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Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840.

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Ende mit einander einig ist, dann gelangt man immer erst auf dem Schneckengange der Bureaux und der administrativen Behörden zu dem Ziele der Ausführung des entworfenen Planes. Die mißlichste Stellung haben bei dieser Verfahrungsart in der Regel die commandirenden Generale, welche nicht selten mit dem Ministerium in Zwiespalt der Meinungen und Ansichten gerathen. So viel man jetzt im Allgemeinen über den Operationsplan des Ministeriums weiß, geht er darauf hinaus, daß zwei Armeecorps von gleicher Stärke, etwa von 8 bis 12,000 Mann, gebildet werden sollen, von denen das eine in der Provinz Oran, das andere in der Provinz Algier und Tittery so agiren wird, daß Abd-El-Kader zu gleicher Zeit auf der einen Seite die Verbindung mit Marokko, auf der andern mit der Provinz Constantine und der Regentschaft Tunis abgeschnitten wird. Für das eine wird Medeah, für das andere Tlemsen, vielleicht selbst Tegdemt, der Stützpunkt für die weiteren Operationen bleiben, welche man so viel als möglich in das Innere des Landes erstrecken wird. Denn es gilt, Abd-El-Kader entweder so zu umgehen, daß man ihn auf einem kleinen Raume leicht erdrücken könne, oder ihn so nach der Wüste zurückzudrängen, daß er am Ende aller Hülfsquellen beraubt, auf sich beschränkt bleiben müßte, und sich in keinem Falle wieder erheben könnte. Im Wesentlichen ist das derselbe Operationsplan, welchen Marschall Clauzel immer vor Augen gehabt, und dem Ministerium als den einzig möglichen, wovon man sich Erfolg versprechen dürfe, zu wiederholtenmalen in Vorschlag gebracht hat. Wäre man gleich anfangs darauf eingegangen, so würde man sich jedenfalls manche schwere Opfer erspart haben. Ueber die Generale, welchen das Obercommando der beiden Armeecorps anvertraut werden dürfte, scheint das Ministerium noch nicht im Klaren zu seyn. Man weiß nur so viel, daß weder der Herzog von Orleans, noch der Herzog von Nemours in dieser wichtigen und schwierigen Stellung an dem Feldzuge Theil nehmen werden, und daß das Ministerium den commandirenden Generalen eine von Marschall Valee, den man nach und nach zu beseitigen wünscht, ziemlich unabhängige Stellung einzuräumen Willens ist. Marschall Clauzel sind unter der Hand allerdings Anträge gemacht worden; allein die entschiedene Sprache, die er geführt, und die kategorischen Bedingungen, welche er gestellt hat, haben das Ministerium vorerst abgeschreckt, mit ihm auf weitere Unterhandlungen einzugehen. Er verlangt vor Allem die Entfernung des Marschalls Valee, und will dann völlig freie Hand sowohl in Bezug auf den Operationsplan als auch in Betreff der Bestimmung der zu seiner Ausführung nöthigen Mittel haben. Darauf will und kann aber das Ministerium nicht eingehen. Die Stärke des bereits nach Afrika eingeschifften Armeecorps soll sich auf 10,000 Mann belaufen, welchen nach und nach ungefähr noch einmal so viel folgen werden.

Auf der Nordseite der Metidscha ist es ziemlich ruhig; dagegen stehen die Araber fortwährend in beträchtlicher Zahl bei Belida. Diese Stadt und die Lager in ihrer Umgebung wurden am vorigen Sonnabend angegriffen. Dießmal hatten die Araber einige Kanonen bei sich; sie feuerten etwa dreißig Schüsse und schleuderten einige Kartätschen in das Fort. Unsere Soldaten sind wüthend, daß man sie in die Lager consignirt; sie bedauern den Abgang des energischen Generals Rulhieres, der sie ungeachtet des Verbots des Marschalls Valee wenigstens einige Augenblicke in den Kampf führte. Jetzt ist er in die Stadt zurückgekehrt; er wurde vom Gouverneur kalt empfangen und geht, wie es heißt, in den nächsten Tagen nach Frankreich ab. Es wird jetzt eine mobile Colonne von 5000 Mann formirt, welche bestimmt ist, gegen die Araber, welche die Lager bei Belida berennt halten, zu operiren und die Artilleriestücke des Emirs wegzunehmen. Abd-El-Kader läßt den Engpaß Teniah, welchen man überschreiten muß, um nach Medeah zu gelangen, befestigen. Wir haben jetzt so viele Truppen, daß man die Corps, welche aus den Provinzen Oran und Constantine herbeigeholt worden, zurückschickt. Die Gendarmerie verhaftete in den Umgebungen von Duera 25 Araber, welche mit Pferden, Waffen und Gepäck zum Feind übergehen wollten. Sie wurden hieher ins Gefängniß gebracht. - Vor der kleinen Hafenstadt Scherschel, welche 16 Lieus westlich von Algier liegt, hat sich ein wichtiger Vorfall zugetragen. Ein Kauffahrteischiff, welches von Oran nach Algier segelte, wurde nahe bei Scherschel von einer Windstille überrascht und konnte nicht weiter segeln. Am Morgen des 26 wurde es von den Kabylen der Umgegend von Scherschel bemerkt, welche eine Barke bestiegen und gegen das Schiff ruderten. Die Mannschaft vermochte, da sie weder Kanonen noch Flinten hatte, keinen Widerstand zu leisten. Sie bestieg sammt den Passagieren und der Frau des Capitäns die Schaluppe und es gelang ihr, da sie schneller als die feindliche Barke ruderte, einem sichern Tod zu entgehen und Algier nach Mitternacht zu erreichen. Die Feinde rasten vor Wuth, als sie die Unglücklichen entwischen sahen. Sobald der Admiral Bougainville aus dem Mund des Capitäns jenes Fahrzeugs von dem Vorfall gehört hatte, gab er den Dampfbooten Sphinx und Krokodil Befehl nach Scherschel abzugehen, die dortigen Barken in den Grund zu bohren und das verlassene Kauffahrteischiff wo möglich wieder zu nehmen. Die kleine Expedition ankerte am 27 Morgens auf halbe Kanonenschußweite von Scherschel, ein Theil der Marinesoldaten ruderte in Schaluppen nach dem Hafen und bestieg das gecaperte Schiff, welches sie aber nicht freimachen konnten. Der Capitän des Krokodils zog sich, nachdem ein Drittheil seiner Leute kampfunfähig geworden war, unter dem Feuer der Feinde zurück. Die Batterien der Dampfboote zerstörten die im Hafen liegenden Barken und einen Theil der Häuser und Moscheen Scherschels, zuletzt auch das gecaperte Schiff. - Aus Oran hören wir, daß ein Khalifa Abd-El-Kaders das Städtchen Masagran, welches anderthalb Stunden von Mostaganem entfernt liegt, und größtentheils von Kuruglis bewohnt ist, angegriffen hat. Die Garnison von Mostaganem wollte dem Städtchen zu Hülfe eilen, sah sich aber zum Rückzug genöthigt, denn sie war nur 370 Mann stark und wurde von 1500 Arabern angegriffen. Die Kuruglis, welche diese Colonne begleiteten, verloren 27 Mann. Dagegen wurden auch die Angreifer von den Bewohnern Masagrans zurückgeschlagen und ließen 20 Leichen unter den Mauern zurück. Arzew ist bis jetzt noch nicht bedroht, doch wurden zwei Soldaten von arabischen Maraudeurs verwundet. Die befreundeten Stämme der Duairs und Smelas sind zu Messerghin vereinigt. Der Kabylenhäuptling Buhamedi, einer der mächtigsten Parteigänger Abd-El-Kader's, steht nicht weit von Messerghin mit seinen Truppen.


Niederlande.

Ich habe in einem meiner letzten Briefe der loyalen Gesinnung erwähnt, mit welcher sowohl von Seite des Königs von Holland, als von der seines Volkes die neuen Verhältnisse zu Belgien eingehalten werden. Es wäre zu wünschen, daß von Seite dieses letztern das Gleiche angerühmt werden könnte; allein wenn man auch die unaufhörlichen feindseligen Ausfälle in Journalen des Landes und in einigen, denselben zweckverbrüderten, französischen Blättern eben so wenig einer ernsthaften Beachtung würdigen will, als die


Ende mit einander einig ist, dann gelangt man immer erst auf dem Schneckengange der Bureaux und der administrativen Behörden zu dem Ziele der Ausführung des entworfenen Planes. Die mißlichste Stellung haben bei dieser Verfahrungsart in der Regel die commandirenden Generale, welche nicht selten mit dem Ministerium in Zwiespalt der Meinungen und Ansichten gerathen. So viel man jetzt im Allgemeinen über den Operationsplan des Ministeriums weiß, geht er darauf hinaus, daß zwei Armeecorps von gleicher Stärke, etwa von 8 bis 12,000 Mann, gebildet werden sollen, von denen das eine in der Provinz Oran, das andere in der Provinz Algier und Tittery so agiren wird, daß Abd-El-Kader zu gleicher Zeit auf der einen Seite die Verbindung mit Marokko, auf der andern mit der Provinz Constantine und der Regentschaft Tunis abgeschnitten wird. Für das eine wird Medeah, für das andere Tlemsen, vielleicht selbst Tegdemt, der Stützpunkt für die weiteren Operationen bleiben, welche man so viel als möglich in das Innere des Landes erstrecken wird. Denn es gilt, Abd-El-Kader entweder so zu umgehen, daß man ihn auf einem kleinen Raume leicht erdrücken könne, oder ihn so nach der Wüste zurückzudrängen, daß er am Ende aller Hülfsquellen beraubt, auf sich beschränkt bleiben müßte, und sich in keinem Falle wieder erheben könnte. Im Wesentlichen ist das derselbe Operationsplan, welchen Marschall Clauzel immer vor Augen gehabt, und dem Ministerium als den einzig möglichen, wovon man sich Erfolg versprechen dürfe, zu wiederholtenmalen in Vorschlag gebracht hat. Wäre man gleich anfangs darauf eingegangen, so würde man sich jedenfalls manche schwere Opfer erspart haben. Ueber die Generale, welchen das Obercommando der beiden Armeecorps anvertraut werden dürfte, scheint das Ministerium noch nicht im Klaren zu seyn. Man weiß nur so viel, daß weder der Herzog von Orleans, noch der Herzog von Nemours in dieser wichtigen und schwierigen Stellung an dem Feldzuge Theil nehmen werden, und daß das Ministerium den commandirenden Generalen eine von Marschall Valée, den man nach und nach zu beseitigen wünscht, ziemlich unabhängige Stellung einzuräumen Willens ist. Marschall Clauzel sind unter der Hand allerdings Anträge gemacht worden; allein die entschiedene Sprache, die er geführt, und die kategorischen Bedingungen, welche er gestellt hat, haben das Ministerium vorerst abgeschreckt, mit ihm auf weitere Unterhandlungen einzugehen. Er verlangt vor Allem die Entfernung des Marschalls Valée, und will dann völlig freie Hand sowohl in Bezug auf den Operationsplan als auch in Betreff der Bestimmung der zu seiner Ausführung nöthigen Mittel haben. Darauf will und kann aber das Ministerium nicht eingehen. Die Stärke des bereits nach Afrika eingeschifften Armeecorps soll sich auf 10,000 Mann belaufen, welchen nach und nach ungefähr noch einmal so viel folgen werden.

Auf der Nordseite der Metidscha ist es ziemlich ruhig; dagegen stehen die Araber fortwährend in beträchtlicher Zahl bei Belida. Diese Stadt und die Lager in ihrer Umgebung wurden am vorigen Sonnabend angegriffen. Dießmal hatten die Araber einige Kanonen bei sich; sie feuerten etwa dreißig Schüsse und schleuderten einige Kartätschen in das Fort. Unsere Soldaten sind wüthend, daß man sie in die Lager consignirt; sie bedauern den Abgang des energischen Generals Rulhières, der sie ungeachtet des Verbots des Marschalls Valée wenigstens einige Augenblicke in den Kampf führte. Jetzt ist er in die Stadt zurückgekehrt; er wurde vom Gouverneur kalt empfangen und geht, wie es heißt, in den nächsten Tagen nach Frankreich ab. Es wird jetzt eine mobile Colonne von 5000 Mann formirt, welche bestimmt ist, gegen die Araber, welche die Lager bei Belida berennt halten, zu operiren und die Artilleriestücke des Emirs wegzunehmen. Abd-El-Kader läßt den Engpaß Teniah, welchen man überschreiten muß, um nach Medeah zu gelangen, befestigen. Wir haben jetzt so viele Truppen, daß man die Corps, welche aus den Provinzen Oran und Constantine herbeigeholt worden, zurückschickt. Die Gendarmerie verhaftete in den Umgebungen von Duera 25 Araber, welche mit Pferden, Waffen und Gepäck zum Feind übergehen wollten. Sie wurden hieher ins Gefängniß gebracht. – Vor der kleinen Hafenstadt Scherschel, welche 16 Lieus westlich von Algier liegt, hat sich ein wichtiger Vorfall zugetragen. Ein Kauffahrteischiff, welches von Oran nach Algier segelte, wurde nahe bei Scherschel von einer Windstille überrascht und konnte nicht weiter segeln. Am Morgen des 26 wurde es von den Kabylen der Umgegend von Scherschel bemerkt, welche eine Barke bestiegen und gegen das Schiff ruderten. Die Mannschaft vermochte, da sie weder Kanonen noch Flinten hatte, keinen Widerstand zu leisten. Sie bestieg sammt den Passagieren und der Frau des Capitäns die Schaluppe und es gelang ihr, da sie schneller als die feindliche Barke ruderte, einem sichern Tod zu entgehen und Algier nach Mitternacht zu erreichen. Die Feinde rasten vor Wuth, als sie die Unglücklichen entwischen sahen. Sobald der Admiral Bougainville aus dem Mund des Capitäns jenes Fahrzeugs von dem Vorfall gehört hatte, gab er den Dampfbooten Sphinx und Krokodil Befehl nach Scherschel abzugehen, die dortigen Barken in den Grund zu bohren und das verlassene Kauffahrteischiff wo möglich wieder zu nehmen. Die kleine Expedition ankerte am 27 Morgens auf halbe Kanonenschußweite von Scherschel, ein Theil der Marinesoldaten ruderte in Schaluppen nach dem Hafen und bestieg das gecaperte Schiff, welches sie aber nicht freimachen konnten. Der Capitän des Krokodils zog sich, nachdem ein Drittheil seiner Leute kampfunfähig geworden war, unter dem Feuer der Feinde zurück. Die Batterien der Dampfboote zerstörten die im Hafen liegenden Barken und einen Theil der Häuser und Moscheen Scherschels, zuletzt auch das gecaperte Schiff. – Aus Oran hören wir, daß ein Khalifa Abd-El-Kaders das Städtchen Masagran, welches anderthalb Stunden von Mostaganem entfernt liegt, und größtentheils von Kuruglis bewohnt ist, angegriffen hat. Die Garnison von Mostaganem wollte dem Städtchen zu Hülfe eilen, sah sich aber zum Rückzug genöthigt, denn sie war nur 370 Mann stark und wurde von 1500 Arabern angegriffen. Die Kuruglis, welche diese Colonne begleiteten, verloren 27 Mann. Dagegen wurden auch die Angreifer von den Bewohnern Masagrans zurückgeschlagen und ließen 20 Leichen unter den Mauern zurück. Arzew ist bis jetzt noch nicht bedroht, doch wurden zwei Soldaten von arabischen Maraudeurs verwundet. Die befreundeten Stämme der Duairs und Smelas sind zu Messerghin vereinigt. Der Kabylenhäuptling Buhamedi, einer der mächtigsten Parteigänger Abd-El-Kader's, steht nicht weit von Messerghin mit seinen Truppen.


Niederlande.

Ich habe in einem meiner letzten Briefe der loyalen Gesinnung erwähnt, mit welcher sowohl von Seite des Königs von Holland, als von der seines Volkes die neuen Verhältnisse zu Belgien eingehalten werden. Es wäre zu wünschen, daß von Seite dieses letztern das Gleiche angerühmt werden könnte; allein wenn man auch die unaufhörlichen feindseligen Ausfälle in Journalen des Landes und in einigen, denselben zweckverbrüderten, französischen Blättern eben so wenig einer ernsthaften Beachtung würdigen will, als die

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Ende mit einander einig ist, dann gelangt man immer erst auf dem Schneckengange der Bureaux und der administrativen Behörden zu dem Ziele der Ausführung des entworfenen Planes. Die mißlichste Stellung haben bei dieser Verfahrungsart in der Regel die commandirenden Generale, welche nicht selten mit dem Ministerium in Zwiespalt der Meinungen und Ansichten gerathen. So viel man jetzt im Allgemeinen über den Operationsplan des Ministeriums weiß, geht er darauf hinaus, daß zwei Armeecorps von gleicher Stärke, etwa von 8 bis 12,000 Mann, gebildet werden sollen, von denen das eine in der Provinz Oran, das andere in der Provinz Algier und Tittery so agiren wird, daß Abd-El-Kader zu gleicher Zeit auf der einen Seite die Verbindung mit Marokko, auf der andern mit der Provinz Constantine und der Regentschaft Tunis abgeschnitten wird. Für das eine wird Medeah, für das andere Tlemsen, vielleicht selbst Tegdemt, der Stützpunkt für die weiteren Operationen bleiben, welche man so viel als möglich in das Innere des Landes erstrecken wird. Denn es gilt, Abd-El-Kader entweder so zu umgehen, daß man ihn auf einem kleinen Raume leicht erdrücken könne, oder ihn so nach der Wüste zurückzudrängen, daß er am Ende aller Hülfsquellen beraubt, auf sich beschränkt bleiben müßte, und sich in keinem Falle wieder erheben könnte. Im Wesentlichen ist das derselbe Operationsplan, welchen Marschall Clauzel immer vor Augen gehabt, und dem Ministerium als den einzig möglichen, wovon man sich Erfolg versprechen dürfe, zu wiederholtenmalen in Vorschlag gebracht hat. Wäre man gleich anfangs darauf eingegangen, so würde man sich jedenfalls manche schwere Opfer erspart haben. Ueber die Generale, welchen das Obercommando der beiden Armeecorps anvertraut werden dürfte, scheint das Ministerium noch nicht im Klaren zu seyn. Man weiß nur so viel, daß weder der Herzog von Orleans, noch der Herzog von Nemours in dieser wichtigen und schwierigen Stellung an dem Feldzuge Theil nehmen werden, und daß das Ministerium den commandirenden Generalen eine von Marschall Valée, den man nach und nach zu beseitigen wünscht, ziemlich unabhängige Stellung einzuräumen Willens ist. Marschall Clauzel sind unter der Hand allerdings Anträge gemacht worden; allein die entschiedene Sprache, die er geführt, und die kategorischen Bedingungen, welche er gestellt hat, haben das Ministerium vorerst abgeschreckt, mit ihm auf weitere Unterhandlungen einzugehen. Er verlangt vor Allem die Entfernung des Marschalls Valée, und will dann völlig freie Hand sowohl in Bezug auf den Operationsplan als auch in Betreff der Bestimmung der zu seiner Ausführung nöthigen Mittel haben. Darauf will und kann aber das Ministerium nicht eingehen. Die Stärke des bereits nach Afrika eingeschifften Armeecorps soll sich auf 10,000 Mann belaufen, welchen nach und nach ungefähr noch einmal so viel folgen werden.</p>
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          <p> Auf der Nordseite der Metidscha ist es ziemlich ruhig; dagegen stehen die Araber fortwährend in beträchtlicher Zahl bei Belida. Diese Stadt und die Lager in ihrer Umgebung wurden am vorigen Sonnabend angegriffen. Dießmal hatten die Araber einige Kanonen bei sich; sie feuerten etwa dreißig Schüsse und schleuderten einige Kartätschen in das Fort. Unsere Soldaten sind wüthend, daß man sie in die Lager consignirt; sie bedauern den Abgang des energischen Generals Rulhières, der sie ungeachtet des Verbots des Marschalls Valée wenigstens einige Augenblicke in den Kampf führte. Jetzt ist er in die Stadt zurückgekehrt; er wurde vom Gouverneur kalt empfangen und geht, wie es heißt, in den nächsten Tagen nach Frankreich ab. Es wird jetzt eine mobile Colonne von 5000 Mann formirt, welche bestimmt ist, gegen die Araber, welche die Lager bei Belida berennt halten, zu operiren und die Artilleriestücke des Emirs wegzunehmen. Abd-El-Kader läßt den Engpaß Teniah, welchen man überschreiten muß, um nach Medeah zu gelangen, befestigen. Wir haben jetzt so viele Truppen, daß man die Corps, welche aus den Provinzen Oran und Constantine herbeigeholt worden, zurückschickt. Die Gendarmerie verhaftete in den Umgebungen von Duera 25 Araber, welche mit Pferden, Waffen und Gepäck zum Feind übergehen wollten. Sie wurden hieher ins Gefängniß gebracht. &#x2013; Vor der kleinen Hafenstadt Scherschel, welche 16 Lieus westlich von Algier liegt, hat sich ein wichtiger Vorfall zugetragen. Ein Kauffahrteischiff, welches von Oran nach Algier segelte, wurde nahe bei Scherschel von einer Windstille überrascht und konnte nicht weiter segeln. Am Morgen des 26 wurde es von den Kabylen der Umgegend von Scherschel bemerkt, welche eine Barke bestiegen und gegen das Schiff ruderten. Die Mannschaft vermochte, da sie weder Kanonen noch Flinten hatte, keinen Widerstand zu leisten. Sie bestieg sammt den Passagieren und der Frau des Capitäns die Schaluppe und es gelang ihr, da sie schneller als die feindliche Barke ruderte, einem sichern Tod zu entgehen und Algier nach Mitternacht zu erreichen. Die Feinde rasten vor Wuth, als sie die Unglücklichen entwischen sahen. Sobald der Admiral Bougainville aus dem Mund des Capitäns jenes Fahrzeugs von dem Vorfall gehört hatte, gab er den Dampfbooten Sphinx und Krokodil Befehl nach Scherschel abzugehen, die dortigen Barken in den Grund zu bohren und das verlassene Kauffahrteischiff wo möglich wieder zu nehmen. Die kleine Expedition ankerte am 27 Morgens auf halbe Kanonenschußweite von Scherschel, ein Theil der Marinesoldaten ruderte in Schaluppen nach dem Hafen und bestieg das gecaperte Schiff, welches sie aber nicht freimachen konnten. Der Capitän des Krokodils zog sich, nachdem ein Drittheil seiner Leute kampfunfähig geworden war, unter dem Feuer der Feinde zurück. Die Batterien der Dampfboote zerstörten die im Hafen liegenden Barken und einen Theil der Häuser und Moscheen Scherschels, zuletzt auch das gecaperte Schiff. &#x2013; Aus Oran hören wir, daß ein Khalifa Abd-El-Kaders das Städtchen Masagran, welches anderthalb Stunden von Mostaganem entfernt liegt, und größtentheils von Kuruglis bewohnt ist, angegriffen hat. Die Garnison von Mostaganem wollte dem Städtchen zu Hülfe eilen, sah sich aber zum Rückzug genöthigt, denn sie war nur 370 Mann stark und wurde von 1500 Arabern angegriffen. Die Kuruglis, welche diese Colonne begleiteten, verloren 27 Mann. Dagegen wurden auch die Angreifer von den Bewohnern Masagrans zurückgeschlagen und ließen 20 Leichen unter den Mauern zurück. Arzew ist bis jetzt noch nicht bedroht, doch wurden zwei Soldaten von arabischen Maraudeurs verwundet. Die befreundeten Stämme der Duairs und Smelas sind zu Messerghin vereinigt. Der Kabylenhäuptling Buhamedi, einer der mächtigsten Parteigänger Abd-El-Kader's, steht nicht weit von Messerghin mit seinen Truppen.</p><lb/>
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[0077/0005] Ende mit einander einig ist, dann gelangt man immer erst auf dem Schneckengange der Bureaux und der administrativen Behörden zu dem Ziele der Ausführung des entworfenen Planes. Die mißlichste Stellung haben bei dieser Verfahrungsart in der Regel die commandirenden Generale, welche nicht selten mit dem Ministerium in Zwiespalt der Meinungen und Ansichten gerathen. So viel man jetzt im Allgemeinen über den Operationsplan des Ministeriums weiß, geht er darauf hinaus, daß zwei Armeecorps von gleicher Stärke, etwa von 8 bis 12,000 Mann, gebildet werden sollen, von denen das eine in der Provinz Oran, das andere in der Provinz Algier und Tittery so agiren wird, daß Abd-El-Kader zu gleicher Zeit auf der einen Seite die Verbindung mit Marokko, auf der andern mit der Provinz Constantine und der Regentschaft Tunis abgeschnitten wird. Für das eine wird Medeah, für das andere Tlemsen, vielleicht selbst Tegdemt, der Stützpunkt für die weiteren Operationen bleiben, welche man so viel als möglich in das Innere des Landes erstrecken wird. Denn es gilt, Abd-El-Kader entweder so zu umgehen, daß man ihn auf einem kleinen Raume leicht erdrücken könne, oder ihn so nach der Wüste zurückzudrängen, daß er am Ende aller Hülfsquellen beraubt, auf sich beschränkt bleiben müßte, und sich in keinem Falle wieder erheben könnte. Im Wesentlichen ist das derselbe Operationsplan, welchen Marschall Clauzel immer vor Augen gehabt, und dem Ministerium als den einzig möglichen, wovon man sich Erfolg versprechen dürfe, zu wiederholtenmalen in Vorschlag gebracht hat. Wäre man gleich anfangs darauf eingegangen, so würde man sich jedenfalls manche schwere Opfer erspart haben. Ueber die Generale, welchen das Obercommando der beiden Armeecorps anvertraut werden dürfte, scheint das Ministerium noch nicht im Klaren zu seyn. Man weiß nur so viel, daß weder der Herzog von Orleans, noch der Herzog von Nemours in dieser wichtigen und schwierigen Stellung an dem Feldzuge Theil nehmen werden, und daß das Ministerium den commandirenden Generalen eine von Marschall Valée, den man nach und nach zu beseitigen wünscht, ziemlich unabhängige Stellung einzuräumen Willens ist. Marschall Clauzel sind unter der Hand allerdings Anträge gemacht worden; allein die entschiedene Sprache, die er geführt, und die kategorischen Bedingungen, welche er gestellt hat, haben das Ministerium vorerst abgeschreckt, mit ihm auf weitere Unterhandlungen einzugehen. Er verlangt vor Allem die Entfernung des Marschalls Valée, und will dann völlig freie Hand sowohl in Bezug auf den Operationsplan als auch in Betreff der Bestimmung der zu seiner Ausführung nöthigen Mittel haben. Darauf will und kann aber das Ministerium nicht eingehen. Die Stärke des bereits nach Afrika eingeschifften Armeecorps soll sich auf 10,000 Mann belaufen, welchen nach und nach ungefähr noch einmal so viel folgen werden. * Algier, 28 Dec. Auf der Nordseite der Metidscha ist es ziemlich ruhig; dagegen stehen die Araber fortwährend in beträchtlicher Zahl bei Belida. Diese Stadt und die Lager in ihrer Umgebung wurden am vorigen Sonnabend angegriffen. Dießmal hatten die Araber einige Kanonen bei sich; sie feuerten etwa dreißig Schüsse und schleuderten einige Kartätschen in das Fort. Unsere Soldaten sind wüthend, daß man sie in die Lager consignirt; sie bedauern den Abgang des energischen Generals Rulhières, der sie ungeachtet des Verbots des Marschalls Valée wenigstens einige Augenblicke in den Kampf führte. Jetzt ist er in die Stadt zurückgekehrt; er wurde vom Gouverneur kalt empfangen und geht, wie es heißt, in den nächsten Tagen nach Frankreich ab. Es wird jetzt eine mobile Colonne von 5000 Mann formirt, welche bestimmt ist, gegen die Araber, welche die Lager bei Belida berennt halten, zu operiren und die Artilleriestücke des Emirs wegzunehmen. Abd-El-Kader läßt den Engpaß Teniah, welchen man überschreiten muß, um nach Medeah zu gelangen, befestigen. Wir haben jetzt so viele Truppen, daß man die Corps, welche aus den Provinzen Oran und Constantine herbeigeholt worden, zurückschickt. Die Gendarmerie verhaftete in den Umgebungen von Duera 25 Araber, welche mit Pferden, Waffen und Gepäck zum Feind übergehen wollten. Sie wurden hieher ins Gefängniß gebracht. – Vor der kleinen Hafenstadt Scherschel, welche 16 Lieus westlich von Algier liegt, hat sich ein wichtiger Vorfall zugetragen. Ein Kauffahrteischiff, welches von Oran nach Algier segelte, wurde nahe bei Scherschel von einer Windstille überrascht und konnte nicht weiter segeln. Am Morgen des 26 wurde es von den Kabylen der Umgegend von Scherschel bemerkt, welche eine Barke bestiegen und gegen das Schiff ruderten. Die Mannschaft vermochte, da sie weder Kanonen noch Flinten hatte, keinen Widerstand zu leisten. Sie bestieg sammt den Passagieren und der Frau des Capitäns die Schaluppe und es gelang ihr, da sie schneller als die feindliche Barke ruderte, einem sichern Tod zu entgehen und Algier nach Mitternacht zu erreichen. Die Feinde rasten vor Wuth, als sie die Unglücklichen entwischen sahen. Sobald der Admiral Bougainville aus dem Mund des Capitäns jenes Fahrzeugs von dem Vorfall gehört hatte, gab er den Dampfbooten Sphinx und Krokodil Befehl nach Scherschel abzugehen, die dortigen Barken in den Grund zu bohren und das verlassene Kauffahrteischiff wo möglich wieder zu nehmen. Die kleine Expedition ankerte am 27 Morgens auf halbe Kanonenschußweite von Scherschel, ein Theil der Marinesoldaten ruderte in Schaluppen nach dem Hafen und bestieg das gecaperte Schiff, welches sie aber nicht freimachen konnten. Der Capitän des Krokodils zog sich, nachdem ein Drittheil seiner Leute kampfunfähig geworden war, unter dem Feuer der Feinde zurück. Die Batterien der Dampfboote zerstörten die im Hafen liegenden Barken und einen Theil der Häuser und Moscheen Scherschels, zuletzt auch das gecaperte Schiff. – Aus Oran hören wir, daß ein Khalifa Abd-El-Kaders das Städtchen Masagran, welches anderthalb Stunden von Mostaganem entfernt liegt, und größtentheils von Kuruglis bewohnt ist, angegriffen hat. Die Garnison von Mostaganem wollte dem Städtchen zu Hülfe eilen, sah sich aber zum Rückzug genöthigt, denn sie war nur 370 Mann stark und wurde von 1500 Arabern angegriffen. Die Kuruglis, welche diese Colonne begleiteten, verloren 27 Mann. Dagegen wurden auch die Angreifer von den Bewohnern Masagrans zurückgeschlagen und ließen 20 Leichen unter den Mauern zurück. Arzew ist bis jetzt noch nicht bedroht, doch wurden zwei Soldaten von arabischen Maraudeurs verwundet. Die befreundeten Stämme der Duairs und Smelas sind zu Messerghin vereinigt. Der Kabylenhäuptling Buhamedi, einer der mächtigsten Parteigänger Abd-El-Kader's, steht nicht weit von Messerghin mit seinen Truppen. Niederlande. ✝✝ Haag, 26 Dec. Ich habe in einem meiner letzten Briefe der loyalen Gesinnung erwähnt, mit welcher sowohl von Seite des Königs von Holland, als von der seines Volkes die neuen Verhältnisse zu Belgien eingehalten werden. Es wäre zu wünschen, daß von Seite dieses letztern das Gleiche angerühmt werden könnte; allein wenn man auch die unaufhörlichen feindseligen Ausfälle in Journalen des Landes und in einigen, denselben zweckverbrüderten, französischen Blättern eben so wenig einer ernsthaften Beachtung würdigen will, als die

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840, S. 0077. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_010_18400110/5>, abgerufen am 29.04.2024.