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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c.
[Spaltenumbruch] sinn des Geistes in der warheit zustehet/ al-
lein daß wir nur den alten menschen suchen zu
tödten u. s. w. welches das vornehmste ist/
das uns die schrifft lehret/ so ich hoffe/ das du
nicht leugnen wirst. Wie kanst du denn nun
sagen/ daß er die schrifft verachte? Es ist sehr
weit davon/ daß er sie solte verachten/ sondern
er hält sie in grossem werth/ aber so/ daß man
auch trachte zu thun/ was uns die Schrifft leh-
ret. Jn einem tractätlein/ so titulirt: Eine
selige lehre vor die hungerige bekümmerte
seele/ sagt er Bb. 5. also: Wozu ist GOttes
"wort oder gebot außgegangen? Warum ist
"sein gesetz oder lehre gegeben/ und alle dinge
"in die Schrifft geschrieben? Jst es nicht zu
"unsrer lehre geschrieben? damit die unwei-
"sen mögen weißheit lernen/ und die unwissen-
"de oder unverständige erkäntniß empfangen/
"und wissen/ was GOtt wolle gethan haben/
"und insgesamt darinn finden könten/ daß
"nicht mehr denn ein GOTT und HERR/
"und ein Geist des guten wäre/ der in eines
"jeglichen hertze mit einer klarheit/ und der
"wahrheit ähnlichem gleichniß/ den sinn oder
"willen GOttes vorbilde/ darinn GOTT
"wahrhafftig befunden wird: Daß sie auch
"aus dem zeugniß der schrifft solten GOtt su-
"chen/ trost und hülffe in ihrem elende und ge-
"brechligkeit empfangen. Ferner ward auch
"die Schrifft von GOtt den menschen einge-
"blasen/ und zum dienst den dürfftigen gege-
"ben/ nicht nur GOttes wort zu schwätzen/
"oder die buchstaben außwendig zu lernen;
"nein/ das ist der sinn GOttes oder CHristi
"in ihnen nicht gewest; darum kenn ich sie
"auff die art nicht mehr nach dem fleisch in
"dem buchstaben/ denn sie ist kein buchstab/
"sondern geist und will/ daß wir sollen thun/
"thun/ ja thun/ was sie uns heisset/ und uns
"nicht nur genau an die worte von aussen
"halten und sie so leer lassen/ sondern kräfftig
"im hertzen empfangen/ und mit gutem willen
"und gefallen thun/ und derselbe empfänget
"GOttes wort und bewahrets/ aber nicht
"die andern/ die verwerffen es. Denn es ist
"nicht in die hand empfangen/ noch in den
"mund; nein/ sondern in ein gläubig/ gutwil-
"lig/ niedrig hertze/ darinn es allein kräfftig/
"lebendig und wirckend auffgehen sol. Die-
"net (sagt er weiter) die Schrifft auch sonst
"irgends wozu? oder gibt sie uns einen an-
"dern rath? als daß wir sollen ablegen alle
"ungerechtigkeit oder schalckheit/ den alten
"menschen mit seinen wercken/ und verneuret
"werden im Geist des Glaubens/ damit wir
"selig werden mögen. Darum sagt sie uns/
"daß wir uns sollen waschen/ reinigen/ und
"das gottlose wesen von uns thun/ das böse
"hassen/ und das gute lieben als kinder der
"gerechtigkeit und wahrheit/ die ihren HErrn
"und Vater gehorsam oder gleich genaturt
"seyn müssen/ ihn lieb haben/ hören und fol-
"gen über jedermann. Jsts auch wol an-
"ders? Wer also in der liebe wandelt und
"bleibet im gehorsam/ erfüllet der nicht das
"Gesetz und die Propheten? Sehet drauff!
"kan sie denn niemand halten/ er müsse denn
"die Schrifft nach den buchstaben wissen/
"und von aussen können? Wer ist/ der sol-
"ches wol halten solte? Stunde darinn wol
[Spaltenumbruch] die weißheit und erfüllung des Gesetzes und"
der Gebote GOttes? Aber nun ist uns ein"
kurtzes wort bereitet/ ein neu gebot/ nem-"
lich die Liebe/ welche ist das Gesetz Christi/"
die in der gläubigen/ gottsfürchtigen nie-"
drigen hertzen mit dem finger GOttes ge-"
schrieben wird/ da das testament/ oder die"
verheissung der erbschafft auffhöret oder ein-"
geschlossen ist/ u. s. w.

Sihe/ lieber Leser/ hier hastu den sinn und
meynung des David Joris deutlich und klar
gnug. Fallen also hiermit nicht alle Ubbo-
nis verkehrte außlegungen der worte Davids
platt darnieder? Verachtet David die
Schrifft darum/ daß er sagt/ sie sey geist/ und
kein buchstab? Darum/ daß er sagt (frag ich
noch einmal) daß es nicht gelegen ist an den
buchstaben außwendig zu lernen und zu hal-
ten/ sondern/ daß mans sol thun/ thun/ ja
thun/ was sie uns heisset/ u. s. w.? Jst das
gesagt (wie Ubbo Davids worte außlegt)
daß die Schrifft gantz unnütze und unnöthig
sey in glaubens-sachen? ja wol gar zuweilen
schädlich? Siehe nun/ lieber Leser/ wie weit
die meynung Davids und Ubbonis differi-
ren. Jch wolte wol noch viel mehr stellen
aus Davids schrifften vorbringen/ und dar-
aus noch weitläufftiger erweisen/ wie seine
meynung sey/ daß wer GOttes wort und leh-
re habe/ derselbe GOttes wort auch thue/ und
nach der lehre CHRisti lebe; ich unterlasse
aber solches ümb der länge willen/ und ist
mir gnug/ daß ich mit Davids eignen wor-
ten Ubbonis falsche verdrehungen gezeiget und
bewiesen habe. Doch ich muß ihn auch ein-
mal fragen/ ist der buchstabe der Heil. Schrifft
so klar/ und allein nöthig/ daß man sie überall
allein nach dem blossen buchstaben verstehen
müsse/ worzu dienen alle die vielen bücher/
commentarien und außlegungen/ die seine
Haupt-Lehrer darüber geschmiedet/ und noch
täglich von ihnen gemacht werden/ die so groß
und manchfaltig sind/ daß viele pferde die-
selben nicht wol solten fortschleppen/ und auch
ein mensch schwerlich sein lebtage alle wird
auslesen können? Entweder sie müssen ver-
gebliche wercke gethan/ oder nach Ubbonis
geschwätze die Schrifft verachtet haben?
Was Ubbo weiter auch sagt: Davids geist/"
der ihn im traum des nachts/ und im ge-"
sichte bey tage lehret und einleuchtet/ der ist"
und gibt diß alles; Darauff mag der gütige
Leser unpartheyisch nachlesen die von Ubbo
angeführte örter/ er wird darinn das nicht fin-
den/ was Ubbo daraus durch seine falsche ver-
drehungen mit gewalt ziehen wil. Denn da-
selbst wird nicht ein wort von David Joris/
noch von seinen träumen oder gesichten im ge-
ringsten berühret/ sondern er handelt und be-
weist allda/ daß die rechten Lehrer das wort des
lebens (welches CHRistus ist) predigen und
lehren; und sagt/ daß das geschriebene wort
ohne den rechten sinn CHRisti niemand le-
bendig oder fromm mache/ und die seele
nicht befreye/ reinige oder heilige/ und wei-
set daselbst also den unterscheid zwischen den
blossen und geschriebenen buchstaben und den
wahren sinn der schrifft an. Jch habe euch
vorn gnug bewiesen/ wie es falsch sey/ was
Ubbo hier p. 137. wiederum sagt von der be-

rüh-

Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c.
[Spaltenumbruch] ſinn des Geiſtes in der warheit zuſtehet/ al-
lein daß wir nur den alten menſchen ſuchen zu
toͤdten u. ſ. w. welches das vornehmſte iſt/
das uns die ſchrifft lehret/ ſo ich hoffe/ das du
nicht leugnen wirſt. Wie kanſt du denn nun
ſagen/ daß er die ſchrifft verachte? Es iſt ſehr
weit davon/ daß er ſie ſolte verachten/ ſondern
er haͤlt ſie in groſſem werth/ aber ſo/ daß man
auch trachte zu thun/ was uns die Schrifft leh-
ret. Jn einem tractaͤtlein/ ſo titulirt: Eine
ſelige lehre vor die hungerige bekuͤmmerte
ſeele/ ſagt er Bb. 5. alſo: Wozu iſt GOttes
„wort oder gebot außgegangen? Warum iſt
„ſein geſetz oder lehre gegeben/ und alle dinge
„in die Schrifft geſchrieben? Jſt es nicht zu
„unſrer lehre geſchrieben? damit die unwei-
„ſen moͤgen weißheit lernen/ und die unwiſſen-
„de oder unverſtaͤndige erkaͤntniß empfangen/
„und wiſſen/ was GOtt wolle gethan haben/
„und insgeſamt darinn finden koͤnten/ daß
„nicht mehr denn ein GOTT und HERR/
„und ein Geiſt des guten waͤre/ der in eines
„jeglichen hertze mit einer klarheit/ und der
„wahrheit aͤhnlichem gleichniß/ den ſinn oder
„willen GOttes vorbilde/ darinn GOTT
„wahrhafftig befunden wird: Daß ſie auch
„aus dem zeugniß der ſchrifft ſolten GOtt ſu-
„chen/ troſt und huͤlffe in ihrem elende und ge-
„brechligkeit empfangen. Ferner ward auch
„die Schrifft von GOtt den menſchen einge-
„blaſen/ und zum dienſt den duͤrfftigen gege-
„ben/ nicht nur GOttes wort zu ſchwaͤtzen/
„oder die buchſtaben außwendig zu lernen;
„nein/ das iſt der ſinn GOttes oder CHriſti
„in ihnen nicht geweſt; darum kenn ich ſie
„auff die art nicht mehr nach dem fleiſch in
„dem buchſtaben/ denn ſie iſt kein buchſtab/
„ſondern geiſt und will/ daß wir ſollen thun/
„thun/ ja thun/ was ſie uns heiſſet/ und uns
„nicht nur genau an die worte von auſſen
„halten und ſie ſo leer laſſen/ ſondern kraͤfftig
„im hertzen empfangen/ und mit gutem willen
„und gefallen thun/ und derſelbe empfaͤnget
„GOttes wort und bewahrets/ aber nicht
„die andern/ die verwerffen es. Denn es iſt
„nicht in die hand empfangen/ noch in den
„mund; nein/ ſondern in ein glaͤubig/ gutwil-
„lig/ niedrig hertze/ darinn es allein kraͤfftig/
„lebendig und wirckend auffgehen ſol. Die-
„net (ſagt er weiter) die Schrifft auch ſonſt
„irgends wozu? oder gibt ſie uns einen an-
„dern rath? als daß wir ſollen ablegen alle
„ungerechtigkeit oder ſchalckheit/ den alten
„menſchen mit ſeinen wercken/ und verneuret
„werden im Geiſt des Glaubens/ damit wir
„ſelig werden moͤgen. Darum ſagt ſie uns/
„daß wir uns ſollen waſchen/ reinigen/ und
„das gottloſe weſen von uns thun/ das boͤſe
„haſſen/ und das gute lieben als kinder der
„gerechtigkeit und wahrheit/ die ihren HErrn
„und Vater gehorſam oder gleich genaturt
„ſeyn muͤſſen/ ihn lieb haben/ hoͤren und fol-
„gen uͤber jedermann. Jſts auch wol an-
„ders? Wer alſo in der liebe wandelt und
„bleibet im gehorſam/ erfuͤllet der nicht das
„Geſetz und die Propheten? Sehet drauff!
„kan ſie denn niemand halten/ er muͤſſe denn
„die Schrifft nach den buchſtaben wiſſen/
„und von auſſen koͤnnen? Wer iſt/ der ſol-
„ches wol halten ſolte? Stunde darinn wol
[Spaltenumbruch] die weißheit und erfuͤllung des Geſetzes und“
der Gebote GOttes? Aber nun iſt uns ein“
kurtzes wort bereitet/ ein neu gebot/ nem-“
lich die Liebe/ welche iſt das Geſetz Chriſti/“
die in der glaͤubigen/ gottsfuͤrchtigen nie-“
drigen hertzen mit dem finger GOttes ge-“
ſchrieben wird/ da das teſtament/ oder die“
verheiſſung der erbſchafft auffhoͤret oder ein-“
geſchloſſen iſt/ u. ſ. w.

Sihe/ lieber Leſer/ hier haſtu den ſinn und
meynung des David Joris deutlich und klar
gnug. Fallen alſo hiermit nicht alle Ubbo-
nis verkehrte außlegungen der worte Davids
platt darnieder? Verachtet David die
Schrifft darum/ daß er ſagt/ ſie ſey geiſt/ und
kein buchſtab? Darum/ daß er ſagt (frag ich
noch einmal) daß es nicht gelegen iſt an den
buchſtaben außwendig zu lernen und zu hal-
ten/ ſondern/ daß mans ſol thun/ thun/ ja
thun/ was ſie uns heiſſet/ u. ſ. w.? Jſt das
geſagt (wie Ubbo Davids worte außlegt)
daß die Schrifft gantz unnuͤtze und unnoͤthig
ſey in glaubens-ſachen? ja wol gar zuweilen
ſchaͤdlich? Siehe nun/ lieber Leſer/ wie weit
die meynung Davids und Ubbonis differi-
ren. Jch wolte wol noch viel mehr ſtellen
aus Davids ſchrifften vorbringen/ und dar-
aus noch weitlaͤufftiger erweiſen/ wie ſeine
meynung ſey/ daß wer GOttes wort und leh-
re habe/ derſelbe GOttes wort auch thue/ und
nach der lehre CHRiſti lebe; ich unterlaſſe
aber ſolches uͤmb der laͤnge willen/ und iſt
mir gnug/ daß ich mit Davids eignen wor-
ten Ubbonis falſche verdrehungen gezeiget und
bewieſen habe. Doch ich muß ihn auch ein-
mal fragen/ iſt der buchſtabe der Heil. Schrifft
ſo klar/ und allein noͤthig/ daß man ſie uͤberall
allein nach dem bloſſen buchſtaben verſtehen
muͤſſe/ worzu dienen alle die vielen buͤcher/
commentarien und außlegungen/ die ſeine
Haupt-Lehrer daruͤber geſchmiedet/ und noch
taͤglich von ihnen gemacht werden/ die ſo groß
und manchfaltig ſind/ daß viele pferde die-
ſelben nicht wol ſolten fortſchleppen/ und auch
ein menſch ſchwerlich ſein lebtage alle wird
ausleſen koͤnnen? Entweder ſie muͤſſen ver-
gebliche wercke gethan/ oder nach Ubbonis
geſchwaͤtze die Schrifft verachtet haben?
Was Ubbo weiter auch ſagt: Davids geiſt/“
der ihn im traum des nachts/ und im ge-“
ſichte bey tage lehret und einleuchtet/ der iſt“
und gibt diß alles; Darauff mag der guͤtige
Leſer unpartheyiſch nachleſen die von Ubbo
angefuͤhrte oͤrter/ er wird darinn das nicht fin-
den/ was Ubbo daraus durch ſeine falſche ver-
drehungen mit gewalt ziehen wil. Denn da-
ſelbſt wird nicht ein wort von David Joris/
noch von ſeinen traͤumen oder geſichten im ge-
ringſten beruͤhret/ ſondern er handelt und be-
weiſt allda/ daß die rechten Lehrer das wort des
lebens (welches CHRiſtus iſt) predigen und
lehren; und ſagt/ daß das geſchriebene wort
ohne den rechten ſinn CHRiſti niemand le-
bendig oder fromm mache/ und die ſeele
nicht befreye/ reinige oder heilige/ und wei-
ſet daſelbſt alſo den unterſcheid zwiſchen den
bloſſen und geſchriebenen buchſtaben und den
wahren ſinn der ſchrifft an. Jch habe euch
vorn gnug bewieſen/ wie es falſch ſey/ was
Ubbo hier p. 137. wiederum ſagt von der be-

ruͤh-
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[298/0594] Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c. ſinn des Geiſtes in der warheit zuſtehet/ al- lein daß wir nur den alten menſchen ſuchen zu toͤdten u. ſ. w. welches das vornehmſte iſt/ das uns die ſchrifft lehret/ ſo ich hoffe/ das du nicht leugnen wirſt. Wie kanſt du denn nun ſagen/ daß er die ſchrifft verachte? Es iſt ſehr weit davon/ daß er ſie ſolte verachten/ ſondern er haͤlt ſie in groſſem werth/ aber ſo/ daß man auch trachte zu thun/ was uns die Schrifft leh- ret. Jn einem tractaͤtlein/ ſo titulirt: Eine ſelige lehre vor die hungerige bekuͤmmerte ſeele/ ſagt er Bb. 5. alſo: Wozu iſt GOttes „wort oder gebot außgegangen? Warum iſt „ſein geſetz oder lehre gegeben/ und alle dinge „in die Schrifft geſchrieben? Jſt es nicht zu „unſrer lehre geſchrieben? damit die unwei- „ſen moͤgen weißheit lernen/ und die unwiſſen- „de oder unverſtaͤndige erkaͤntniß empfangen/ „und wiſſen/ was GOtt wolle gethan haben/ „und insgeſamt darinn finden koͤnten/ daß „nicht mehr denn ein GOTT und HERR/ „und ein Geiſt des guten waͤre/ der in eines „jeglichen hertze mit einer klarheit/ und der „wahrheit aͤhnlichem gleichniß/ den ſinn oder „willen GOttes vorbilde/ darinn GOTT „wahrhafftig befunden wird: Daß ſie auch „aus dem zeugniß der ſchrifft ſolten GOtt ſu- „chen/ troſt und huͤlffe in ihrem elende und ge- „brechligkeit empfangen. Ferner ward auch „die Schrifft von GOtt den menſchen einge- „blaſen/ und zum dienſt den duͤrfftigen gege- „ben/ nicht nur GOttes wort zu ſchwaͤtzen/ „oder die buchſtaben außwendig zu lernen; „nein/ das iſt der ſinn GOttes oder CHriſti „in ihnen nicht geweſt; darum kenn ich ſie „auff die art nicht mehr nach dem fleiſch in „dem buchſtaben/ denn ſie iſt kein buchſtab/ „ſondern geiſt und will/ daß wir ſollen thun/ „thun/ ja thun/ was ſie uns heiſſet/ und uns „nicht nur genau an die worte von auſſen „halten und ſie ſo leer laſſen/ ſondern kraͤfftig „im hertzen empfangen/ und mit gutem willen „und gefallen thun/ und derſelbe empfaͤnget „GOttes wort und bewahrets/ aber nicht „die andern/ die verwerffen es. Denn es iſt „nicht in die hand empfangen/ noch in den „mund; nein/ ſondern in ein glaͤubig/ gutwil- „lig/ niedrig hertze/ darinn es allein kraͤfftig/ „lebendig und wirckend auffgehen ſol. Die- „net (ſagt er weiter) die Schrifft auch ſonſt „irgends wozu? oder gibt ſie uns einen an- „dern rath? als daß wir ſollen ablegen alle „ungerechtigkeit oder ſchalckheit/ den alten „menſchen mit ſeinen wercken/ und verneuret „werden im Geiſt des Glaubens/ damit wir „ſelig werden moͤgen. Darum ſagt ſie uns/ „daß wir uns ſollen waſchen/ reinigen/ und „das gottloſe weſen von uns thun/ das boͤſe „haſſen/ und das gute lieben als kinder der „gerechtigkeit und wahrheit/ die ihren HErrn „und Vater gehorſam oder gleich genaturt „ſeyn muͤſſen/ ihn lieb haben/ hoͤren und fol- „gen uͤber jedermann. Jſts auch wol an- „ders? Wer alſo in der liebe wandelt und „bleibet im gehorſam/ erfuͤllet der nicht das „Geſetz und die Propheten? Sehet drauff! „kan ſie denn niemand halten/ er muͤſſe denn „die Schrifft nach den buchſtaben wiſſen/ „und von auſſen koͤnnen? Wer iſt/ der ſol- „ches wol halten ſolte? Stunde darinn wol die weißheit und erfuͤllung des Geſetzes und“ der Gebote GOttes? Aber nun iſt uns ein“ kurtzes wort bereitet/ ein neu gebot/ nem-“ lich die Liebe/ welche iſt das Geſetz Chriſti/“ die in der glaͤubigen/ gottsfuͤrchtigen nie-“ drigen hertzen mit dem finger GOttes ge-“ ſchrieben wird/ da das teſtament/ oder die“ verheiſſung der erbſchafft auffhoͤret oder ein-“ geſchloſſen iſt/ u. ſ. w. Sihe/ lieber Leſer/ hier haſtu den ſinn und meynung des David Joris deutlich und klar gnug. Fallen alſo hiermit nicht alle Ubbo- nis verkehrte außlegungen der worte Davids platt darnieder? Verachtet David die Schrifft darum/ daß er ſagt/ ſie ſey geiſt/ und kein buchſtab? Darum/ daß er ſagt (frag ich noch einmal) daß es nicht gelegen iſt an den buchſtaben außwendig zu lernen und zu hal- ten/ ſondern/ daß mans ſol thun/ thun/ ja thun/ was ſie uns heiſſet/ u. ſ. w.? Jſt das geſagt (wie Ubbo Davids worte außlegt) daß die Schrifft gantz unnuͤtze und unnoͤthig ſey in glaubens-ſachen? ja wol gar zuweilen ſchaͤdlich? Siehe nun/ lieber Leſer/ wie weit die meynung Davids und Ubbonis differi- ren. Jch wolte wol noch viel mehr ſtellen aus Davids ſchrifften vorbringen/ und dar- aus noch weitlaͤufftiger erweiſen/ wie ſeine meynung ſey/ daß wer GOttes wort und leh- re habe/ derſelbe GOttes wort auch thue/ und nach der lehre CHRiſti lebe; ich unterlaſſe aber ſolches uͤmb der laͤnge willen/ und iſt mir gnug/ daß ich mit Davids eignen wor- ten Ubbonis falſche verdrehungen gezeiget und bewieſen habe. Doch ich muß ihn auch ein- mal fragen/ iſt der buchſtabe der Heil. Schrifft ſo klar/ und allein noͤthig/ daß man ſie uͤberall allein nach dem bloſſen buchſtaben verſtehen muͤſſe/ worzu dienen alle die vielen buͤcher/ commentarien und außlegungen/ die ſeine Haupt-Lehrer daruͤber geſchmiedet/ und noch taͤglich von ihnen gemacht werden/ die ſo groß und manchfaltig ſind/ daß viele pferde die- ſelben nicht wol ſolten fortſchleppen/ und auch ein menſch ſchwerlich ſein lebtage alle wird ausleſen koͤnnen? Entweder ſie muͤſſen ver- gebliche wercke gethan/ oder nach Ubbonis geſchwaͤtze die Schrifft verachtet haben? Was Ubbo weiter auch ſagt: Davids geiſt/“ der ihn im traum des nachts/ und im ge-“ ſichte bey tage lehret und einleuchtet/ der iſt“ und gibt diß alles; Darauff mag der guͤtige Leſer unpartheyiſch nachleſen die von Ubbo angefuͤhrte oͤrter/ er wird darinn das nicht fin- den/ was Ubbo daraus durch ſeine falſche ver- drehungen mit gewalt ziehen wil. Denn da- ſelbſt wird nicht ein wort von David Joris/ noch von ſeinen traͤumen oder geſichten im ge- ringſten beruͤhret/ ſondern er handelt und be- weiſt allda/ daß die rechten Lehrer das wort des lebens (welches CHRiſtus iſt) predigen und lehren; und ſagt/ daß das geſchriebene wort ohne den rechten ſinn CHRiſti niemand le- bendig oder fromm mache/ und die ſeele nicht befreye/ reinige oder heilige/ und wei- ſet daſelbſt alſo den unterſcheid zwiſchen den bloſſen und geſchriebenen buchſtaben und den wahren ſinn der ſchrifft an. Jch habe euch vorn gnug bewieſen/ wie es falſch ſey/ was Ubbo hier p. 137. wiederum ſagt von der be- ruͤh-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/594>, abgerufen am 16.07.2024.