Spielkameraden fändest mit so herrlichen großen Au¬ gen, mit so elfenbeinerner Stirn, und er hätte solche Momente wo die Götter aus ihm prophezeihten, aber er wär unartig und tückisch im Spiel, er biß Dir in die Hand und kratzte Dich wenn Du ihn streichelst, oder er schlüg Dich mit der Peitsche, wolltest Du blos ihn als einen tückischen Knaben achten und wolltest die frühere Idee von ihm aufgeben? -- so ließest Du ihn also laufen wegen einem Rippenstoß den er Dir gab und wolltest von der höheren Idee nicht mehr Notiz nehmen? -- ach laß Deine Rippen nicht so empfindlich sein! Thuts doch Gott nicht! -- Er hält sich an das Hohe im Menschen und alles andre ist nicht für Gott da. -- So soll auch alles nicht für Dich da sein, wie blos das Gute, und wenn es Dir auch gar nicht mehr aufleuchtet, so sollst Du dennoch von ihm wissen und dran glauben. --
Entlasse ihn nicht liebe Günderode, kämpf Dich mit ihm durch, der die Idee in sich trägt die Du ihm zumu¬ thest, und die so hoch ist daß er hinter ihr zurückbleibt; denn die andern tragen gar keine Idee in sich, und blei¬ ben nicht zurück, und kommen nicht vorwärts. --
Da hab ich mich so vertieft in Gedanken, daß ich einschlief, es geschieht mir so oft daß ich ein¬
II. 9
Spielkameraden fändeſt mit ſo herrlichen großen Au¬ gen, mit ſo elfenbeinerner Stirn, und er hätte ſolche Momente wo die Götter aus ihm prophezeihten, aber er wär unartig und tückiſch im Spiel, er biß Dir in die Hand und kratzte Dich wenn Du ihn ſtreichelſt, oder er ſchlüg Dich mit der Peitſche, wollteſt Du blos ihn als einen tückiſchen Knaben achten und wollteſt die frühere Idee von ihm aufgeben? — ſo ließeſt Du ihn alſo laufen wegen einem Rippenſtoß den er Dir gab und wollteſt von der höheren Idee nicht mehr Notiz nehmen? — ach laß Deine Rippen nicht ſo empfindlich ſein! Thuts doch Gott nicht! — Er hält ſich an das Hohe im Menſchen und alles andre iſt nicht für Gott da. — So ſoll auch alles nicht für Dich da ſein, wie blos das Gute, und wenn es Dir auch gar nicht mehr aufleuchtet, ſo ſollſt Du dennoch von ihm wiſſen und dran glauben. —
Entlaſſe ihn nicht liebe Günderode, kämpf Dich mit ihm durch, der die Idee in ſich trägt die Du ihm zumu¬ theſt, und die ſo hoch iſt daß er hinter ihr zurückbleibt; denn die andern tragen gar keine Idee in ſich, und blei¬ ben nicht zurück, und kommen nicht vorwärts. —
Da hab ich mich ſo vertieft in Gedanken, daß ich einſchlief, es geſchieht mir ſo oft daß ich ein¬
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Spielkameraden fändeſt mit ſo herrlichen großen Au¬
gen, mit ſo elfenbeinerner Stirn, und er hätte ſolche
Momente wo die Götter aus ihm prophezeihten, aber
er wär unartig und tückiſch im Spiel, er biß Dir
in die Hand und kratzte Dich wenn Du ihn ſtreichelſt,
oder er ſchlüg Dich mit der Peitſche, wollteſt Du blos
ihn als einen tückiſchen Knaben achten und wollteſt die
frühere Idee von ihm aufgeben? — ſo ließeſt Du ihn
alſo laufen wegen einem Rippenſtoß den er Dir gab und
wollteſt von der höheren Idee nicht mehr Notiz nehmen?
— ach laß Deine Rippen nicht ſo empfindlich ſein!
Thuts doch Gott nicht! — Er hält ſich an das Hohe im
Menſchen und alles andre iſt nicht für Gott da. —
So ſoll auch alles nicht für Dich da ſein, wie blos das
Gute, und wenn es Dir auch gar nicht mehr aufleuchtet,
ſo ſollſt Du dennoch von ihm wiſſen und dran glauben. —
Entlaſſe ihn nicht liebe Günderode, kämpf Dich mit
ihm durch, der die Idee in ſich trägt die Du ihm zumu¬
theſt, und die ſo hoch iſt daß er hinter ihr zurückbleibt;
denn die andern tragen gar keine Idee in ſich, und blei¬
ben nicht zurück, und kommen nicht vorwärts. —
Da hab ich mich ſo vertieft in Gedanken, daß
ich einſchlief, es geſchieht mir ſo oft daß ich ein¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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