ſo wie man die Ufer kommen und ſchwinden ſieht;<lb/>— mein Blick fängt ſie auf und faſſet ſie ſcharf daß<lb/>
ich ſie feſt mir einpräge, aber im innern Gefühl<lb/>
nur vorüberſtreifend. Das Weiterziehen liegt mir im<lb/>
Herzen, das Abſchiednehmen wo ich kaum anlange,<lb/>
liegt ſchon im Willkomm; und das geringſte was<lb/>
meine Fahrt belangt ſeis nur ein Schiffsſeil theeren,<lb/>
thu ich mit mehr Genuß als an jenen Ufern der Kunſt<lb/>
und des Wiſſens mich aufhalten; ſollte ihr Sand auch<lb/>
lauter Gold ſein, ihre Felſen Diamant und ihr Thau<lb/>
Perlen. — Und wo will ich hin? — auf die Inſel, wos<lb/>
Äpfel und Birn giebt hätt ich bald geſagt. — Aber ja<lb/>
freilich — dorthin wos Moos duftet, wos Blüthen reg¬<lb/>
net, wo die Himmelslüfte ſprechen, wo der Sommerwind<lb/>
die Äſte ſchüttelt, wo die Wälder die Nacht in ihren<lb/>
Schatten hüten, daß ſie ſich gefangen giebt ſo lange<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[304/0320]
Deinen Beruf mich zu leiten mich zu lehren mit einer
innern Stimme zuſammentönend, die mich eben mahnt
wie Du; aber der Drang mich meiner Leidenſchaft zu
überlaſſen iſt ſo mächtig in mir daß ich glaub eine ſo
ſtarke Stimme überwinden zu wollen iſt Unſinn! Nicht
möglich, — nein nicht möglich iſt mirs auf irgend etwas
auch nur mehr acht zu geben als nur im Vorüberſchif¬
fen, ſo wie man die Ufer kommen und ſchwinden ſieht;
— mein Blick fängt ſie auf und faſſet ſie ſcharf daß
ich ſie feſt mir einpräge, aber im innern Gefühl
nur vorüberſtreifend. Das Weiterziehen liegt mir im
Herzen, das Abſchiednehmen wo ich kaum anlange,
liegt ſchon im Willkomm; und das geringſte was
meine Fahrt belangt ſeis nur ein Schiffsſeil theeren,
thu ich mit mehr Genuß als an jenen Ufern der Kunſt
und des Wiſſens mich aufhalten; ſollte ihr Sand auch
lauter Gold ſein, ihre Felſen Diamant und ihr Thau
Perlen. — Und wo will ich hin? — auf die Inſel, wos
Äpfel und Birn giebt hätt ich bald geſagt. — Aber ja
freilich — dorthin wos Moos duftet, wos Blüthen reg¬
net, wo die Himmelslüfte ſprechen, wo der Sommerwind
die Äſte ſchüttelt, wo die Wälder die Nacht in ihren
Schatten hüten, daß ſie ſich gefangen giebt ſo lange
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/320>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.