Aston, Louise: Meine Emancipation, Verweisung und Rechtfertigung. Brüssel, 1846.Dem Publikum aber möge genügen, daß dies Glaubensbekenntniß allerdings ein religiöses ist, wenn wir mit dem großen Theologen Schleiermacher, Religion als die Form auffassen, in der sich jeder Einzelne mit dem Universum vermittelt. Ob ich dabei an einen persönlichen, lebendigen außerweltlichen Gott glaube oder nicht: ist ganz gleichgültig. Ich habe zwar für meinen Glauben die Autorität keines Religionsstifters anzuführen; aber wohl die Autorität aller Philosophen von Spinoza bis Hegel, mit denen ich gern zusammen verdammt und selig werden will. Ich habe das ganze Bewußtsein der Gegenwart für mich, das mit größerer oder geringerer Klarheit über jenen Glauben hinausdrängt; und gewiß die Überzeugung vieler meiner Richter, welche die Religion nur zu Staatszwecken dressiren. Ich nehme das Recht in Anspruch, auf "meine Facon" selig zu werden, mich auf meine Art mit dem Weltall zu vermitteln; ein Recht, das den Frauen so gut zusteht, wie den Männern. Eine Frau, die ihrer religiösen Privat-Überzeugung wegen, von den Behörden verdammt wird, hat das seltsamste Schicksal, das im neunzehnten Jahrhundert denkbar Dem Publikum aber möge genügen, daß dies Glaubensbekenntniß allerdings ein religiöses ist, wenn wir mit dem großen Theologen Schleiermacher, Religion als die Form auffassen, in der sich jeder Einzelne mit dem Universum vermittelt. Ob ich dabei an einen persönlichen, lebendigen außerweltlichen Gott glaube oder nicht: ist ganz gleichgültig. Ich habe zwar für meinen Glauben die Autorität keines Religionsstifters anzuführen; aber wohl die Autorität aller Philosophen von Spinoza bis Hegel, mit denen ich gern zusammen verdammt und selig werden will. Ich habe das ganze Bewußtsein der Gegenwart für mich, das mit größerer oder geringerer Klarheit über jenen Glauben hinausdrängt; und gewiß die Überzeugung vieler meiner Richter, welche die Religion nur zu Staatszwecken dressiren. Ich nehme das Recht in Anspruch, auf „meine Façon“ selig zu werden, mich auf meine Art mit dem Weltall zu vermitteln; ein Recht, das den Frauen so gut zusteht, wie den Männern. Eine Frau, die ihrer religiösen Privat-Überzeugung wegen, von den Behörden verdammt wird, hat das seltsamste Schicksal, das im neunzehnten Jahrhundert denkbar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0050" n="50"/> <p> Dem Publikum aber möge genügen, daß dies Glaubensbekenntniß allerdings ein <hi rendition="#g">religiöses</hi> ist, wenn wir mit dem großen Theologen <hi rendition="#g">Schleiermacher</hi>, Religion als <hi rendition="#g">die Form auffassen, in der sich jeder Einzelne mit dem Universum vermittelt</hi>. Ob ich dabei an einen persönlichen, lebendigen außerweltlichen Gott glaube oder nicht: ist ganz gleichgültig. Ich habe zwar für meinen Glauben die Autorität keines Religionsstifters anzuführen; aber wohl die Autorität aller Philosophen von <hi rendition="#g">Spinoza</hi> bis <hi rendition="#g">Hegel</hi>, mit denen ich gern zusammen verdammt und selig werden will. Ich habe das ganze Bewußtsein der Gegenwart für mich, das mit größerer oder geringerer Klarheit über jenen Glauben hinausdrängt; und gewiß die Überzeugung vieler meiner Richter, welche die Religion nur zu Staatszwecken dressiren. Ich nehme das Recht in Anspruch, auf „<hi rendition="#g">meine Façon</hi>“ selig zu werden, mich auf <hi rendition="#g">meine</hi> Art mit dem Weltall zu vermitteln; ein Recht, das den Frauen so gut zusteht, wie den Männern. Eine Frau, die ihrer religiösen Privat-Überzeugung wegen, von den Behörden verdammt wird, hat das seltsamste Schicksal, das im neunzehnten Jahrhundert denkbar </p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0050]
Dem Publikum aber möge genügen, daß dies Glaubensbekenntniß allerdings ein religiöses ist, wenn wir mit dem großen Theologen Schleiermacher, Religion als die Form auffassen, in der sich jeder Einzelne mit dem Universum vermittelt. Ob ich dabei an einen persönlichen, lebendigen außerweltlichen Gott glaube oder nicht: ist ganz gleichgültig. Ich habe zwar für meinen Glauben die Autorität keines Religionsstifters anzuführen; aber wohl die Autorität aller Philosophen von Spinoza bis Hegel, mit denen ich gern zusammen verdammt und selig werden will. Ich habe das ganze Bewußtsein der Gegenwart für mich, das mit größerer oder geringerer Klarheit über jenen Glauben hinausdrängt; und gewiß die Überzeugung vieler meiner Richter, welche die Religion nur zu Staatszwecken dressiren. Ich nehme das Recht in Anspruch, auf „meine Façon“ selig zu werden, mich auf meine Art mit dem Weltall zu vermitteln; ein Recht, das den Frauen so gut zusteht, wie den Männern. Eine Frau, die ihrer religiösen Privat-Überzeugung wegen, von den Behörden verdammt wird, hat das seltsamste Schicksal, das im neunzehnten Jahrhundert denkbar
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