Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.
Das Straßenwesen in Frankreich. Paris, 3 Jan. Der Moniteur enthält einen Bericht des Ministeriums des Innern an den König über die Arbeiten an den Vicinalstraßen im Jahr 1838, der uns tiefe Blicke in die intellectuellen und socialen Zustände der Agricultur-Bevölkerung Frankreichs und in die Mängel der französischen Centralisation eröffnet. Es gibt kein besseres Kennzeichen eines aufgeklärten Volkes und einer tüchtigen Administration als den Zustand der Straßen. Sollte man aber glauben, daß erst seit dem Jahr 1836 in Frankreich mit Ernst an die Erweiterung der Departementalstraßen und an die Gangbarmachung der Vicinalwege gedacht wird? Diese Vernachlässigung einer der ersten Bedingungen des Nationalwohlstandes liegt im Geist der französischen Centralisation. Wo die Regierung Alles thun will und den Gemeinden nicht einmal überläßt, für ihre beschränkten Angelegenheiten zu sorgen, da geschieht Alles nur für das scheinbar Großartige, in die Augen Fallende, der Staatsgewalt zunächst für ihre Zwecke Nöthigscheinende, aber nichts für jene tausend und hunderttausend kleinen Anstalten, durch deren Zustand zunächst der Wohlstand und die Bildung der Masse des Volks bedingt ist. Als Hr. v. Montalivet im Jahr 1836 die Entdeckung gemacht hatte, daß durch die Erweiterung der Departementalstraßen und die Verbesserung der Vicinalwege großer Nutzen gestiftet würde, ließen die Departemental-Conseils sich zwar geneigt finden, in die Vorschläge einzugehen, verlangten aber, man solle ihnen selbst die Besorgung dieser Straßenanlagen überlassen. Bisher standen nämlich die Departementalstraßen wie die Staatsstraßen unter der Direction der Staats-Chaussee-Verwaltung von Paris (ungeachtet sie auf Kosten der Departemente erbaut und reparirt werden), und diese Administration war den Departementen wegen ihrer Fahrlässigkeit und Unbehülflichkeit längst lästig geworden. Die Departements-Conseils erreichten auch ihren Zweck, obschon die Anhänger der kaiserlichen Centralisation behaupteten, die Departemente seyen in ihrer politischen Bildung noch nicht so weit vorangerückt, um ihre eigenen Straßen bauen zu können. Man gab den neu anzulegenden Departementalstraßen, um sie von den alten in der Administration der Chausseeverwaltung verbleibenden Departementalstraßen zu unterscheiden, den Namen Straßen der größern Communication, und wies den Departements-Conseils die zum Bau erforderlichen Hülfsquellen an. Ihre Länge betrug 11,390 Lieues; die Baukosten waren auf 148 Millionen berechnet; jährlich sollten 20 Millionen verwendet werden, so daß der Bau in acht Jahren hergestellt seyn würde. Zum Erstaunen der Centralisten zeigte sich, daß die aufgeklärtesten und angesehensten Bürger der achtzig Departemente in der That zureichenden Verstand haben, den Bau ihrer eigenen Straßen dirigiren zu helfen. Bis zu Ende des Jahres 1838 war wirklich ungefähr der vierte Theil dieser Arbeiten hergestellt. Indessen muß man nicht glauben, der Decentralisation sey damit gar zu viel nachgegeben worden. Die Departements-Conseils sind durch das Gesetz von 1836 nur berechtigt, die Baukosten zu votiren, und die Weglinien, deren Herstellung ihnen von dem Präfecten vorgeschlagen wird, zu decretiren. Letzterem steht nicht nur allein die Initiative, sondern auch ein Veto zu. Wenn die Thätigkeit und Einsicht der Departements-Conseils in Hinsicht auf den Straßenbau belobt wird, so beklagt man sich über Indolenz und Mangel an Intelligenz bei den Municipalconseils, durch welche der Bau der eigentlichen Vicinalstraßen (172,902 Lieues), deren Herstellung Obliegenheit der Gemeinden ist, wenig gefördert worden sey. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Leute, welchen die Füße ihr ganzes Leben hindurch
Das Straßenwesen in Frankreich. Paris, 3 Jan. Der Moniteur enthält einen Bericht des Ministeriums des Innern an den König über die Arbeiten an den Vicinalstraßen im Jahr 1838, der uns tiefe Blicke in die intellectuellen und socialen Zustände der Agricultur-Bevölkerung Frankreichs und in die Mängel der französischen Centralisation eröffnet. Es gibt kein besseres Kennzeichen eines aufgeklärten Volkes und einer tüchtigen Administration als den Zustand der Straßen. Sollte man aber glauben, daß erst seit dem Jahr 1836 in Frankreich mit Ernst an die Erweiterung der Departementalstraßen und an die Gangbarmachung der Vicinalwege gedacht wird? Diese Vernachlässigung einer der ersten Bedingungen des Nationalwohlstandes liegt im Geist der französischen Centralisation. Wo die Regierung Alles thun will und den Gemeinden nicht einmal überläßt, für ihre beschränkten Angelegenheiten zu sorgen, da geschieht Alles nur für das scheinbar Großartige, in die Augen Fallende, der Staatsgewalt zunächst für ihre Zwecke Nöthigscheinende, aber nichts für jene tausend und hunderttausend kleinen Anstalten, durch deren Zustand zunächst der Wohlstand und die Bildung der Masse des Volks bedingt ist. Als Hr. v. Montalivet im Jahr 1836 die Entdeckung gemacht hatte, daß durch die Erweiterung der Departementalstraßen und die Verbesserung der Vicinalwege großer Nutzen gestiftet würde, ließen die Departemental-Conseils sich zwar geneigt finden, in die Vorschläge einzugehen, verlangten aber, man solle ihnen selbst die Besorgung dieser Straßenanlagen überlassen. Bisher standen nämlich die Departementalstraßen wie die Staatsstraßen unter der Direction der Staats-Chaussee-Verwaltung von Paris (ungeachtet sie auf Kosten der Departemente erbaut und reparirt werden), und diese Administration war den Departementen wegen ihrer Fahrlässigkeit und Unbehülflichkeit längst lästig geworden. Die Departements-Conseils erreichten auch ihren Zweck, obschon die Anhänger der kaiserlichen Centralisation behaupteten, die Departemente seyen in ihrer politischen Bildung noch nicht so weit vorangerückt, um ihre eigenen Straßen bauen zu können. Man gab den neu anzulegenden Departementalstraßen, um sie von den alten in der Administration der Chausseeverwaltung verbleibenden Departementalstraßen zu unterscheiden, den Namen Straßen der größern Communication, und wies den Departements-Conseils die zum Bau erforderlichen Hülfsquellen an. Ihre Länge betrug 11,390 Lieues; die Baukosten waren auf 148 Millionen berechnet; jährlich sollten 20 Millionen verwendet werden, so daß der Bau in acht Jahren hergestellt seyn würde. Zum Erstaunen der Centralisten zeigte sich, daß die aufgeklärtesten und angesehensten Bürger der achtzig Departemente in der That zureichenden Verstand haben, den Bau ihrer eigenen Straßen dirigiren zu helfen. Bis zu Ende des Jahres 1838 war wirklich ungefähr der vierte Theil dieser Arbeiten hergestellt. Indessen muß man nicht glauben, der Decentralisation sey damit gar zu viel nachgegeben worden. Die Departements-Conseils sind durch das Gesetz von 1836 nur berechtigt, die Baukosten zu votiren, und die Weglinien, deren Herstellung ihnen von dem Präfecten vorgeschlagen wird, zu decretiren. Letzterem steht nicht nur allein die Initiative, sondern auch ein Veto zu. Wenn die Thätigkeit und Einsicht der Departements-Conseils in Hinsicht auf den Straßenbau belobt wird, so beklagt man sich über Indolenz und Mangel an Intelligenz bei den Municipalconseils, durch welche der Bau der eigentlichen Vicinalstraßen (172,902 Lieues), deren Herstellung Obliegenheit der Gemeinden ist, wenig gefördert worden sey. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Leute, welchen die Füße ihr ganzes Leben hindurch <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="2"> <floatingText> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0012" n="0092"/><lb/> Hornvieh eingeführt; in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres sind 99 Schiffe im Hafen Adelaide eingelaufen und während derselben Zeit 132,000 Pf. St. an den Emigrationsfond in London bezahlt worden, welche zum Transport von 6000 neuen Emigranten dienen werden. Das englische Capital, das in der Colonie seine Anwendung gefunden hat, übersteigt 1 Million Pf. St., und die Schiffe, welche Emigranten und Waaren dorthin bringen, fangen an, Ladungen von Wolle und Wallfischöl zurückzubringen. Man hatte gefürchtet, daß das ungeheure Steigen der Preise des Landes in der Stadt Adelaide und in den Häfen, verbunden mit der großen Theuerung der Lebensmittel und der Handarbeit, eine Reaction nach sich bringen werde, welche plötzlich den Zufluß weiteren Capitals hemmen und somit die Colonie plötzlich ruiniren würde. Aber bis jetzt zeigt sich keine Spur davon, und der Andrang ist noch immer im Zunehmen, während die Zunahme der Heerden, der Bau von Häusern, die Urbarmachung des Landes einen realen Reichthum creirt, welcher dem eingeführten Capital zur Hypothek dient. Der Einfluß, welchen die gleichförmige Anwendung desselben Princips in allen englischen Colonien auf diese und auf den Mutterstaat ausüben muß, ist unberechenbar. Es ist noch ungewiß, ob der Verkauf der Kronländereien auf Westindien angewendet werden soll, wo er eine größere und plötzlichere Revolution hervorbringen würde, als vielleicht so bald nach der Emancipation der Sklaven zulässig seyn mag, indem jeder Neger, sobald er ein Pf. St. erworben hätte, die Pflanzung, auf der er arbeitet, sogleich verlassen und sich einen Morgen Landes kaufen würde, was der großen Cultur fast plötzlich ein Ende machen dürfte. Diese Operation ist zwar schon jetzt im Gang, denn in allen westindischen Colonien kaufen die Neger, wo sie können, die Güter der ärmeren Pflanzer im Detail und zu sehr hohen Preisen an, um sich den Resten der Tyrannei ihrer ehemaligen Herren zu entziehen. Aber Canada, Honduras, das Cap, Australien und Neuseeland bieten jedenfalls der Auswanderung unerschöpfliche Hülfsmittel, der überfließenden Bevölkerung von Eng and Boden und seinem stockenden Capital reiche Zinsen an. Nach Sir W. Hortons Berechnung kann England leicht jährlich 200,000 Emigranten liefern, welche 1000 Transportschiffe beschäftigten, ein Capital von 20 Millionen Pf. St. erforderten und die Ausfuhr englischer Producte um etwa 1 1/2 Mill. Pf. St. jährlich vermehrten. Hätte England seit 1824 seinen Capitalien und seiner Energie diesen Ausweg eröffnet, anstatt sie in fremde Anlehen für bankerotte Staaten, in amerikanische Bergwerke u. s. w. zu werfen, wobei es seine überflüssige Bevölkerung zu Haus hielt, während es die Mittel, sie zu beschäftigen, verschwendete, so würde es heute ganz anders stehen. Die Millionen Emigranten, die es ausgesendet hätte, würden andere Millionen von Arbeitern zu Hause nähren, und man würde nichts von Chartisten und von irischer Agitation hören. Zum Gelingen dieser großen Maaßregel gehört freilich die strengste Aufsicht darauf, daß weder die Colonien selbst noch das Ministerium der Colonien irgend einen Theil des Ertrags des Verkaufs der Kronländereien zu einem andern Zweck, als zur Emigration, verwenden, und nicht, wie Neusüdwallis gegenwärtig, diese Summen zu ihrem gewöhnlichen Budget schlagen; aber die Concentration des ganzen Geschäfts in den Händen einer responsabeln Commission muß die Mittel dazu geben, und dieß ist einer der Hauptgründe, warum die Bildung dieser Commission ein Act von großer Wichtigkeit ist.</p><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Das Straßenwesen in Frankreich</hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <byline>△</byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 3 Jan.</dateline> <p> Der <hi rendition="#g">Moniteur</hi> enthält einen Bericht des Ministeriums des Innern an den König über die Arbeiten an den Vicinalstraßen im Jahr 1838, der uns tiefe Blicke in die intellectuellen und socialen Zustände der Agricultur-Bevölkerung Frankreichs und in die Mängel der französischen Centralisation eröffnet. Es gibt kein besseres Kennzeichen eines aufgeklärten Volkes und einer tüchtigen Administration als den Zustand der Straßen. Sollte man aber glauben, daß erst seit dem Jahr 1836 in Frankreich mit Ernst an die Erweiterung der Departementalstraßen und an die Gangbarmachung der Vicinalwege gedacht wird? Diese Vernachlässigung einer der ersten Bedingungen des Nationalwohlstandes liegt im Geist der französischen Centralisation. Wo die Regierung Alles thun will und den Gemeinden nicht einmal überläßt, für ihre beschränkten Angelegenheiten zu sorgen, da geschieht Alles nur für das scheinbar Großartige, in die Augen Fallende, der Staatsgewalt zunächst für ihre Zwecke Nöthigscheinende, aber nichts für jene tausend und hunderttausend kleinen Anstalten, durch deren Zustand zunächst der Wohlstand und die Bildung der Masse des Volks bedingt ist. Als Hr. v. Montalivet im Jahr 1836 die Entdeckung gemacht hatte, daß durch die Erweiterung der Departementalstraßen und die Verbesserung der Vicinalwege großer Nutzen gestiftet würde, ließen die Departemental-Conseils sich zwar geneigt finden, in die Vorschläge einzugehen, verlangten aber, man solle ihnen selbst die Besorgung dieser Straßenanlagen überlassen. Bisher standen nämlich die Departementalstraßen wie die Staatsstraßen unter der Direction der Staats-Chaussee-Verwaltung von Paris (ungeachtet sie auf Kosten der Departemente erbaut und reparirt werden), und diese Administration war den Departementen wegen ihrer Fahrlässigkeit und Unbehülflichkeit längst lästig geworden. Die Departements-Conseils erreichten auch ihren Zweck, obschon die Anhänger der kaiserlichen Centralisation behaupteten, die Departemente seyen in ihrer politischen Bildung noch nicht so weit vorangerückt, um ihre eigenen Straßen bauen zu können. Man gab den neu anzulegenden Departementalstraßen, um sie von den alten in der Administration der Chausseeverwaltung verbleibenden Departementalstraßen zu unterscheiden, den Namen Straßen der größern Communication, und wies den Departements-Conseils die zum Bau erforderlichen Hülfsquellen an. Ihre Länge betrug 11,390 Lieues; die Baukosten waren auf 148 Millionen berechnet; jährlich sollten 20 Millionen verwendet werden, so daß der Bau in acht Jahren hergestellt seyn würde. Zum Erstaunen der Centralisten zeigte sich, daß die aufgeklärtesten und angesehensten Bürger der achtzig Departemente in der That zureichenden Verstand haben, den Bau ihrer eigenen Straßen dirigiren zu helfen. Bis zu Ende des Jahres 1838 war wirklich ungefähr der vierte Theil dieser Arbeiten hergestellt. Indessen muß man nicht glauben, der Decentralisation sey damit gar zu viel nachgegeben worden. Die Departements-Conseils sind durch das Gesetz von 1836 nur berechtigt, die Baukosten zu votiren, und die Weglinien, deren Herstellung ihnen von dem Präfecten vorgeschlagen wird, zu decretiren. Letzterem steht nicht nur allein die Initiative, sondern auch ein Veto zu.</p><lb/> <p>Wenn die Thätigkeit und Einsicht der Departements-Conseils in Hinsicht auf den Straßenbau belobt wird, so beklagt man sich über Indolenz und Mangel an Intelligenz bei den Municipalconseils, durch welche der Bau der eigentlichen Vicinalstraßen (172,902 Lieues), deren Herstellung Obliegenheit der Gemeinden ist, wenig gefördert worden sey. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Leute, welchen die Füße ihr ganzes Leben hindurch<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0092/0012]
Hornvieh eingeführt; in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres sind 99 Schiffe im Hafen Adelaide eingelaufen und während derselben Zeit 132,000 Pf. St. an den Emigrationsfond in London bezahlt worden, welche zum Transport von 6000 neuen Emigranten dienen werden. Das englische Capital, das in der Colonie seine Anwendung gefunden hat, übersteigt 1 Million Pf. St., und die Schiffe, welche Emigranten und Waaren dorthin bringen, fangen an, Ladungen von Wolle und Wallfischöl zurückzubringen. Man hatte gefürchtet, daß das ungeheure Steigen der Preise des Landes in der Stadt Adelaide und in den Häfen, verbunden mit der großen Theuerung der Lebensmittel und der Handarbeit, eine Reaction nach sich bringen werde, welche plötzlich den Zufluß weiteren Capitals hemmen und somit die Colonie plötzlich ruiniren würde. Aber bis jetzt zeigt sich keine Spur davon, und der Andrang ist noch immer im Zunehmen, während die Zunahme der Heerden, der Bau von Häusern, die Urbarmachung des Landes einen realen Reichthum creirt, welcher dem eingeführten Capital zur Hypothek dient. Der Einfluß, welchen die gleichförmige Anwendung desselben Princips in allen englischen Colonien auf diese und auf den Mutterstaat ausüben muß, ist unberechenbar. Es ist noch ungewiß, ob der Verkauf der Kronländereien auf Westindien angewendet werden soll, wo er eine größere und plötzlichere Revolution hervorbringen würde, als vielleicht so bald nach der Emancipation der Sklaven zulässig seyn mag, indem jeder Neger, sobald er ein Pf. St. erworben hätte, die Pflanzung, auf der er arbeitet, sogleich verlassen und sich einen Morgen Landes kaufen würde, was der großen Cultur fast plötzlich ein Ende machen dürfte. Diese Operation ist zwar schon jetzt im Gang, denn in allen westindischen Colonien kaufen die Neger, wo sie können, die Güter der ärmeren Pflanzer im Detail und zu sehr hohen Preisen an, um sich den Resten der Tyrannei ihrer ehemaligen Herren zu entziehen. Aber Canada, Honduras, das Cap, Australien und Neuseeland bieten jedenfalls der Auswanderung unerschöpfliche Hülfsmittel, der überfließenden Bevölkerung von Eng and Boden und seinem stockenden Capital reiche Zinsen an. Nach Sir W. Hortons Berechnung kann England leicht jährlich 200,000 Emigranten liefern, welche 1000 Transportschiffe beschäftigten, ein Capital von 20 Millionen Pf. St. erforderten und die Ausfuhr englischer Producte um etwa 1 1/2 Mill. Pf. St. jährlich vermehrten. Hätte England seit 1824 seinen Capitalien und seiner Energie diesen Ausweg eröffnet, anstatt sie in fremde Anlehen für bankerotte Staaten, in amerikanische Bergwerke u. s. w. zu werfen, wobei es seine überflüssige Bevölkerung zu Haus hielt, während es die Mittel, sie zu beschäftigen, verschwendete, so würde es heute ganz anders stehen. Die Millionen Emigranten, die es ausgesendet hätte, würden andere Millionen von Arbeitern zu Hause nähren, und man würde nichts von Chartisten und von irischer Agitation hören. Zum Gelingen dieser großen Maaßregel gehört freilich die strengste Aufsicht darauf, daß weder die Colonien selbst noch das Ministerium der Colonien irgend einen Theil des Ertrags des Verkaufs der Kronländereien zu einem andern Zweck, als zur Emigration, verwenden, und nicht, wie Neusüdwallis gegenwärtig, diese Summen zu ihrem gewöhnlichen Budget schlagen; aber die Concentration des ganzen Geschäfts in den Händen einer responsabeln Commission muß die Mittel dazu geben, und dieß ist einer der Hauptgründe, warum die Bildung dieser Commission ein Act von großer Wichtigkeit ist.
Das Straßenwesen in Frankreich.
△ Paris, 3 Jan. Der Moniteur enthält einen Bericht des Ministeriums des Innern an den König über die Arbeiten an den Vicinalstraßen im Jahr 1838, der uns tiefe Blicke in die intellectuellen und socialen Zustände der Agricultur-Bevölkerung Frankreichs und in die Mängel der französischen Centralisation eröffnet. Es gibt kein besseres Kennzeichen eines aufgeklärten Volkes und einer tüchtigen Administration als den Zustand der Straßen. Sollte man aber glauben, daß erst seit dem Jahr 1836 in Frankreich mit Ernst an die Erweiterung der Departementalstraßen und an die Gangbarmachung der Vicinalwege gedacht wird? Diese Vernachlässigung einer der ersten Bedingungen des Nationalwohlstandes liegt im Geist der französischen Centralisation. Wo die Regierung Alles thun will und den Gemeinden nicht einmal überläßt, für ihre beschränkten Angelegenheiten zu sorgen, da geschieht Alles nur für das scheinbar Großartige, in die Augen Fallende, der Staatsgewalt zunächst für ihre Zwecke Nöthigscheinende, aber nichts für jene tausend und hunderttausend kleinen Anstalten, durch deren Zustand zunächst der Wohlstand und die Bildung der Masse des Volks bedingt ist. Als Hr. v. Montalivet im Jahr 1836 die Entdeckung gemacht hatte, daß durch die Erweiterung der Departementalstraßen und die Verbesserung der Vicinalwege großer Nutzen gestiftet würde, ließen die Departemental-Conseils sich zwar geneigt finden, in die Vorschläge einzugehen, verlangten aber, man solle ihnen selbst die Besorgung dieser Straßenanlagen überlassen. Bisher standen nämlich die Departementalstraßen wie die Staatsstraßen unter der Direction der Staats-Chaussee-Verwaltung von Paris (ungeachtet sie auf Kosten der Departemente erbaut und reparirt werden), und diese Administration war den Departementen wegen ihrer Fahrlässigkeit und Unbehülflichkeit längst lästig geworden. Die Departements-Conseils erreichten auch ihren Zweck, obschon die Anhänger der kaiserlichen Centralisation behaupteten, die Departemente seyen in ihrer politischen Bildung noch nicht so weit vorangerückt, um ihre eigenen Straßen bauen zu können. Man gab den neu anzulegenden Departementalstraßen, um sie von den alten in der Administration der Chausseeverwaltung verbleibenden Departementalstraßen zu unterscheiden, den Namen Straßen der größern Communication, und wies den Departements-Conseils die zum Bau erforderlichen Hülfsquellen an. Ihre Länge betrug 11,390 Lieues; die Baukosten waren auf 148 Millionen berechnet; jährlich sollten 20 Millionen verwendet werden, so daß der Bau in acht Jahren hergestellt seyn würde. Zum Erstaunen der Centralisten zeigte sich, daß die aufgeklärtesten und angesehensten Bürger der achtzig Departemente in der That zureichenden Verstand haben, den Bau ihrer eigenen Straßen dirigiren zu helfen. Bis zu Ende des Jahres 1838 war wirklich ungefähr der vierte Theil dieser Arbeiten hergestellt. Indessen muß man nicht glauben, der Decentralisation sey damit gar zu viel nachgegeben worden. Die Departements-Conseils sind durch das Gesetz von 1836 nur berechtigt, die Baukosten zu votiren, und die Weglinien, deren Herstellung ihnen von dem Präfecten vorgeschlagen wird, zu decretiren. Letzterem steht nicht nur allein die Initiative, sondern auch ein Veto zu.
Wenn die Thätigkeit und Einsicht der Departements-Conseils in Hinsicht auf den Straßenbau belobt wird, so beklagt man sich über Indolenz und Mangel an Intelligenz bei den Municipalconseils, durch welche der Bau der eigentlichen Vicinalstraßen (172,902 Lieues), deren Herstellung Obliegenheit der Gemeinden ist, wenig gefördert worden sey. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Leute, welchen die Füße ihr ganzes Leben hindurch
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