Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Der Doctor ist mit mir herüber vom Kohlenhof, und der hat dir deinen Arm verbunden. Du bist von einem Schaf gebissen, ich bin grad' kommen, wie sie dich fortgetragen haben. Du hast nichts im Schlaf geredet, als ein paarmal Medard gerufen. Weiß man nichts vom Medard? Ach lieber Gott, nein, der ist gewiß verbrannt. Diethelm schloß noch einmal die Augen und schärfte still die Lippen, dann begehrte er aufzustehen, er sei wohl und müsse nach dem Schutthaufen sehen. Die Frau suchte ihm einzureden, daß er noch krank sei, und als er dies streng abwehrte, erklärte sie ihm, daß er dann vielleicht verhaftet und nach der Stadt abgeführt würde. Ist mir recht, sagte Diethelm trotzig, dann nimmt die Geschichte bald ein Ende. Sie können mir nichts thun. Wer klagt mich an? Der alt' Schäferle. Da hilft kein' Sympathie. Wie ich hör', sagte die Frau zögernd, will auch die Brandversicherung dich anklagen. Ho ho! lachte Diethelm, denen will ich's schon zeigen, die müssen mir blechen. Ich steh' auf, ich bin hechtgesund. Trotz aller Widerrede vollführte Diethelm seinen Ausspruch und zankte mit seiner Frau, daß sie so eine herzbrechende Miene mache. Erst als sie mit halbunterdrücktem Weinen sagte, sie habe ja auch gestern ihr Kind verloren, erwiderte er: Ja ja, das ist wahr. Zum Teufel, daß ich das auch immer vergeß'. Ich will gleich einen Boten an die Fränz schicken, sie muß heimkommen. Martha stand am Fenster und weinte in den schneeigen Tag hinaus. Erst als Diethelm leise vor sich hinpfiff, wendete sie sich um und sagte: Um Gotteswillen, Diethelm, was machst? Wie kannst du nur auch so sein? Was müssen die Menschen von dir Der Doctor ist mit mir herüber vom Kohlenhof, und der hat dir deinen Arm verbunden. Du bist von einem Schaf gebissen, ich bin grad' kommen, wie sie dich fortgetragen haben. Du hast nichts im Schlaf geredet, als ein paarmal Medard gerufen. Weiß man nichts vom Medard? Ach lieber Gott, nein, der ist gewiß verbrannt. Diethelm schloß noch einmal die Augen und schärfte still die Lippen, dann begehrte er aufzustehen, er sei wohl und müsse nach dem Schutthaufen sehen. Die Frau suchte ihm einzureden, daß er noch krank sei, und als er dies streng abwehrte, erklärte sie ihm, daß er dann vielleicht verhaftet und nach der Stadt abgeführt würde. Ist mir recht, sagte Diethelm trotzig, dann nimmt die Geschichte bald ein Ende. Sie können mir nichts thun. Wer klagt mich an? Der alt' Schäferle. Da hilft kein' Sympathie. Wie ich hör', sagte die Frau zögernd, will auch die Brandversicherung dich anklagen. Ho ho! lachte Diethelm, denen will ich's schon zeigen, die müssen mir blechen. Ich steh' auf, ich bin hechtgesund. Trotz aller Widerrede vollführte Diethelm seinen Ausspruch und zankte mit seiner Frau, daß sie so eine herzbrechende Miene mache. Erst als sie mit halbunterdrücktem Weinen sagte, sie habe ja auch gestern ihr Kind verloren, erwiderte er: Ja ja, das ist wahr. Zum Teufel, daß ich das auch immer vergeß'. Ich will gleich einen Boten an die Fränz schicken, sie muß heimkommen. Martha stand am Fenster und weinte in den schneeigen Tag hinaus. Erst als Diethelm leise vor sich hinpfiff, wendete sie sich um und sagte: Um Gotteswillen, Diethelm, was machst? Wie kannst du nur auch so sein? Was müssen die Menschen von dir <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="16"> <pb facs="#f0114"/> <p>Der Doctor ist mit mir herüber vom Kohlenhof, und der hat dir deinen Arm verbunden. Du bist von einem Schaf gebissen, ich bin grad' kommen, wie sie dich fortgetragen haben. 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Der Doctor ist mit mir herüber vom Kohlenhof, und der hat dir deinen Arm verbunden. Du bist von einem Schaf gebissen, ich bin grad' kommen, wie sie dich fortgetragen haben. Du hast nichts im Schlaf geredet, als ein paarmal Medard gerufen.
Weiß man nichts vom Medard?
Ach lieber Gott, nein, der ist gewiß verbrannt.
Diethelm schloß noch einmal die Augen und schärfte still die Lippen, dann begehrte er aufzustehen, er sei wohl und müsse nach dem Schutthaufen sehen. Die Frau suchte ihm einzureden, daß er noch krank sei, und als er dies streng abwehrte, erklärte sie ihm, daß er dann vielleicht verhaftet und nach der Stadt abgeführt würde.
Ist mir recht, sagte Diethelm trotzig, dann nimmt die Geschichte bald ein Ende. Sie können mir nichts thun. Wer klagt mich an?
Der alt' Schäferle.
Da hilft kein' Sympathie.
Wie ich hör', sagte die Frau zögernd, will auch die Brandversicherung dich anklagen.
Ho ho! lachte Diethelm, denen will ich's schon zeigen, die müssen mir blechen. Ich steh' auf, ich bin hechtgesund.
Trotz aller Widerrede vollführte Diethelm seinen Ausspruch und zankte mit seiner Frau, daß sie so eine herzbrechende Miene mache. Erst als sie mit halbunterdrücktem Weinen sagte, sie habe ja auch gestern ihr Kind verloren, erwiderte er:
Ja ja, das ist wahr. Zum Teufel, daß ich das auch immer vergeß'. Ich will gleich einen Boten an die Fränz schicken, sie muß heimkommen.
Martha stand am Fenster und weinte in den schneeigen Tag hinaus. Erst als Diethelm leise vor sich hinpfiff, wendete sie sich um und sagte:
Um Gotteswillen, Diethelm, was machst? Wie kannst du nur auch so sein? Was müssen die Menschen von dir
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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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