Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


unwahren und bloß zu ministeriellen Bedürfnissen des Augenblicks benützten Declamationen in der belgischen Kammer (Hrn. Nothomb dießmal nicht ausgeschlossen), so muß doch die schlechte Treue sehr beklagt werden, mit welcher Belgien, unter allerlei leeren Vorwänden, sich der Vollziehung des Vierundzwanzig-Artikel-Vertrags zu entwinden sucht, und ich sehe mich daher in die Nothwendigkeit versetzt, den größten Theil der in einigen frühern Briefen dem belgischen Gouvernement hinsichtlich seines guten Willens in diesem Punkte gespendeten Lobsprüche, zurückzunehmen. Da man in letzterer Zeit sich besonders viele Mühe gegeben hat, die Sympathien Deutschlands für Belgien zu wecken und die Interessen beider Länder als mit einander verschmolzen hinzustellen, so braucht es für Leute, welche gesunde Augen und richtigen Tact besitzen, wohl kaum einer Auseinandersetzung, welch' großes Interesse Deutschland an einer tractatenmäßigen, vollständigen und baldigen Berichtigung der Gränzen im Limburgischen und Luxemburgischen habe; wie daher sowohl dieses Interesse als sein gutes Recht Deutschland dringend auffordern müssen, darüber zu wachen, daß kein deutsches Territorium fremden Interessen aufgeopfert, oder durch chicanöse Auslegungen des ohnehin in mehr als einer Beziehung mangelhaften und nachtheiligen Tractats, von Belgien ein Theil des deutschen Bundesgebiets abgerissen werde. Interpretationen von der Art, wie die hinsichtlich der Limburger Gränze versuchten, sind mit dem gesunden Verstande unverträglich; und Deutschland trifft bereits mit Recht der Vorwurf, die Frage wegen Martelange (Martelingen) nicht schon auch vor sein Forum gezogen zu haben. Offenbar enthält der Tractat in dieser letztern Hinsicht einen Widerspruch, indem er die Straße von Arlon nach Bastogne (oder vielmehr dem wallonisirten Bastnar) Belgien, das Dorf Martelingen aber Deutschland zuspricht. Diese Zertheilung des Dorfes in eine größere und kleinere Hälfte durch die erwähnte Straße ist eine unverein- und unausführbare Maaßregel, die Zuerkennung des ganzen Dorfes an Deutschland aber eben so gewiß eine deutlich ausgedrückte Bestimmung des Tractats, als die der Straße an Belgien; somit kann die Besetzung desselben von Seite Belgiens nur als ein Einbruch in den Vertrag betrachtet werden. Wenn gleich Maestricht keinen eigentlichen Theil des deutschen Limburgs ausmacht, so ist doch jedem Verständigen klar, daß es die einzige Schutzwehr dieses sonst von allen Seiten her offenen Landes bildet. Die obwaltende Differenz besteht nun darin, daß Belgien den Rayon desselben, welcher Niederland verbleibt, von der Crete des Glacis an, Niederland aber vom Fuße dieses letztern an, nach der Seite von Smeermaas, rechnet. Letzteres ist, wenn man den schlichten Menschenverstand und eine naturgemäße Auslegung des 24 Artikel-Vertrags, welcher von 1200 Toisen vom Glacis an spricht, zu Rathe ziehen will, das einzig Annehmbare. Ich werde über Luxemburg, das System der Regierung in diesem Lande, welches von mehrern Seiten so ohne alle Sachkenntniß und mit so vieler Leidenschaftlichkeit zu wiederholtenmalen angefochten worden ist, die commerciellen Verhältnisse Hollands zu Deutschland, die neuesten constitutionellen Evenements und die gegenwärtigen Zustände und Stimmungen in einigen folgenden Briefen beleuchtende Mittheilungen, zur Aufklärung der öffentlichen Meinung auswärts, liefern.

Schweiz.

Der schweiz. Beobachter bringt auf 24 Spalten das Urtheil des Obergerichts in der Hochverrathssache. Wir entheben demselben heute nur folgende Punkte: In Hinsicht auf das Hauptverbrechen des Hochverrathsversuchs sind die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission weder als Urheber noch als Theilnehmer erkannt; der Präsident, Alt-Schultheiß Fischer, ist in hohem Grade der Urheberschaft verdächtig, und auch auf Alt-Oberst Tscharner ruht einiger Verdacht; - Lentulus, Sohn, v. Werdt, Wyttenbach, Major Fischer und Zyro sind als Urheber erkannt; Rud. Haag ist der Urheberschaft verdächtig. - Die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission sind des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Kriegsvorräthen, und zwar nicht nur zu strafbaren Zwecken, sondern auch mit höchster Gefahr für die öffentliche Ruhe, als schuldig erklärt; ebenso des Vergehens des gesetzwidrigen gewaltsamen Widerstandsversuchs gegen die Staatsgewalt. Als Milderungsgründe im Allgemeinen werden angeführt die lange Verzögerung des Strafprocesses und die damit verbundenen Folgen für alle anwesenden Schuldigen; ferner die mehr oder minder lange Haft. Zu einer peinlichen Strafe sind verurtheilt: A. Die als Urheber des Hochverrathsversuchs Erklärten, und zwar Lentulus zu 10jähriger Einsperrung, Fischer im Eichberg zu 10jähriger Einsperrung, Werdt zu Toffen zu 7jähriger Einsperrung, Wyttenbach und Zyro zu 5jähriger Einsperrung, und zwar die ersten vier per contumaciam unter Vorbehalt der Revision. B. Die der Theilnahme am Hochverrathsversuch als schuldig Erklärten. Von jeder peinlichen Anklage sind freigesprochen alle diejenigen, welche weder als Urheber noch als Theilnehmer am Hochverrathsversuch als schuldig erklärt sind. Es sollen polizeilich verurtheilt seyn: die des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Munition als schuldig Erklärten, wobei das denselben zur Last fallende weitere Vergehen des Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt einen Strafe schärfenden Zusatz begründet, und zwar Alt-Schultheiß Fischer und Karl L. Tscharner zu zweijähriger Gefangenschaft; Bernhard v. Diesbach, Franz Hahn, S. König und Fr. Lutz zu einjähriger Gefangenschaft. Die der Nichtanzeige bei zuverlässiger Kenntniß von hochverrätherischen Umtrieben als schuldig Erklärten. Außer den Kosten für Untersuchung und Strafvollstreckung werden die Kosten des außerordentlichen Militäraufgebots während der ersten zwei Monate so auf die Verurtheilten vertheilt, daß den sieben Mitgliedern der Stadtrathscommission die Hälfte zur Last fällt. (Zürich. Bl.)


Deutschland.

Heute eröffnete Se. Maj. der König die achte Versammlung der Stände des Reichs unter den Formen und Feierlichkeiten, wie dieselben in dem am 4 d. M. dießfalls eigens erschienenen Programm bestimmt waren. - Als Se. Maj., umgeben von Ihrem höhern Dienste, in den Sitzungssaal der Kammer der Abgeordneten getreten, und von dem Lebehoch der Anwesenden begrüßt waren, hielten Allerhöchstdieselben nachfolgende Anrede vom Throne:

"Meine Lieben und Getreuen die Stände des Reichs! Bayern, Pfälzer, Franken, Schwaben, ruhmvoll nennt sie die Geschichte; zu schön glänzen diese Namen durch eine Reihe von Jahrhunderten als daß sie erlöschen sollten, und freudig ertheilte Ich den Ländern wieder ihre angestammten Benennungen. Der geschichtliche Boden ist ein fester. Nicht der Namen Vertilgung bewirkt Einheit; treues Zusammenhalten, Anhänglichkeit an den Thron das vereinigt, und Meine Liebe umfaßt alle Meine Unterthanen. - Des Volkes Wohlstand steigt. Die zu Förderung desselben, und des Landes Schutz begonnenen Werke schreiten so rasch voran, als es ohne Uebereilung geschehen kann. - Die Zoll- und Münzcongresse vermehrten das Treffliche was zu des Volkes Bestem gegründet


unwahren und bloß zu ministeriellen Bedürfnissen des Augenblicks benützten Declamationen in der belgischen Kammer (Hrn. Nothomb dießmal nicht ausgeschlossen), so muß doch die schlechte Treue sehr beklagt werden, mit welcher Belgien, unter allerlei leeren Vorwänden, sich der Vollziehung des Vierundzwanzig-Artikel-Vertrags zu entwinden sucht, und ich sehe mich daher in die Nothwendigkeit versetzt, den größten Theil der in einigen frühern Briefen dem belgischen Gouvernement hinsichtlich seines guten Willens in diesem Punkte gespendeten Lobsprüche, zurückzunehmen. Da man in letzterer Zeit sich besonders viele Mühe gegeben hat, die Sympathien Deutschlands für Belgien zu wecken und die Interessen beider Länder als mit einander verschmolzen hinzustellen, so braucht es für Leute, welche gesunde Augen und richtigen Tact besitzen, wohl kaum einer Auseinandersetzung, welch' großes Interesse Deutschland an einer tractatenmäßigen, vollständigen und baldigen Berichtigung der Gränzen im Limburgischen und Luxemburgischen habe; wie daher sowohl dieses Interesse als sein gutes Recht Deutschland dringend auffordern müssen, darüber zu wachen, daß kein deutsches Territorium fremden Interessen aufgeopfert, oder durch chicanöse Auslegungen des ohnehin in mehr als einer Beziehung mangelhaften und nachtheiligen Tractats, von Belgien ein Theil des deutschen Bundesgebiets abgerissen werde. Interpretationen von der Art, wie die hinsichtlich der Limburger Gränze versuchten, sind mit dem gesunden Verstande unverträglich; und Deutschland trifft bereits mit Recht der Vorwurf, die Frage wegen Martelange (Martelingen) nicht schon auch vor sein Forum gezogen zu haben. Offenbar enthält der Tractat in dieser letztern Hinsicht einen Widerspruch, indem er die Straße von Arlon nach Bastogne (oder vielmehr dem wallonisirten Bastnar) Belgien, das Dorf Martelingen aber Deutschland zuspricht. Diese Zertheilung des Dorfes in eine größere und kleinere Hälfte durch die erwähnte Straße ist eine unverein- und unausführbare Maaßregel, die Zuerkennung des ganzen Dorfes an Deutschland aber eben so gewiß eine deutlich ausgedrückte Bestimmung des Tractats, als die der Straße an Belgien; somit kann die Besetzung desselben von Seite Belgiens nur als ein Einbruch in den Vertrag betrachtet werden. Wenn gleich Maestricht keinen eigentlichen Theil des deutschen Limburgs ausmacht, so ist doch jedem Verständigen klar, daß es die einzige Schutzwehr dieses sonst von allen Seiten her offenen Landes bildet. Die obwaltende Differenz besteht nun darin, daß Belgien den Rayon desselben, welcher Niederland verbleibt, von der Crête des Glacis an, Niederland aber vom Fuße dieses letztern an, nach der Seite von Smeermaas, rechnet. Letzteres ist, wenn man den schlichten Menschenverstand und eine naturgemäße Auslegung des 24 Artikel-Vertrags, welcher von 1200 Toisen vom Glacis an spricht, zu Rathe ziehen will, das einzig Annehmbare. Ich werde über Luxemburg, das System der Regierung in diesem Lande, welches von mehrern Seiten so ohne alle Sachkenntniß und mit so vieler Leidenschaftlichkeit zu wiederholtenmalen angefochten worden ist, die commerciellen Verhältnisse Hollands zu Deutschland, die neuesten constitutionellen Evenements und die gegenwärtigen Zustände und Stimmungen in einigen folgenden Briefen beleuchtende Mittheilungen, zur Aufklärung der öffentlichen Meinung auswärts, liefern.

Schweiz.

Der schweiz. Beobachter bringt auf 24 Spalten das Urtheil des Obergerichts in der Hochverrathssache. Wir entheben demselben heute nur folgende Punkte: In Hinsicht auf das Hauptverbrechen des Hochverrathsversuchs sind die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission weder als Urheber noch als Theilnehmer erkannt; der Präsident, Alt-Schultheiß Fischer, ist in hohem Grade der Urheberschaft verdächtig, und auch auf Alt-Oberst Tscharner ruht einiger Verdacht; – Lentulus, Sohn, v. Werdt, Wyttenbach, Major Fischer und Zyro sind als Urheber erkannt; Rud. Haag ist der Urheberschaft verdächtig. – Die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission sind des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Kriegsvorräthen, und zwar nicht nur zu strafbaren Zwecken, sondern auch mit höchster Gefahr für die öffentliche Ruhe, als schuldig erklärt; ebenso des Vergehens des gesetzwidrigen gewaltsamen Widerstandsversuchs gegen die Staatsgewalt. Als Milderungsgründe im Allgemeinen werden angeführt die lange Verzögerung des Strafprocesses und die damit verbundenen Folgen für alle anwesenden Schuldigen; ferner die mehr oder minder lange Haft. Zu einer peinlichen Strafe sind verurtheilt: A. Die als Urheber des Hochverrathsversuchs Erklärten, und zwar Lentulus zu 10jähriger Einsperrung, Fischer im Eichberg zu 10jähriger Einsperrung, Werdt zu Toffen zu 7jähriger Einsperrung, Wyttenbach und Zyro zu 5jähriger Einsperrung, und zwar die ersten vier per contumaciam unter Vorbehalt der Revision. B. Die der Theilnahme am Hochverrathsversuch als schuldig Erklärten. Von jeder peinlichen Anklage sind freigesprochen alle diejenigen, welche weder als Urheber noch als Theilnehmer am Hochverrathsversuch als schuldig erklärt sind. Es sollen polizeilich verurtheilt seyn: die des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Munition als schuldig Erklärten, wobei das denselben zur Last fallende weitere Vergehen des Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt einen Strafe schärfenden Zusatz begründet, und zwar Alt-Schultheiß Fischer und Karl L. Tscharner zu zweijähriger Gefangenschaft; Bernhard v. Diesbach, Franz Hahn, S. König und Fr. Lutz zu einjähriger Gefangenschaft. Die der Nichtanzeige bei zuverlässiger Kenntniß von hochverrätherischen Umtrieben als schuldig Erklärten. Außer den Kosten für Untersuchung und Strafvollstreckung werden die Kosten des außerordentlichen Militäraufgebots während der ersten zwei Monate so auf die Verurtheilten vertheilt, daß den sieben Mitgliedern der Stadtrathscommission die Hälfte zur Last fällt. (Zürich. Bl.)


Deutschland.

Heute eröffnete Se. Maj. der König die achte Versammlung der Stände des Reichs unter den Formen und Feierlichkeiten, wie dieselben in dem am 4 d. M. dießfalls eigens erschienenen Programm bestimmt waren. – Als Se. Maj., umgeben von Ihrem höhern Dienste, in den Sitzungssaal der Kammer der Abgeordneten getreten, und von dem Lebehoch der Anwesenden begrüßt waren, hielten Allerhöchstdieselben nachfolgende Anrede vom Throne:

„Meine Lieben und Getreuen die Stände des Reichs! Bayern, Pfälzer, Franken, Schwaben, ruhmvoll nennt sie die Geschichte; zu schön glänzen diese Namen durch eine Reihe von Jahrhunderten als daß sie erlöschen sollten, und freudig ertheilte Ich den Ländern wieder ihre angestammten Benennungen. Der geschichtliche Boden ist ein fester. Nicht der Namen Vertilgung bewirkt Einheit; treues Zusammenhalten, Anhänglichkeit an den Thron das vereinigt, und Meine Liebe umfaßt alle Meine Unterthanen. – Des Volkes Wohlstand steigt. Die zu Förderung desselben, und des Landes Schutz begonnenen Werke schreiten so rasch voran, als es ohne Uebereilung geschehen kann. – Die Zoll- und Münzcongresse vermehrten das Treffliche was zu des Volkes Bestem gegründet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0006" n="0078"/><lb/>
unwahren und bloß zu ministeriellen Bedürfnissen des Augenblicks benützten Declamationen in der belgischen Kammer (Hrn. Nothomb dießmal nicht ausgeschlossen), so muß doch die schlechte Treue sehr beklagt werden, mit welcher Belgien, unter allerlei leeren Vorwänden, sich der Vollziehung des Vierundzwanzig-Artikel-Vertrags zu entwinden sucht, und ich sehe mich daher in die Nothwendigkeit versetzt, den größten Theil der in einigen frühern Briefen dem belgischen Gouvernement hinsichtlich seines guten Willens in diesem Punkte gespendeten Lobsprüche, zurückzunehmen. Da man in letzterer Zeit sich besonders viele Mühe gegeben hat, die Sympathien Deutschlands für Belgien zu wecken und die Interessen beider Länder als mit einander verschmolzen hinzustellen, so braucht es für Leute, welche gesunde Augen und richtigen Tact besitzen, wohl kaum einer Auseinandersetzung, welch' großes Interesse Deutschland an einer <hi rendition="#g">tractatenmäßigen</hi>, <hi rendition="#g">vollständigen</hi> und <hi rendition="#g">baldigen</hi> Berichtigung der Gränzen im Limburgischen und Luxemburgischen habe; wie daher sowohl dieses <hi rendition="#g">Interesse</hi> als sein <hi rendition="#g">gutes Recht</hi> Deutschland dringend auffordern müssen, darüber zu wachen, daß kein deutsches Territorium fremden Interessen aufgeopfert, oder durch chicanöse Auslegungen des ohnehin in mehr als einer Beziehung mangelhaften und nachtheiligen Tractats, von Belgien ein Theil des deutschen Bundesgebiets abgerissen werde. Interpretationen von der Art, wie die hinsichtlich der Limburger Gränze versuchten, sind mit dem gesunden Verstande unverträglich; und Deutschland trifft bereits mit Recht der Vorwurf, die Frage wegen Martelange (Martelingen) nicht schon auch vor <hi rendition="#g">sein</hi> Forum gezogen zu haben. Offenbar enthält der Tractat in dieser letztern Hinsicht einen Widerspruch, indem er die Straße von Arlon nach Bastogne (oder vielmehr dem wallonisirten Bastnar) Belgien, das Dorf Martelingen aber Deutschland zuspricht. Diese Zertheilung des Dorfes in eine größere und kleinere Hälfte durch die erwähnte Straße ist eine unverein- und unausführbare Maaßregel, die Zuerkennung des ganzen Dorfes an Deutschland aber eben so gewiß eine deutlich ausgedrückte Bestimmung des Tractats, als die der Straße an Belgien; somit kann die Besetzung desselben von Seite Belgiens nur als ein Einbruch in den Vertrag betrachtet werden. Wenn gleich Maestricht keinen eigentlichen Theil des deutschen Limburgs ausmacht, so ist doch jedem Verständigen klar, daß es die einzige Schutzwehr dieses sonst von allen Seiten her offenen Landes bildet. Die obwaltende Differenz besteht nun darin, daß Belgien den Rayon desselben, welcher Niederland verbleibt, von der Crête des Glacis an, Niederland aber vom Fuße dieses letztern an, nach der Seite von Smeermaas, rechnet. Letzteres ist, wenn man den schlichten Menschenverstand und eine naturgemäße Auslegung des 24 Artikel-Vertrags, welcher von 1200 Toisen vom Glacis an spricht, zu Rathe ziehen will, das einzig Annehmbare. Ich werde über Luxemburg, das System der Regierung in diesem Lande, welches von mehrern Seiten so ohne alle Sachkenntniß und mit so vieler Leidenschaftlichkeit zu wiederholtenmalen angefochten worden ist, die commerciellen Verhältnisse Hollands zu Deutschland, die neuesten constitutionellen Evenements und die gegenwärtigen Zustände und Stimmungen in einigen folgenden Briefen beleuchtende Mittheilungen, zur Aufklärung der öffentlichen Meinung auswärts, liefern.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline> <hi rendition="#b">Bern.</hi> </dateline>
          <p> Der schweiz. Beobachter bringt auf 24 Spalten das Urtheil des Obergerichts in der Hochverrathssache. Wir entheben demselben heute nur folgende Punkte: In Hinsicht auf das Hauptverbrechen des <hi rendition="#g">Hochverrathsversuchs</hi> sind die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission weder als Urheber noch als Theilnehmer erkannt; der Präsident, Alt-Schultheiß Fischer, ist in hohem Grade der Urheberschaft verdächtig, und auch auf Alt-Oberst Tscharner ruht einiger Verdacht; &#x2013; Lentulus, Sohn, v. Werdt, Wyttenbach, Major Fischer und Zyro sind als Urheber erkannt; Rud. Haag ist der Urheberschaft verdächtig. &#x2013; Die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission sind des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Kriegsvorräthen, und zwar nicht nur zu strafbaren Zwecken, sondern auch mit höchster Gefahr für die öffentliche Ruhe, als schuldig erklärt; ebenso des Vergehens des gesetzwidrigen gewaltsamen Widerstandsversuchs gegen die Staatsgewalt. Als Milderungsgründe im Allgemeinen werden angeführt die lange Verzögerung des Strafprocesses und die damit verbundenen Folgen für alle anwesenden Schuldigen; ferner die mehr oder minder lange Haft. Zu einer peinlichen Strafe sind verurtheilt: A. Die als Urheber des Hochverrathsversuchs Erklärten, und zwar Lentulus zu 10jähriger Einsperrung, Fischer im Eichberg zu 10jähriger Einsperrung, Werdt zu Toffen zu 7jähriger Einsperrung, Wyttenbach und Zyro zu 5jähriger Einsperrung, und zwar die ersten vier per contumaciam unter Vorbehalt der Revision. B. Die der Theilnahme am Hochverrathsversuch als schuldig Erklärten. Von jeder peinlichen Anklage sind freigesprochen alle diejenigen, welche weder als Urheber noch als Theilnehmer am Hochverrathsversuch als schuldig erklärt sind. Es sollen polizeilich verurtheilt seyn: die des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Munition als schuldig Erklärten, wobei das denselben zur Last fallende weitere Vergehen des Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt einen Strafe schärfenden Zusatz begründet, und zwar Alt-Schultheiß Fischer und Karl L. Tscharner zu zweijähriger Gefangenschaft; Bernhard v. Diesbach, Franz Hahn, S. König und Fr. Lutz zu einjähriger Gefangenschaft. Die der Nichtanzeige bei zuverlässiger Kenntniß von hochverrätherischen Umtrieben als schuldig Erklärten. Außer den Kosten für Untersuchung und Strafvollstreckung werden die Kosten des außerordentlichen Militäraufgebots während der ersten zwei Monate so auf die Verurtheilten vertheilt, daß den sieben Mitgliedern der Stadtrathscommission die Hälfte zur Last fällt. (<hi rendition="#g">Zürich</hi>. <hi rendition="#g">Bl</hi>.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*&#x0332;</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 8 Jan.</dateline>
          <p> Heute eröffnete Se. Maj. der König die achte Versammlung der Stände des Reichs unter den Formen und Feierlichkeiten, wie dieselben in dem am 4 d. M. dießfalls eigens erschienenen Programm bestimmt waren. &#x2013; Als Se. Maj., umgeben von Ihrem höhern Dienste, in den Sitzungssaal der Kammer der Abgeordneten getreten, und von dem Lebehoch der Anwesenden begrüßt waren, hielten Allerhöchstdieselben nachfolgende Anrede vom Throne:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Meine Lieben und Getreuen die Stände des Reichs! Bayern, Pfälzer, Franken, Schwaben, ruhmvoll nennt sie die Geschichte; zu schön glänzen diese Namen durch eine Reihe von Jahrhunderten als daß sie erlöschen sollten, und freudig ertheilte Ich den Ländern wieder ihre angestammten Benennungen. Der geschichtliche Boden ist ein fester. Nicht der Namen Vertilgung bewirkt Einheit; treues Zusammenhalten, Anhänglichkeit an den Thron <hi rendition="#g">das</hi> vereinigt, und Meine Liebe umfaßt alle Meine Unterthanen. &#x2013; Des Volkes Wohlstand steigt. Die zu Förderung desselben, und des Landes Schutz begonnenen Werke schreiten so rasch voran, als es ohne Uebereilung geschehen kann. &#x2013; Die Zoll- und Münzcongresse vermehrten das Treffliche was zu des Volkes Bestem gegründet<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0078/0006] unwahren und bloß zu ministeriellen Bedürfnissen des Augenblicks benützten Declamationen in der belgischen Kammer (Hrn. Nothomb dießmal nicht ausgeschlossen), so muß doch die schlechte Treue sehr beklagt werden, mit welcher Belgien, unter allerlei leeren Vorwänden, sich der Vollziehung des Vierundzwanzig-Artikel-Vertrags zu entwinden sucht, und ich sehe mich daher in die Nothwendigkeit versetzt, den größten Theil der in einigen frühern Briefen dem belgischen Gouvernement hinsichtlich seines guten Willens in diesem Punkte gespendeten Lobsprüche, zurückzunehmen. Da man in letzterer Zeit sich besonders viele Mühe gegeben hat, die Sympathien Deutschlands für Belgien zu wecken und die Interessen beider Länder als mit einander verschmolzen hinzustellen, so braucht es für Leute, welche gesunde Augen und richtigen Tact besitzen, wohl kaum einer Auseinandersetzung, welch' großes Interesse Deutschland an einer tractatenmäßigen, vollständigen und baldigen Berichtigung der Gränzen im Limburgischen und Luxemburgischen habe; wie daher sowohl dieses Interesse als sein gutes Recht Deutschland dringend auffordern müssen, darüber zu wachen, daß kein deutsches Territorium fremden Interessen aufgeopfert, oder durch chicanöse Auslegungen des ohnehin in mehr als einer Beziehung mangelhaften und nachtheiligen Tractats, von Belgien ein Theil des deutschen Bundesgebiets abgerissen werde. Interpretationen von der Art, wie die hinsichtlich der Limburger Gränze versuchten, sind mit dem gesunden Verstande unverträglich; und Deutschland trifft bereits mit Recht der Vorwurf, die Frage wegen Martelange (Martelingen) nicht schon auch vor sein Forum gezogen zu haben. Offenbar enthält der Tractat in dieser letztern Hinsicht einen Widerspruch, indem er die Straße von Arlon nach Bastogne (oder vielmehr dem wallonisirten Bastnar) Belgien, das Dorf Martelingen aber Deutschland zuspricht. Diese Zertheilung des Dorfes in eine größere und kleinere Hälfte durch die erwähnte Straße ist eine unverein- und unausführbare Maaßregel, die Zuerkennung des ganzen Dorfes an Deutschland aber eben so gewiß eine deutlich ausgedrückte Bestimmung des Tractats, als die der Straße an Belgien; somit kann die Besetzung desselben von Seite Belgiens nur als ein Einbruch in den Vertrag betrachtet werden. Wenn gleich Maestricht keinen eigentlichen Theil des deutschen Limburgs ausmacht, so ist doch jedem Verständigen klar, daß es die einzige Schutzwehr dieses sonst von allen Seiten her offenen Landes bildet. Die obwaltende Differenz besteht nun darin, daß Belgien den Rayon desselben, welcher Niederland verbleibt, von der Crête des Glacis an, Niederland aber vom Fuße dieses letztern an, nach der Seite von Smeermaas, rechnet. Letzteres ist, wenn man den schlichten Menschenverstand und eine naturgemäße Auslegung des 24 Artikel-Vertrags, welcher von 1200 Toisen vom Glacis an spricht, zu Rathe ziehen will, das einzig Annehmbare. Ich werde über Luxemburg, das System der Regierung in diesem Lande, welches von mehrern Seiten so ohne alle Sachkenntniß und mit so vieler Leidenschaftlichkeit zu wiederholtenmalen angefochten worden ist, die commerciellen Verhältnisse Hollands zu Deutschland, die neuesten constitutionellen Evenements und die gegenwärtigen Zustände und Stimmungen in einigen folgenden Briefen beleuchtende Mittheilungen, zur Aufklärung der öffentlichen Meinung auswärts, liefern. Schweiz. Bern. Der schweiz. Beobachter bringt auf 24 Spalten das Urtheil des Obergerichts in der Hochverrathssache. Wir entheben demselben heute nur folgende Punkte: In Hinsicht auf das Hauptverbrechen des Hochverrathsversuchs sind die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission weder als Urheber noch als Theilnehmer erkannt; der Präsident, Alt-Schultheiß Fischer, ist in hohem Grade der Urheberschaft verdächtig, und auch auf Alt-Oberst Tscharner ruht einiger Verdacht; – Lentulus, Sohn, v. Werdt, Wyttenbach, Major Fischer und Zyro sind als Urheber erkannt; Rud. Haag ist der Urheberschaft verdächtig. – Die sieben Mitglieder der Stadtrathscommission sind des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Kriegsvorräthen, und zwar nicht nur zu strafbaren Zwecken, sondern auch mit höchster Gefahr für die öffentliche Ruhe, als schuldig erklärt; ebenso des Vergehens des gesetzwidrigen gewaltsamen Widerstandsversuchs gegen die Staatsgewalt. Als Milderungsgründe im Allgemeinen werden angeführt die lange Verzögerung des Strafprocesses und die damit verbundenen Folgen für alle anwesenden Schuldigen; ferner die mehr oder minder lange Haft. Zu einer peinlichen Strafe sind verurtheilt: A. Die als Urheber des Hochverrathsversuchs Erklärten, und zwar Lentulus zu 10jähriger Einsperrung, Fischer im Eichberg zu 10jähriger Einsperrung, Werdt zu Toffen zu 7jähriger Einsperrung, Wyttenbach und Zyro zu 5jähriger Einsperrung, und zwar die ersten vier per contumaciam unter Vorbehalt der Revision. B. Die der Theilnahme am Hochverrathsversuch als schuldig Erklärten. Von jeder peinlichen Anklage sind freigesprochen alle diejenigen, welche weder als Urheber noch als Theilnehmer am Hochverrathsversuch als schuldig erklärt sind. Es sollen polizeilich verurtheilt seyn: die des Vergehens der heimlichen Aufsammlung von Waffen und Munition als schuldig Erklärten, wobei das denselben zur Last fallende weitere Vergehen des Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt einen Strafe schärfenden Zusatz begründet, und zwar Alt-Schultheiß Fischer und Karl L. Tscharner zu zweijähriger Gefangenschaft; Bernhard v. Diesbach, Franz Hahn, S. König und Fr. Lutz zu einjähriger Gefangenschaft. Die der Nichtanzeige bei zuverlässiger Kenntniß von hochverrätherischen Umtrieben als schuldig Erklärten. Außer den Kosten für Untersuchung und Strafvollstreckung werden die Kosten des außerordentlichen Militäraufgebots während der ersten zwei Monate so auf die Verurtheilten vertheilt, daß den sieben Mitgliedern der Stadtrathscommission die Hälfte zur Last fällt. (Zürich. Bl.) Deutschland. *̲ München, 8 Jan. Heute eröffnete Se. Maj. der König die achte Versammlung der Stände des Reichs unter den Formen und Feierlichkeiten, wie dieselben in dem am 4 d. M. dießfalls eigens erschienenen Programm bestimmt waren. – Als Se. Maj., umgeben von Ihrem höhern Dienste, in den Sitzungssaal der Kammer der Abgeordneten getreten, und von dem Lebehoch der Anwesenden begrüßt waren, hielten Allerhöchstdieselben nachfolgende Anrede vom Throne: „Meine Lieben und Getreuen die Stände des Reichs! Bayern, Pfälzer, Franken, Schwaben, ruhmvoll nennt sie die Geschichte; zu schön glänzen diese Namen durch eine Reihe von Jahrhunderten als daß sie erlöschen sollten, und freudig ertheilte Ich den Ländern wieder ihre angestammten Benennungen. Der geschichtliche Boden ist ein fester. Nicht der Namen Vertilgung bewirkt Einheit; treues Zusammenhalten, Anhänglichkeit an den Thron das vereinigt, und Meine Liebe umfaßt alle Meine Unterthanen. – Des Volkes Wohlstand steigt. Die zu Förderung desselben, und des Landes Schutz begonnenen Werke schreiten so rasch voran, als es ohne Uebereilung geschehen kann. – Die Zoll- und Münzcongresse vermehrten das Treffliche was zu des Volkes Bestem gegründet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_010_18400110
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_010_18400110/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840, S. 0078. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_010_18400110/6>, abgerufen am 29.04.2024.