Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

denken, wenn du nach so einem Fall jetzt gar noch lustig thust?

Hast Recht, hast Recht, red weiter nichts, hast Recht, sagte Diethelm hastig. Er erkannte schnell, daß seine Frau ihn auf das Entsprechende hinwies; allzuviel Gleichmuth war wiederum verdächtig.

Eine gewaltige Veränderung war in Diethelm vorgegangen. Nun die That geschehen war, mit all ihrem Schrecken, galt es mit gefestetem Muthe ihr Stand zu halten. Er verbannte alle Weichherzigkeit, und als er vor dem kleinen Spiegel stand und sein flockseidenes Halstuch umthat, hielt er die Zipfel desselben eine Weile ruhig in der Hand und betrachtete die stolzsichere Miene, die er allen Vorkommnissen gegenüber bewahren wollte.

In der Wirthsstube, wo der junge Amtsverweser mit seinem Actuar und zwei Landjägern und noch Viele aus dem Dorfe sich befanden, schaute Alles verwundernd auf, als Diethelm freundlich grüßend und mit dem Ausspruche eines schmerzlichen Bedauerns eintrat. Diethelm wollte dem Amtmann, mit dem er am Markttage an Einem Tische gegessen, die Hand reichen, aber der Amtmann wußte gewandt seine Hände mit einem großen vor ihm liegenden Bogen zu beschäftigen, und Diethelm zuckte mit den Achseln, als er die dargebotene Hand leer wieder zurückziehen mußte.

Ihr seid gekommen, nahm Diethelm das Wort, um mein Unglück in gerichtlichen Augenschein zu nehmen. Helfet nur auch untersuchen, wie das Feuer ausgekommen. Es ist leider nichts gerettet.

Der Amtmann erklärte, daß alles das späteren Verhandlungen vorbehalten bleibe; er schickte einen Landjäger nach dem alten Schäferle und ersuchte die Anwesenden, außer dem Schultheißen, das Zimmer zu verlassen.

Ich hätt' eine Bitt', die Ihr mir wohl willfahren könnet, wenn's nicht gegen das Recht ist, sagte Diethelm mit ruhiger und doch weicher Stimme, ich möcht', daß meine Mitbürger

denken, wenn du nach so einem Fall jetzt gar noch lustig thust?

Hast Recht, hast Recht, red weiter nichts, hast Recht, sagte Diethelm hastig. Er erkannte schnell, daß seine Frau ihn auf das Entsprechende hinwies; allzuviel Gleichmuth war wiederum verdächtig.

Eine gewaltige Veränderung war in Diethelm vorgegangen. Nun die That geschehen war, mit all ihrem Schrecken, galt es mit gefestetem Muthe ihr Stand zu halten. Er verbannte alle Weichherzigkeit, und als er vor dem kleinen Spiegel stand und sein flockseidenes Halstuch umthat, hielt er die Zipfel desselben eine Weile ruhig in der Hand und betrachtete die stolzsichere Miene, die er allen Vorkommnissen gegenüber bewahren wollte.

In der Wirthsstube, wo der junge Amtsverweser mit seinem Actuar und zwei Landjägern und noch Viele aus dem Dorfe sich befanden, schaute Alles verwundernd auf, als Diethelm freundlich grüßend und mit dem Ausspruche eines schmerzlichen Bedauerns eintrat. Diethelm wollte dem Amtmann, mit dem er am Markttage an Einem Tische gegessen, die Hand reichen, aber der Amtmann wußte gewandt seine Hände mit einem großen vor ihm liegenden Bogen zu beschäftigen, und Diethelm zuckte mit den Achseln, als er die dargebotene Hand leer wieder zurückziehen mußte.

Ihr seid gekommen, nahm Diethelm das Wort, um mein Unglück in gerichtlichen Augenschein zu nehmen. Helfet nur auch untersuchen, wie das Feuer ausgekommen. Es ist leider nichts gerettet.

Der Amtmann erklärte, daß alles das späteren Verhandlungen vorbehalten bleibe; er schickte einen Landjäger nach dem alten Schäferle und ersuchte die Anwesenden, außer dem Schultheißen, das Zimmer zu verlassen.

Ich hätt' eine Bitt', die Ihr mir wohl willfahren könnet, wenn's nicht gegen das Recht ist, sagte Diethelm mit ruhiger und doch weicher Stimme, ich möcht', daß meine Mitbürger

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="16">
        <p><pb facs="#f0115"/>
denken, wenn du nach so einem Fall jetzt gar noch lustig thust?</p><lb/>
        <p>Hast Recht, hast Recht, red weiter nichts, hast Recht, sagte Diethelm hastig. Er                erkannte schnell, daß seine Frau ihn auf das Entsprechende hinwies; allzuviel                Gleichmuth war wiederum verdächtig.</p><lb/>
        <p>Eine gewaltige Veränderung war in Diethelm vorgegangen. Nun die That geschehen war,                mit all ihrem Schrecken, galt es mit gefestetem Muthe ihr Stand zu halten. Er                verbannte alle Weichherzigkeit, und als er vor dem kleinen Spiegel stand und sein                flockseidenes Halstuch umthat, hielt er die Zipfel desselben eine Weile ruhig in der                Hand und betrachtete die stolzsichere Miene, die er allen Vorkommnissen gegenüber                bewahren wollte.</p><lb/>
        <p>In der Wirthsstube, wo der junge Amtsverweser mit seinem Actuar und zwei Landjägern                und noch Viele aus dem Dorfe sich befanden, schaute Alles verwundernd auf, als                Diethelm freundlich grüßend und mit dem Ausspruche eines schmerzlichen Bedauerns                eintrat. Diethelm wollte dem Amtmann, mit dem er am Markttage an Einem Tische                gegessen, die Hand reichen, aber der Amtmann wußte gewandt seine Hände mit einem                großen vor ihm liegenden Bogen zu beschäftigen, und Diethelm zuckte mit den Achseln,                als er die dargebotene Hand leer wieder zurückziehen mußte.</p><lb/>
        <p>Ihr seid gekommen, nahm Diethelm das Wort, um mein Unglück in gerichtlichen                Augenschein zu nehmen. Helfet nur auch untersuchen, wie das Feuer ausgekommen. Es ist                leider nichts gerettet.</p><lb/>
        <p>Der Amtmann erklärte, daß alles das späteren Verhandlungen vorbehalten bleibe; er                schickte einen Landjäger nach dem alten Schäferle und ersuchte die Anwesenden, außer                dem Schultheißen, das Zimmer zu verlassen.</p><lb/>
        <p>Ich hätt' eine Bitt', die Ihr mir wohl willfahren könnet, wenn's nicht gegen das                Recht ist, sagte Diethelm mit ruhiger und doch weicher Stimme, ich möcht', daß meine                Mitbürger<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0115] denken, wenn du nach so einem Fall jetzt gar noch lustig thust? Hast Recht, hast Recht, red weiter nichts, hast Recht, sagte Diethelm hastig. Er erkannte schnell, daß seine Frau ihn auf das Entsprechende hinwies; allzuviel Gleichmuth war wiederum verdächtig. Eine gewaltige Veränderung war in Diethelm vorgegangen. Nun die That geschehen war, mit all ihrem Schrecken, galt es mit gefestetem Muthe ihr Stand zu halten. Er verbannte alle Weichherzigkeit, und als er vor dem kleinen Spiegel stand und sein flockseidenes Halstuch umthat, hielt er die Zipfel desselben eine Weile ruhig in der Hand und betrachtete die stolzsichere Miene, die er allen Vorkommnissen gegenüber bewahren wollte. In der Wirthsstube, wo der junge Amtsverweser mit seinem Actuar und zwei Landjägern und noch Viele aus dem Dorfe sich befanden, schaute Alles verwundernd auf, als Diethelm freundlich grüßend und mit dem Ausspruche eines schmerzlichen Bedauerns eintrat. Diethelm wollte dem Amtmann, mit dem er am Markttage an Einem Tische gegessen, die Hand reichen, aber der Amtmann wußte gewandt seine Hände mit einem großen vor ihm liegenden Bogen zu beschäftigen, und Diethelm zuckte mit den Achseln, als er die dargebotene Hand leer wieder zurückziehen mußte. Ihr seid gekommen, nahm Diethelm das Wort, um mein Unglück in gerichtlichen Augenschein zu nehmen. Helfet nur auch untersuchen, wie das Feuer ausgekommen. Es ist leider nichts gerettet. Der Amtmann erklärte, daß alles das späteren Verhandlungen vorbehalten bleibe; er schickte einen Landjäger nach dem alten Schäferle und ersuchte die Anwesenden, außer dem Schultheißen, das Zimmer zu verlassen. Ich hätt' eine Bitt', die Ihr mir wohl willfahren könnet, wenn's nicht gegen das Recht ist, sagte Diethelm mit ruhiger und doch weicher Stimme, ich möcht', daß meine Mitbürger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/115
Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/115>, abgerufen am 21.11.2024.