den Gliedern, ich spring Trepp auf Trepp ab, die arme Claudine wer wird sie pflegen? sie hat mir aber ver¬ sprochen sie wollt so lang ich fort bin nicht krank wer¬ den, denn ich bin eifersüchtig drauf, wie manche Nacht hab ich da gewacht und simulirt und hübsche Bücher gelesen, aber wenn sie krank wird so gehst Du wohl als zu ihr. -- Draus auf dem Wall war ich auch um noch von unserm Lieblingsspaziergang Abschied zu neh¬ men, die meisten Blätter sind schon gefallen ich ging in einem Rauschen durch, alle Bäum regneten noch Blät¬ ter auf mich. -- Der Moritz bleibt also mit seiner Del¬ phine hier sitzen, das macht mich auch ganz vergnügt; daß ich das auch nicht mehr anzuhören brauch.
Bettine.
Marburg. Weißt Du denn wer meine erste Bekanntschaft ist die ich hier gemacht hab? -- Ein Jud! -- aber was für einer? -- der schönste Mann! -- ein weißer Bart von einer halben Elle, große braune Augen so schöne einfache Gestalt, die ruhigste Stirn prächtige majestä¬ tische Nase, Rednerlippen, aber von denen die Weisheit
den Gliedern, ich ſpring Trepp auf Trepp ab, die arme Claudine wer wird ſie pflegen? ſie hat mir aber ver¬ ſprochen ſie wollt ſo lang ich fort bin nicht krank wer¬ den, denn ich bin eiferſüchtig drauf, wie manche Nacht hab ich da gewacht und ſimulirt und hübſche Bücher geleſen, aber wenn ſie krank wird ſo gehſt Du wohl als zu ihr. — Draus auf dem Wall war ich auch um noch von unſerm Lieblingsſpaziergang Abſchied zu neh¬ men, die meiſten Blätter ſind ſchon gefallen ich ging in einem Rauſchen durch, alle Bäum regneten noch Blät¬ ter auf mich. — Der Moritz bleibt alſo mit ſeiner Del¬ phine hier ſitzen, das macht mich auch ganz vergnügt; daß ich das auch nicht mehr anzuhören brauch.
Bettine.
Marburg. Weißt Du denn wer meine erſte Bekanntſchaft iſt die ich hier gemacht hab? — Ein Jud! — aber was für einer? — der ſchönſte Mann! — ein weißer Bart von einer halben Elle, große braune Augen ſo ſchöne einfache Geſtalt, die ruhigſte Stirn prächtige majeſtä¬ tiſche Naſe, Rednerlippen, aber von denen die Weisheit
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den Gliedern, ich ſpring Trepp auf Trepp ab, die arme
Claudine wer wird ſie pflegen? ſie hat mir aber ver¬
ſprochen ſie wollt ſo lang ich fort bin nicht krank wer¬
den, denn ich bin eiferſüchtig drauf, wie manche Nacht
hab ich da gewacht und ſimulirt und hübſche Bücher
geleſen, aber wenn ſie krank wird ſo gehſt Du wohl
als zu ihr. — Draus auf dem Wall war ich auch um
noch von unſerm Lieblingsſpaziergang Abſchied zu neh¬
men, die meiſten Blätter ſind ſchon gefallen ich ging in
einem Rauſchen durch, alle Bäum regneten noch Blät¬
ter auf mich. — Der Moritz bleibt alſo mit ſeiner Del¬
phine hier ſitzen, das macht mich auch ganz vergnügt;
daß ich das auch nicht mehr anzuhören brauch.
Bettine.
Marburg.
Weißt Du denn wer meine erſte Bekanntſchaft iſt
die ich hier gemacht hab? — Ein Jud! — aber was
für einer? — der ſchönſte Mann! — ein weißer Bart
von einer halben Elle, große braune Augen ſo ſchöne
einfache Geſtalt, die ruhigſte Stirn prächtige majeſtä¬
tiſche Naſe, Rednerlippen, aber von denen die Weisheit
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/80>, abgerufen am 26.11.2024.
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