süß hervortönen muß. Unser Hauswirth der Professor Weiß rief mich und sagte, "wollen Sie einen schönen Juden sehen so kommen sie in meiner Frau ihr Zimmer, sie verhandelt ihm eben ihr Hochzeitkleid." Die Meline wollte nicht mitgehen und war verwundert daß Weiß uns einlud einem Handelsjud die Aufwartung zu ma¬ chen, ich habs aber nicht bereut, es war ein Bild zum malen, er saß in einem sehr reinen Rabbiner- oder Ge¬ lehrten-Gewand am Tisch, seine Hand guckte aus dem schwarzen weiten Ermel, und das Abendroth leuchtete durch die Scheiben; die Frau Professorin stand vor ihm und hielt ihren Hochzeitcontusch oder wars der von ih¬ rer Mutter, denn es schien sehr alterthümlicher Stoff, an beiden Ermeln ausgebreitet, ihre Kinder standen zu beiden Seiten und hielten die Schleppe auseinander, es war ein orangenfarbner Stoff mit silbernen Sträußen und granatfarbnen Blumen durchwirkt, was sehr schön mit dem starken Abendroth contrastirte, es war das schönste Bild und gern hätt ich die Meline gerufen es mit anzusehen, wenn nicht eine Scheu, um nicht zu sa¬ gen Ehrfurcht, mich auf dem Platz gehalten hätt, ich hätte diesem Mann nicht mögen als Gegenstand der Neugierde behandeln. -- Es hatte mir auch was ganz
ſüß hervortönen muß. Unſer Hauswirth der Profeſſor Weiß rief mich und ſagte, „wollen Sie einen ſchönen Juden ſehen ſo kommen ſie in meiner Frau ihr Zimmer, ſie verhandelt ihm eben ihr Hochzeitkleid.“ Die Meline wollte nicht mitgehen und war verwundert daß Weiß uns einlud einem Handelsjud die Aufwartung zu ma¬ chen, ich habs aber nicht bereut, es war ein Bild zum malen, er ſaß in einem ſehr reinen Rabbiner- oder Ge¬ lehrten-Gewand am Tiſch, ſeine Hand guckte aus dem ſchwarzen weiten Ermel, und das Abendroth leuchtete durch die Scheiben; die Frau Profeſſorin ſtand vor ihm und hielt ihren Hochzeitcontuſch oder wars der von ih¬ rer Mutter, denn es ſchien ſehr alterthümlicher Stoff, an beiden Ermeln ausgebreitet, ihre Kinder ſtanden zu beiden Seiten und hielten die Schleppe auseinander, es war ein orangenfarbner Stoff mit ſilbernen Sträußen und granatfarbnen Blumen durchwirkt, was ſehr ſchön mit dem ſtarken Abendroth contraſtirte, es war das ſchönſte Bild und gern hätt ich die Meline gerufen es mit anzuſehen, wenn nicht eine Scheu, um nicht zu ſa¬ gen Ehrfurcht, mich auf dem Platz gehalten hätt, ich hätte dieſem Mann nicht mögen als Gegenſtand der Neugierde behandeln. — Es hatte mir auch was ganz
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ſüß hervortönen muß. Unſer Hauswirth der Profeſſor
Weiß rief mich und ſagte, „wollen Sie einen ſchönen
Juden ſehen ſo kommen ſie in meiner Frau ihr Zimmer,
ſie verhandelt ihm eben ihr Hochzeitkleid.“ Die Meline
wollte nicht mitgehen und war verwundert daß Weiß
uns einlud einem Handelsjud die Aufwartung zu ma¬
chen, ich habs aber nicht bereut, es war ein Bild zum
malen, er ſaß in einem ſehr reinen Rabbiner- oder Ge¬
lehrten-Gewand am Tiſch, ſeine Hand guckte aus dem
ſchwarzen weiten Ermel, und das Abendroth leuchtete
durch die Scheiben; die Frau Profeſſorin ſtand vor ihm
und hielt ihren Hochzeitcontuſch oder wars der von ih¬
rer Mutter, denn es ſchien ſehr alterthümlicher Stoff,
an beiden Ermeln ausgebreitet, ihre Kinder ſtanden zu
beiden Seiten und hielten die Schleppe auseinander, es
war ein orangenfarbner Stoff mit ſilbernen Sträußen
und granatfarbnen Blumen durchwirkt, was ſehr ſchön
mit dem ſtarken Abendroth contraſtirte, es war das
ſchönſte Bild und gern hätt ich die Meline gerufen es
mit anzuſehen, wenn nicht eine Scheu, um nicht zu ſa¬
gen Ehrfurcht, mich auf dem Platz gehalten hätt, ich
hätte dieſem Mann nicht mögen als Gegenſtand der
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/81>, abgerufen am 25.11.2024.
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