Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Handel erweitert, alte Hochzeitkleider aus dem vorigen
Jahrhundert, verlegne altmodische Spitzen die die Kauf¬
leute nicht mehr absetzen verhandelt er jetzt nach Polen,
so war er diesmal in Leipzig -- und hat ein sehr gut
Geschäft gemacht, -- Du hörst, ich hab einen ganz
kaufmännischen Styl -- Ich möcht mit dem Alten Com¬
pagnie machen und die Enkel ernähren helfen, weil aber
das doch Schwierigkeit hat, so hab ich einstweilen ma¬
thematische Stunde bei ihm, das macht ich ganz kurz,
ich sagt ihm: da komm nur die Woch auch zweimal zu
mir, denn ich muß Mathematik lernen, er lachte und
wollts nicht glauben, ich holte ihm aber meine ma¬
thematischen Bücher hervor, die Christian mir hier ge¬
lassen, und mein Heft was ich bei dem Christian ge¬
schrieben, das gefiel ihm sehr, denn es war meist alles
vom Christian dictirt, der wohl der scharfsinnigste Mensch
von der Welt ist. -- Jetzt hab ich schon drei Stunden
ausgehalten, und auch allemal seine Aufgaben richtig
gemacht, denn ich hab Respekt vor dem Alten, ich
möcht um alles nicht ihm die Idee geben als sei ich ein
flatterhafter Schußbartel, wie mich die andern nennen,
woran mir gar nichts liegt, aber an Ihm liegt mir, weil
er so ganz ohne Überspannung doch nicht an meinem Ernst
zweifelt, weil er eine so schöne Liebe zu seiner Wissen¬

Handel erweitert, alte Hochzeitkleider aus dem vorigen
Jahrhundert, verlegne altmodiſche Spitzen die die Kauf¬
leute nicht mehr abſetzen verhandelt er jetzt nach Polen,
ſo war er diesmal in Leipzig — und hat ein ſehr gut
Geſchäft gemacht, — Du hörſt, ich hab einen ganz
kaufmänniſchen Styl — Ich möcht mit dem Alten Com¬
pagnie machen und die Enkel ernähren helfen, weil aber
das doch Schwierigkeit hat, ſo hab ich einſtweilen ma¬
thematiſche Stunde bei ihm, das macht ich ganz kurz,
ich ſagt ihm: da komm nur die Woch auch zweimal zu
mir, denn ich muß Mathematik lernen, er lachte und
wollts nicht glauben, ich holte ihm aber meine ma¬
thematiſchen Bücher hervor, die Chriſtian mir hier ge¬
laſſen, und mein Heft was ich bei dem Chriſtian ge¬
ſchrieben, das gefiel ihm ſehr, denn es war meiſt alles
vom Chriſtian dictirt, der wohl der ſcharfſinnigſte Menſch
von der Welt iſt. — Jetzt hab ich ſchon drei Stunden
ausgehalten, und auch allemal ſeine Aufgaben richtig
gemacht, denn ich hab Reſpekt vor dem Alten, ich
möcht um alles nicht ihm die Idee geben als ſei ich ein
flatterhafter Schußbartel, wie mich die andern nennen,
woran mir gar nichts liegt, aber an Ihm liegt mir, weil
er ſo ganz ohne Überſpannung doch nicht an meinem Ernſt
zweifelt, weil er eine ſo ſchöne Liebe zu ſeiner Wiſſen¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="210"/>
Handel erweitert, alte Hochzeitkleider aus dem vorigen<lb/>
Jahrhundert, verlegne altmodi&#x017F;che Spitzen die die Kauf¬<lb/>
leute nicht mehr ab&#x017F;etzen verhandelt er jetzt nach Polen,<lb/>
&#x017F;o war er diesmal in Leipzig &#x2014; und hat ein &#x017F;ehr gut<lb/>
Ge&#x017F;chäft gemacht, &#x2014; Du hör&#x017F;t, ich hab einen ganz<lb/>
kaufmänni&#x017F;chen Styl &#x2014; Ich möcht mit dem Alten Com¬<lb/>
pagnie machen und die Enkel ernähren helfen, weil aber<lb/>
das doch Schwierigkeit hat, &#x017F;o hab ich ein&#x017F;tweilen ma¬<lb/>
themati&#x017F;che Stunde bei ihm, das macht ich ganz kurz,<lb/>
ich &#x017F;agt ihm: da komm nur die Woch auch zweimal zu<lb/>
mir, denn ich muß Mathematik lernen, er lachte und<lb/>
wollts nicht glauben, ich holte ihm aber meine ma¬<lb/>
themati&#x017F;chen Bücher hervor, die Chri&#x017F;tian mir hier ge¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und mein Heft was ich bei dem Chri&#x017F;tian ge¬<lb/>
&#x017F;chrieben, das gefiel ihm &#x017F;ehr, denn es war mei&#x017F;t alles<lb/>
vom Chri&#x017F;tian dictirt, der wohl der &#x017F;charf&#x017F;innig&#x017F;te Men&#x017F;ch<lb/>
von der Welt i&#x017F;t. &#x2014; Jetzt hab ich &#x017F;chon drei Stunden<lb/>
ausgehalten, und auch allemal &#x017F;eine Aufgaben richtig<lb/>
gemacht, denn ich hab Re&#x017F;pekt vor dem Alten, ich<lb/>
möcht um alles nicht ihm die Idee geben als &#x017F;ei ich ein<lb/>
flatterhafter Schußbartel, wie mich die andern nennen,<lb/>
woran mir gar nichts liegt, aber an Ihm liegt mir, weil<lb/>
er &#x017F;o ganz ohne Über&#x017F;pannung doch nicht an meinem Ern&#x017F;t<lb/>
zweifelt, weil er eine &#x017F;o &#x017F;chöne Liebe zu &#x017F;einer Wi&#x017F;&#x017F;en¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0224] Handel erweitert, alte Hochzeitkleider aus dem vorigen Jahrhundert, verlegne altmodiſche Spitzen die die Kauf¬ leute nicht mehr abſetzen verhandelt er jetzt nach Polen, ſo war er diesmal in Leipzig — und hat ein ſehr gut Geſchäft gemacht, — Du hörſt, ich hab einen ganz kaufmänniſchen Styl — Ich möcht mit dem Alten Com¬ pagnie machen und die Enkel ernähren helfen, weil aber das doch Schwierigkeit hat, ſo hab ich einſtweilen ma¬ thematiſche Stunde bei ihm, das macht ich ganz kurz, ich ſagt ihm: da komm nur die Woch auch zweimal zu mir, denn ich muß Mathematik lernen, er lachte und wollts nicht glauben, ich holte ihm aber meine ma¬ thematiſchen Bücher hervor, die Chriſtian mir hier ge¬ laſſen, und mein Heft was ich bei dem Chriſtian ge¬ ſchrieben, das gefiel ihm ſehr, denn es war meiſt alles vom Chriſtian dictirt, der wohl der ſcharfſinnigſte Menſch von der Welt iſt. — Jetzt hab ich ſchon drei Stunden ausgehalten, und auch allemal ſeine Aufgaben richtig gemacht, denn ich hab Reſpekt vor dem Alten, ich möcht um alles nicht ihm die Idee geben als ſei ich ein flatterhafter Schußbartel, wie mich die andern nennen, woran mir gar nichts liegt, aber an Ihm liegt mir, weil er ſo ganz ohne Überſpannung doch nicht an meinem Ernſt zweifelt, weil er eine ſo ſchöne Liebe zu ſeiner Wiſſen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/224
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/224>, abgerufen am 21.11.2024.