Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


daß das k. k. Hofburgtheater seines alten Ruhmes noch würdig erscheine, die Stelle vorkommt:

"Das Repertoire bietet in seinem wesentlichsten Bestandtheile Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen zu Zeiten ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherem Gesichtspunkte der Poesie zuzuzählen wäre, sahen wir im Laufe dieses Jahres kaum mehr als "Imelda" von Halm, und neuerlichst: "Was Ihr wollt," von Shakspeare; hier - man weiß nicht recht warum - "Viola" genannt."

Wir können die überflüssige Mühe ersparen, die Verfügungen der k. k. Hoftheater-Direction in Schutz zu nehmen, welche sie bekanntlich durch die glänzendsten, bis nun ohne Beispiel gebliebenen Resultate belohnt sieht; wir haben es hier nur mit der Würdigung von Thatsachen zu thun. Es handelt sich hier nicht um Widerlegung irgend einer unrichtigen Meinung, sondern darum, ob jene Thatsachen der Wahrheit gemäß oder entstellt berichtet wurden, und wir theilen hiemit den Beweis des letztern Vorganges mit.

Der Berichterstatter behauptet, daß das Repertoire der k. k. Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nur Uebersetzungen französischer Vaudevilles bietet, und stellt damit, im Zusammenhange mit dem früher Gesagten, indirect die gegenwärtigen Verhältnisse mit denen zusammen, als Schreyvogel - West einen Einfluß auf das Repertoire ausübte.

Die Behauptung zerfällt in zwei Theile, von denen jeder dergestalt unwahr ist, daß eben das Entgegengesetzte besteht.

Was den ersten Theil der gedachten Behauptung betrifft, so ist Folgendes zu bemerken:

Ohne nur im geringsten die bedeutenden und allgemein anerkannten Verdienste jenes Dramaturgen verkleinern zu wollen, liegt der Beweis vor, daß 1) zu jener Zeit bedeutend weniger classische Vorstellungen gegeben wurden, als es jetzt der Fall ist; 2) daß jetzt weniger französische Uebersetzungen gegeben werden, als es zu jener Zeit der Fall war.

Wir entnehmen jenen Beweis aus den gedruckt vorliegenden Repertoiren der Jahre 1830 und 1831, wo Schreyvogel, der im Jahre 1832 pensionirt wurde, im vollsten Wirken war, und denen der Jahre 1837 und 1838, nach seinem Austritte, wonach sich folgendes Verhältniß herausstellt.

Im Jahre 1830 wurden gegeben: Vorstellungen classischer Stücke an 28 Abenden; Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 81 Abenden.

Dagegen:
Im Jahre 1837, Vorstellungen classischer Stücke an 38, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 80 Abenden.

Im Jahre 1832, Vorstellungen classischer Stücke an 25, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 82 Abenden.

Dagegen:
Im Jahre 1838, Vorstellungen classischer Stücke an 44, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 59 Abenden.

An den übrigen Abenden jedes Jahres wurden deutsche Originalstücke gegeben.

Bei Berücksichtigung des zweiten Theiles der Aeußerung des Berichterstatters erweist sich aus jenen Repertoiren, daß
1stens kein Stück von irgend einer Bedeutung, welches in früherer Zeit auf der Hofbühne war, davon entfernt wurde;
2tens daß kein Stück von irgend einer Bedeutung in früher Zeit vollkommener oder auch nur so vollkommen besetzt war, als gegenwärtig, wobei wir wieder als Beweise nur Fiesco, - Jungfrau von Orleans, - Wallenstein anführen.

3tens daß das Repertoire der Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nicht, wie behauptet wird, Uebersetzungen französischer Stücke bietet, sondern daß, jener Behauptung gerade entgegen, derlei Uebersetzungen, durch den Mangel an fruchtbaren und wirksamen Original-Dichtern und durch Zeitverhältnisse lange her nothwendig gemacht, in neuerer Zeit nur hauptsächlich dazu gebraucht wurden, um den vorzüglichsten, größtentheils in größeren Werken verwendeten Künstlern der Hofbühne, die sich, wie bekannt, gegenwärtig des bedeutendsten Vereins derselben in ganz Deutschland erfreut, Ruhe zu gönnen und mitunter einige Abwechslung in das Repertoire zu bringen, als dessen Grundlage die Werke der Classiker früherer Zeit, als: Shakspeare, Calderon, Moreto, Lessing, Schiller, Goethe, Moliere und die der vorzüglichsten dramatischen Dichter neuer und neuester Zeit, von denen keiner ausgeschlossen blieb, besteht;
4tens daß in den letzten zwei Jahren 18 Originalstücke, darunter Werke der Herzogin Amalie von Sachsen, Grillparzer, Halm, Raupach, Bauernfeld, zur Aufführung gebracht wurden;
5tens daß außerdem in den letzten zwei Jahren von classischen Producten zwei Werke von Shakspeare die Widerspänstige und Viola - (Was Ihr wollt) - neu gegeben und überdieß dessen Lear; von Schiller Jungfrau von Orleans, Wallenstein, Cabale und Liebe und Fiesco; von Goethe Iphigenia auf Tauris und Faust; von Lessing Emilie Galotti neu in die Scene gesetzt worden sind.

Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des in Nro. 347 abgedruckten Aufsatzes: "Wien und die Wiener" wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn.



daß das k. k. Hofburgtheater seines alten Ruhmes noch würdig erscheine, die Stelle vorkommt:

„Das Repertoire bietet in seinem wesentlichsten Bestandtheile Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen zu Zeiten ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherem Gesichtspunkte der Poesie zuzuzählen wäre, sahen wir im Laufe dieses Jahres kaum mehr als „Imelda“ von Halm, und neuerlichst: „Was Ihr wollt,“ von Shakspeare; hier – man weiß nicht recht warum – „Viola“ genannt.“

Wir können die überflüssige Mühe ersparen, die Verfügungen der k. k. Hoftheater-Direction in Schutz zu nehmen, welche sie bekanntlich durch die glänzendsten, bis nun ohne Beispiel gebliebenen Resultate belohnt sieht; wir haben es hier nur mit der Würdigung von Thatsachen zu thun. Es handelt sich hier nicht um Widerlegung irgend einer unrichtigen Meinung, sondern darum, ob jene Thatsachen der Wahrheit gemäß oder entstellt berichtet wurden, und wir theilen hiemit den Beweis des letztern Vorganges mit.

Der Berichterstatter behauptet, daß das Repertoire der k. k. Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nur Uebersetzungen französischer Vaudevilles bietet, und stellt damit, im Zusammenhange mit dem früher Gesagten, indirect die gegenwärtigen Verhältnisse mit denen zusammen, als Schreyvogel – West einen Einfluß auf das Repertoire ausübte.

Die Behauptung zerfällt in zwei Theile, von denen jeder dergestalt unwahr ist, daß eben das Entgegengesetzte besteht.

Was den ersten Theil der gedachten Behauptung betrifft, so ist Folgendes zu bemerken:

Ohne nur im geringsten die bedeutenden und allgemein anerkannten Verdienste jenes Dramaturgen verkleinern zu wollen, liegt der Beweis vor, daß 1) zu jener Zeit bedeutend weniger classische Vorstellungen gegeben wurden, als es jetzt der Fall ist; 2) daß jetzt weniger französische Uebersetzungen gegeben werden, als es zu jener Zeit der Fall war.

Wir entnehmen jenen Beweis aus den gedruckt vorliegenden Repertoiren der Jahre 1830 und 1831, wo Schreyvogel, der im Jahre 1832 pensionirt wurde, im vollsten Wirken war, und denen der Jahre 1837 und 1838, nach seinem Austritte, wonach sich folgendes Verhältniß herausstellt.

Im Jahre 1830 wurden gegeben: Vorstellungen classischer Stücke an 28 Abenden; Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 81 Abenden.

Dagegen:
Im Jahre 1837, Vorstellungen classischer Stücke an 38, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 80 Abenden.

Im Jahre 1832, Vorstellungen classischer Stücke an 25, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 82 Abenden.

Dagegen:
Im Jahre 1838, Vorstellungen classischer Stücke an 44, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 59 Abenden.

An den übrigen Abenden jedes Jahres wurden deutsche Originalstücke gegeben.

Bei Berücksichtigung des zweiten Theiles der Aeußerung des Berichterstatters erweist sich aus jenen Repertoiren, daß
1stens kein Stück von irgend einer Bedeutung, welches in früherer Zeit auf der Hofbühne war, davon entfernt wurde;
2tens daß kein Stück von irgend einer Bedeutung in früher Zeit vollkommener oder auch nur so vollkommen besetzt war, als gegenwärtig, wobei wir wieder als Beweise nur Fiesco, – Jungfrau von Orleans, – Wallenstein anführen.

3tens daß das Repertoire der Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nicht, wie behauptet wird, Uebersetzungen französischer Stücke bietet, sondern daß, jener Behauptung gerade entgegen, derlei Uebersetzungen, durch den Mangel an fruchtbaren und wirksamen Original-Dichtern und durch Zeitverhältnisse lange her nothwendig gemacht, in neuerer Zeit nur hauptsächlich dazu gebraucht wurden, um den vorzüglichsten, größtentheils in größeren Werken verwendeten Künstlern der Hofbühne, die sich, wie bekannt, gegenwärtig des bedeutendsten Vereins derselben in ganz Deutschland erfreut, Ruhe zu gönnen und mitunter einige Abwechslung in das Repertoire zu bringen, als dessen Grundlage die Werke der Classiker früherer Zeit, als: Shakspeare, Calderon, Moreto, Lessing, Schiller, Goethe, Molière und die der vorzüglichsten dramatischen Dichter neuer und neuester Zeit, von denen keiner ausgeschlossen blieb, besteht;
4tens daß in den letzten zwei Jahren 18 Originalstücke, darunter Werke der Herzogin Amalie von Sachsen, Grillparzer, Halm, Raupach, Bauernfeld, zur Aufführung gebracht wurden;
5tens daß außerdem in den letzten zwei Jahren von classischen Producten zwei Werke von Shakspeare die Widerspänstige und Viola – (Was Ihr wollt) – neu gegeben und überdieß dessen Lear; von Schiller Jungfrau von Orleans, Wallenstein, Cabale und Liebe und Fiesco; von Goethe Iphigenia auf Tauris und Faust; von Lessing Emilie Galotti neu in die Scene gesetzt worden sind.

Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des in Nro. 347 abgedruckten Aufsatzes: „Wien und die Wiener“ wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jSupplement" n="2">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jArticle" n="2">
              <p><pb facs="#f0014" n="0094"/><lb/>
daß das k. k. Hofburgtheater seines alten Ruhmes noch würdig erscheine, die Stelle vorkommt:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Das Repertoire bietet in seinem wesentlichsten Bestandtheile Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen zu Zeiten ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherem Gesichtspunkte der Poesie zuzuzählen wäre, sahen wir im Laufe dieses Jahres kaum mehr als &#x201E;<hi rendition="#g">Imelda</hi>&#x201C; von Halm, und neuerlichst: &#x201E;Was Ihr wollt,&#x201C; von Shakspeare; hier &#x2013; man weiß nicht recht warum &#x2013; &#x201E;<hi rendition="#g">Viola</hi>&#x201C; genannt.&#x201C;</p><lb/>
              <p>Wir können die überflüssige Mühe ersparen, die Verfügungen der k. k. Hoftheater-Direction in Schutz zu nehmen, welche sie bekanntlich durch die glänzendsten, bis nun ohne Beispiel gebliebenen Resultate belohnt sieht; wir haben es hier nur mit der Würdigung von <hi rendition="#g">Thatsachen</hi> zu thun. Es handelt sich hier nicht um Widerlegung irgend einer unrichtigen <hi rendition="#g">Meinung</hi>, sondern darum, ob jene <hi rendition="#g">Thatsachen</hi> der Wahrheit gemäß oder entstellt berichtet wurden, und wir theilen hiemit den <hi rendition="#g">Beweis</hi> des letztern Vorganges mit.</p><lb/>
              <p>Der Berichterstatter behauptet, daß das Repertoire der k. k. Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nur Uebersetzungen französischer Vaudevilles bietet, und stellt damit, im Zusammenhange mit dem früher Gesagten, indirect die gegenwärtigen Verhältnisse mit denen zusammen, als Schreyvogel &#x2013; West einen Einfluß auf das Repertoire ausübte.</p><lb/>
              <p>Die Behauptung zerfällt in zwei Theile, von denen jeder dergestalt unwahr ist, daß eben das Entgegengesetzte besteht.</p><lb/>
              <p>Was den ersten Theil der gedachten Behauptung betrifft, so ist Folgendes zu bemerken:</p><lb/>
              <p>Ohne nur im geringsten die bedeutenden und allgemein anerkannten Verdienste jenes Dramaturgen verkleinern zu wollen, liegt der <hi rendition="#g">Beweis</hi> vor, daß 1) zu jener Zeit bedeutend <hi rendition="#g">weniger</hi> classische Vorstellungen gegeben wurden, als es jetzt der Fall ist; 2) daß jetzt <hi rendition="#g">weniger</hi> französische Uebersetzungen gegeben werden, als es zu jener Zeit der Fall war.</p><lb/>
              <p>Wir entnehmen jenen <hi rendition="#g">Beweis</hi> aus den gedruckt vorliegenden Repertoiren der Jahre 1830 und 1831, wo Schreyvogel, der im Jahre 1832 pensionirt wurde, im vollsten Wirken war, und denen der Jahre 1837 und 1838, nach seinem Austritte, wonach sich folgendes Verhältniß herausstellt.</p><lb/>
              <p>Im Jahre <hi rendition="#b">1830</hi> wurden gegeben: <hi rendition="#b">Vorstellungen classischer Stücke</hi> an 28 Abenden; <hi rendition="#b">Vorstellungen französischer Uebersetzungen</hi> an 81 Abenden.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Dagegen</hi>:<lb/>
Im Jahre <hi rendition="#b">1837, Vorstellungen classischer Stücke</hi> an 38, <hi rendition="#b">Vorstellungen französischer Uebersetzungen</hi> an 80 Abenden.</p><lb/>
              <p>Im Jahre <hi rendition="#b">1832, Vorstellungen classischer Stücke</hi> an 25, <hi rendition="#b">Vorstellungen französischer Uebersetzungen</hi> an 82 Abenden.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Dagegen</hi>:<lb/>
Im Jahre <hi rendition="#b">1838, Vorstellungen classischer Stücke</hi> an 44, <hi rendition="#b">Vorstellungen französischer Uebersetzungen</hi> an 59 Abenden.</p><lb/>
              <p>An den übrigen Abenden jedes Jahres wurden deutsche Originalstücke gegeben.</p><lb/>
              <p>Bei Berücksichtigung des zweiten Theiles der Aeußerung des Berichterstatters erweist sich aus jenen Repertoiren, daß<lb/>
1stens <hi rendition="#g">kein</hi> Stück von irgend einer Bedeutung, welches in früherer Zeit auf der Hofbühne war, davon entfernt wurde;<lb/>
2tens daß kein Stück von irgend einer Bedeutung in früher Zeit vollkommener oder auch nur so vollkommen besetzt war, als gegenwärtig, wobei wir wieder als Beweise nur Fiesco, &#x2013; Jungfrau von Orleans, &#x2013; Wallenstein anführen.</p><lb/>
              <p>3tens daß das Repertoire der Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nicht, wie behauptet wird, Uebersetzungen französischer Stücke bietet, sondern daß, jener Behauptung gerade entgegen, derlei Uebersetzungen, durch den Mangel an fruchtbaren und wirksamen Original-Dichtern und durch Zeitverhältnisse lange her nothwendig gemacht, in neuerer Zeit nur hauptsächlich dazu gebraucht wurden, um den vorzüglichsten, größtentheils in größeren Werken verwendeten Künstlern der Hofbühne, die sich, wie bekannt, gegenwärtig des bedeutendsten Vereins derselben in ganz Deutschland erfreut, Ruhe zu gönnen und mitunter einige Abwechslung in das Repertoire zu bringen, als dessen <hi rendition="#g">Grundlage</hi> die Werke der Classiker früherer Zeit, als: Shakspeare, Calderon, Moreto, Lessing, Schiller, Goethe, Molière und die der <hi rendition="#g">vorzüglichsten</hi> dramatischen Dichter neuer und neuester Zeit, von denen keiner ausgeschlossen blieb, besteht;<lb/>
4tens daß in den letzten zwei Jahren 18 Originalstücke, darunter Werke der Herzogin Amalie von Sachsen, Grillparzer, Halm, Raupach, Bauernfeld, zur Aufführung gebracht wurden;<lb/>
5tens daß außerdem in den letzten zwei Jahren von classischen Producten zwei Werke von <hi rendition="#g">Shakspeare</hi> die Widerspänstige und Viola &#x2013; (Was Ihr wollt) &#x2013; neu gegeben und überdieß dessen Lear; von <hi rendition="#g">Schiller</hi> Jungfrau von Orleans, Wallenstein, Cabale und Liebe und Fiesco; von <hi rendition="#g">Goethe</hi> Iphigenia auf Tauris und Faust; von <hi rendition="#g">Lessing</hi> Emilie Galotti neu in die Scene gesetzt worden sind.</p><lb/>
              <p>Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des in Nro. 347 abgedruckten Aufsatzes: &#x201E;Wien und die Wiener&#x201C; wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn.</p><lb/><lb/>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0094/0014] daß das k. k. Hofburgtheater seines alten Ruhmes noch würdig erscheine, die Stelle vorkommt: „Das Repertoire bietet in seinem wesentlichsten Bestandtheile Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen zu Zeiten ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherem Gesichtspunkte der Poesie zuzuzählen wäre, sahen wir im Laufe dieses Jahres kaum mehr als „Imelda“ von Halm, und neuerlichst: „Was Ihr wollt,“ von Shakspeare; hier – man weiß nicht recht warum – „Viola“ genannt.“ Wir können die überflüssige Mühe ersparen, die Verfügungen der k. k. Hoftheater-Direction in Schutz zu nehmen, welche sie bekanntlich durch die glänzendsten, bis nun ohne Beispiel gebliebenen Resultate belohnt sieht; wir haben es hier nur mit der Würdigung von Thatsachen zu thun. Es handelt sich hier nicht um Widerlegung irgend einer unrichtigen Meinung, sondern darum, ob jene Thatsachen der Wahrheit gemäß oder entstellt berichtet wurden, und wir theilen hiemit den Beweis des letztern Vorganges mit. Der Berichterstatter behauptet, daß das Repertoire der k. k. Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nur Uebersetzungen französischer Vaudevilles bietet, und stellt damit, im Zusammenhange mit dem früher Gesagten, indirect die gegenwärtigen Verhältnisse mit denen zusammen, als Schreyvogel – West einen Einfluß auf das Repertoire ausübte. Die Behauptung zerfällt in zwei Theile, von denen jeder dergestalt unwahr ist, daß eben das Entgegengesetzte besteht. Was den ersten Theil der gedachten Behauptung betrifft, so ist Folgendes zu bemerken: Ohne nur im geringsten die bedeutenden und allgemein anerkannten Verdienste jenes Dramaturgen verkleinern zu wollen, liegt der Beweis vor, daß 1) zu jener Zeit bedeutend weniger classische Vorstellungen gegeben wurden, als es jetzt der Fall ist; 2) daß jetzt weniger französische Uebersetzungen gegeben werden, als es zu jener Zeit der Fall war. Wir entnehmen jenen Beweis aus den gedruckt vorliegenden Repertoiren der Jahre 1830 und 1831, wo Schreyvogel, der im Jahre 1832 pensionirt wurde, im vollsten Wirken war, und denen der Jahre 1837 und 1838, nach seinem Austritte, wonach sich folgendes Verhältniß herausstellt. Im Jahre 1830 wurden gegeben: Vorstellungen classischer Stücke an 28 Abenden; Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 81 Abenden. Dagegen: Im Jahre 1837, Vorstellungen classischer Stücke an 38, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 80 Abenden. Im Jahre 1832, Vorstellungen classischer Stücke an 25, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 82 Abenden. Dagegen: Im Jahre 1838, Vorstellungen classischer Stücke an 44, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 59 Abenden. An den übrigen Abenden jedes Jahres wurden deutsche Originalstücke gegeben. Bei Berücksichtigung des zweiten Theiles der Aeußerung des Berichterstatters erweist sich aus jenen Repertoiren, daß 1stens kein Stück von irgend einer Bedeutung, welches in früherer Zeit auf der Hofbühne war, davon entfernt wurde; 2tens daß kein Stück von irgend einer Bedeutung in früher Zeit vollkommener oder auch nur so vollkommen besetzt war, als gegenwärtig, wobei wir wieder als Beweise nur Fiesco, – Jungfrau von Orleans, – Wallenstein anführen. 3tens daß das Repertoire der Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nicht, wie behauptet wird, Uebersetzungen französischer Stücke bietet, sondern daß, jener Behauptung gerade entgegen, derlei Uebersetzungen, durch den Mangel an fruchtbaren und wirksamen Original-Dichtern und durch Zeitverhältnisse lange her nothwendig gemacht, in neuerer Zeit nur hauptsächlich dazu gebraucht wurden, um den vorzüglichsten, größtentheils in größeren Werken verwendeten Künstlern der Hofbühne, die sich, wie bekannt, gegenwärtig des bedeutendsten Vereins derselben in ganz Deutschland erfreut, Ruhe zu gönnen und mitunter einige Abwechslung in das Repertoire zu bringen, als dessen Grundlage die Werke der Classiker früherer Zeit, als: Shakspeare, Calderon, Moreto, Lessing, Schiller, Goethe, Molière und die der vorzüglichsten dramatischen Dichter neuer und neuester Zeit, von denen keiner ausgeschlossen blieb, besteht; 4tens daß in den letzten zwei Jahren 18 Originalstücke, darunter Werke der Herzogin Amalie von Sachsen, Grillparzer, Halm, Raupach, Bauernfeld, zur Aufführung gebracht wurden; 5tens daß außerdem in den letzten zwei Jahren von classischen Producten zwei Werke von Shakspeare die Widerspänstige und Viola – (Was Ihr wollt) – neu gegeben und überdieß dessen Lear; von Schiller Jungfrau von Orleans, Wallenstein, Cabale und Liebe und Fiesco; von Goethe Iphigenia auf Tauris und Faust; von Lessing Emilie Galotti neu in die Scene gesetzt worden sind. Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des in Nro. 347 abgedruckten Aufsatzes: „Wien und die Wiener“ wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112/14
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840, S. 0094. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112/14>, abgerufen am 29.04.2024.