Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

len, sie halten mich ja doch für ein Kind, weil ich keine
Gesellschaftsmanieren hab; Ball werfen, um die Wett
laufen; -- aber so einem Prinzeßchen ist nicht beizu¬
kommen; da ist eine Frau von Gundlach die führt das
Regiment, und Kammerfrauen die begleiten es. Dann
ist mirs auch nicht möglich mit einem Kind Komödie zu
spielen, ich muß mit ihm sein können unter Gottes
Schutz, nicht unter Menschenaufsicht. -- Prinzeßchen,
in Gold und Silber angethan, -- zu ihrer Geburt kommen
gute Feen die sie beschenken, -- das erfährt man in Feen¬
märchen. Was mögen sie dem feinen Kind alles ge¬
schenkt haben? -- Gaben die es noch nicht zu brauchen
weiß, wer wirds ihm lehren? -- Scheu! -- aber keine schein¬
heilige, -- ich hab sie vor allem Kinderschicksal, unent¬
faltet noch in so süßer Knospe verschlossen, man hat
auch Scheu eine junge Knospe zu berühren die der Früh¬
ling schwellt. Ein Wiegenkindchen lallt so berührsam wie
kein Gespräch mit Menschen. Nur allein mit dir ist
Sprechen lebendig, wo wir ohne Vor- und Nachurtheil,
den Gedanken uns auf die Schwingen werfen, und jauch¬
zen, und gen Himmel fahren. Um so ein Kinderschicksal
möcht ich einen Kreis ziehn, das Erdenschicksal wollt ich
aufheben von ihm, daß es ganz gleichgültig wär ob
ihm dies oder jenes zu Theil werde, und nur sein himm¬

len, ſie halten mich ja doch für ein Kind, weil ich keine
Geſellſchaftsmanieren hab; Ball werfen, um die Wett
laufen; — aber ſo einem Prinzeßchen iſt nicht beizu¬
kommen; da iſt eine Frau von Gundlach die führt das
Regiment, und Kammerfrauen die begleiten es. Dann
iſt mirs auch nicht möglich mit einem Kind Komödie zu
ſpielen, ich muß mit ihm ſein können unter Gottes
Schutz, nicht unter Menſchenaufſicht. — Prinzeßchen,
in Gold und Silber angethan, — zu ihrer Geburt kommen
gute Feen die ſie beſchenken, — das erfährt man in Feen¬
märchen. Was mögen ſie dem feinen Kind alles ge¬
ſchenkt haben? — Gaben die es noch nicht zu brauchen
weiß, wer wirds ihm lehren? — Scheu! — aber keine ſchein¬
heilige, — ich hab ſie vor allem Kinderſchickſal, unent¬
faltet noch in ſo ſüßer Knospe verſchloſſen, man hat
auch Scheu eine junge Knospe zu berühren die der Früh¬
ling ſchwellt. Ein Wiegenkindchen lallt ſo berührſam wie
kein Geſpräch mit Menſchen. Nur allein mit dir iſt
Sprechen lebendig, wo wir ohne Vor- und Nachurtheil,
den Gedanken uns auf die Schwingen werfen, und jauch¬
zen, und gen Himmel fahren. Um ſo ein Kinderſchickſal
möcht ich einen Kreis ziehn, das Erdenſchickſal wollt ich
aufheben von ihm, daß es ganz gleichgültig wär ob
ihm dies oder jenes zu Theil werde, und nur ſein himm¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="67"/>
len, &#x017F;ie halten mich ja doch für ein Kind, weil ich keine<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsmanieren hab; Ball werfen, um die Wett<lb/>
laufen; &#x2014; aber &#x017F;o einem Prinzeßchen i&#x017F;t nicht beizu¬<lb/>
kommen; da i&#x017F;t eine Frau von Gundlach die führt das<lb/>
Regiment, und Kammerfrauen die begleiten es. Dann<lb/>
i&#x017F;t mirs auch nicht möglich mit einem Kind Komödie zu<lb/>
&#x017F;pielen, ich muß mit ihm &#x017F;ein können unter Gottes<lb/>
Schutz, nicht unter Men&#x017F;chenauf&#x017F;icht. &#x2014; Prinzeßchen,<lb/>
in Gold und Silber angethan, &#x2014; zu ihrer Geburt kommen<lb/>
gute Feen die &#x017F;ie be&#x017F;chenken, &#x2014; das erfährt man in Feen¬<lb/>
märchen. Was mögen &#x017F;ie dem feinen Kind alles ge¬<lb/>
&#x017F;chenkt haben? &#x2014; Gaben die es noch nicht zu brauchen<lb/>
weiß, wer wirds ihm lehren? &#x2014; Scheu! &#x2014; aber keine &#x017F;chein¬<lb/>
heilige, &#x2014; ich hab &#x017F;ie vor allem Kinder&#x017F;chick&#x017F;al, unent¬<lb/>
faltet noch in &#x017F;o &#x017F;üßer Knospe ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, man hat<lb/>
auch Scheu eine junge Knospe zu berühren die der Früh¬<lb/>
ling &#x017F;chwellt. Ein Wiegenkindchen lallt &#x017F;o berühr&#x017F;am wie<lb/>
kein Ge&#x017F;präch mit Men&#x017F;chen. Nur allein mit dir i&#x017F;t<lb/>
Sprechen lebendig, wo wir ohne Vor- und Nachurtheil,<lb/>
den Gedanken uns auf die Schwingen werfen, und jauch¬<lb/>
zen, und gen Himmel fahren. Um &#x017F;o ein Kinder&#x017F;chick&#x017F;al<lb/>
möcht ich einen Kreis ziehn, das Erden&#x017F;chick&#x017F;al wollt ich<lb/>
aufheben von ihm, daß es ganz gleichgültig wär ob<lb/>
ihm dies oder jenes zu Theil werde, und nur &#x017F;ein himm¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0083] len, ſie halten mich ja doch für ein Kind, weil ich keine Geſellſchaftsmanieren hab; Ball werfen, um die Wett laufen; — aber ſo einem Prinzeßchen iſt nicht beizu¬ kommen; da iſt eine Frau von Gundlach die führt das Regiment, und Kammerfrauen die begleiten es. Dann iſt mirs auch nicht möglich mit einem Kind Komödie zu ſpielen, ich muß mit ihm ſein können unter Gottes Schutz, nicht unter Menſchenaufſicht. — Prinzeßchen, in Gold und Silber angethan, — zu ihrer Geburt kommen gute Feen die ſie beſchenken, — das erfährt man in Feen¬ märchen. Was mögen ſie dem feinen Kind alles ge¬ ſchenkt haben? — Gaben die es noch nicht zu brauchen weiß, wer wirds ihm lehren? — Scheu! — aber keine ſchein¬ heilige, — ich hab ſie vor allem Kinderſchickſal, unent¬ faltet noch in ſo ſüßer Knospe verſchloſſen, man hat auch Scheu eine junge Knospe zu berühren die der Früh¬ ling ſchwellt. Ein Wiegenkindchen lallt ſo berührſam wie kein Geſpräch mit Menſchen. Nur allein mit dir iſt Sprechen lebendig, wo wir ohne Vor- und Nachurtheil, den Gedanken uns auf die Schwingen werfen, und jauch¬ zen, und gen Himmel fahren. Um ſo ein Kinderſchickſal möcht ich einen Kreis ziehn, das Erdenſchickſal wollt ich aufheben von ihm, daß es ganz gleichgültig wär ob ihm dies oder jenes zu Theil werde, und nur ſein himm¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/83
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/83>, abgerufen am 15.05.2024.